Verfahrensgang

AG Göttingen (Aktenzeichen 9 VI 638/18)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 29.06.2021; Aktenzeichen IV ZB 36/20)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss des Amtsgerichts Göttingen - Nachlassgericht - vom 19. Dezember 2018 wie folgt abgeändert:

Die dem Beteiligten zu 2. für seine Tätigkeit als Nachlasspfleger in der Zeit vom 27. Juli 2018 bis zum 24. Oktober 2018 zustehende Vergütung wird aufgrund seines Festsetzungsantrags vom 24. Oktober 2018 in Höhe von 518,25 EUR gegen die Landeskasse festgesetzt. Im Übrigen wird der Festsetzungsantrag zurückgewiesen.

In Höhe der vom Nachlasspfleger dem Barnachlass entnommenen 142,11 EUR ist der Anspruch bereits auf die Landeskasse übergegangen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert der Beschwerde wird auf 82,31 EUR festgesetzt.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten über die Festsetzung der Nachlasspflegervergütung im Falle eines "teilmittellosen" Nachlasses.

Die Betroffene ist ledig und ohne Abkömmlinge verstorben; Angehörige konnten nicht ermittelt werden. Für die nach ihrem Tod eingerichtete Nachlasspflegschaft hat der berufsmäßige Nachlasspfleger mit Antrag vom 24. Oktober 2018 eine gespaltene Vergütungsfestsetzung beantragt: Von dem Aktivnachlass von 184,95 EUR seien zunächst seine Auslagen in Höhe von 42,84 EUR abzuziehen, so dass sich ein Restnachlass von (184,95 EUR - 42,84 EUR =) 142,11 EUR ergebe. Gegen diesen seien sodann für 1,5 Stunden seiner Tätigkeit (1,5 h × 80,00 EUR/h × 1,19 =) 142,80 EUR festzusetzen; die Differenz von (142,11 EUR - 142,80 EUR =) - 0,69 EUR gehe zu seinen Lasten. Damit sei der Nachlass aufgebraucht und folglich mittellos; die übrige Vergütung für die verbleibenden 11,5 Stunden seiner Tätigkeit sei in Höhe (11,5 h × 33,50 EUR/h × 1,19 =) 458,45 EUR gegen die Landeskasse festzusetzen.

Die Bezirksrevisorin hat in ihrer Stellungnahme vom 14. November 2018 darauf hingewiesen, dass ein Nachlass gemäß §§ 1915, 1836d BGB bereits dann mittellos sei, wenn er zur Deckung der Vergütung des berufsmäßigen Nachlasspflegers nicht oder nicht vollständig ausreiche. Dies sei hier der Fall, so dass die Vergütung einheitlich nach den Stundensätzen des § 3 Abs. 1 VBVG zu berechnen sei.

Das Nachlassgericht hat die Vergütung mit angegriffenem Beschluss vom 19. Dezember 2018 antragsgemäß festgesetzt und die Beschwerde zugelassen.

Die Bezirksrevisorin hat mit Schreiben vom 17. Januar 2019 Beschwerde gegen den am selben Tage zugestellten Beschluss eingelegt. Die Vergütung habe wegen der Mittellosigkeit des Nachlasses (§ 1836d BGB) einheitlich nach dem Stundensatz von 33,50 EUR in Höhe von (13 h × 33,50 EUR/h × 1,19 =) 518,25 EUR gegen die Landeskasse festgesetzt werden müssen. In Höhe des vorhandenen Barnachlasses von 184,95 EUR sei der Übergang auf die Landeskasse festzustellen, §§ 1915, 1836e BGB. Die Landeskasse wäre dann nur in Höhe von (518,25 EUR + 42,84 EUR - 184,95 =) 376,14 EUR belastet, während sie durch die im angefochtenen Beschluss festgesetzte Vergütung in Höhe von 458,45 EUR belastet sei.

Das Nachlassgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 6. Februar 2019 nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Oberlandesgericht vorgelegt.

II. Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

1. Die gemäß § 58 FamFG statthafte Beschwerde ist zulässig; sie ist insbesondere innerhalb der Monatsfrist des § 63 FamFG eingelegt worden.

Die Landeskasse - vertreten durch die Bezirksrevisorin - ist auch beschwerdeberechtigt im Sinne des § 59 FamFG, da sie durch den angegriffenen Beschluss beschwert ist. Dem steht hier ausnahmsweise nicht entgegen, dass die Beschwerde auf eine höhere Vergütungsfestsetzung gegen die Landeskasse gerichtet ist. Obwohl die Beschwerde eine Festsetzung gegen die Landeskasse von (13 h × 33,50 EUR/h × 1,19 =) 518,25 EUR begehrt, statt der festgesetzten (11,5 h × 33,50 EUR/h × 1,19 =) 458,45 EUR, wäre die Landeskasse aufgrund des Forderungsübergangs gemäß §§ 1915 Abs. 1 Satz 1, 1836e Abs. 1 Satz 1 BGB insgesamt entlastet. Wird die übergegangene Forderung - unter Berücksichtigung der Auslagen von 42,84 EUR - aus dem Aktivnachlass in Höhe von 184,95 EUR befriedigt, wäre die Landeskasse in der Summe nur in Höhe von (518,25 EUR - [184,95 EUR - 42,84 EUR] =) 376,14 EUR belastet, statt mit den festgesetzten 458,45 EUR; sie wäre um (458,45 EUR - 376,14 EUR =) 82,31 EUR entlastet. In dieser Mehrbelastung liegt die Beschwer im Sinne des § 59 Abs. 1 FamFG, die auch im Falle einer Beschwerde der Landeskasse erforderlich ist (vgl. z.B. Bumiller, in: Bumiller/Harders, FamFG, 12. Auflage 2019, § 168, Rn. 36; Heilmann, in: MüKo FamFG, 3. Auflage 2018, § 168, Rn. 39).

Es ist unschädlich, dass die Schwelle von 600,00 EUR gemäß § 61 Abs. 1 FamFG hier nicht überschritten ist, denn das Nachlassgericht hat die Beschwerde zugelassen, § 61 Abs. 2 FamFG. An diese Entscheidung ist das Beschwerdegericht gebunden, § 61 Abs. 3 Satz 2 F...

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