Entscheidungsstichwort (Thema)

versuchter Mord

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 06.07.2001; Aktenzeichen 2 BvR 15/01)

 

Tenor

Der Angeklagte wird wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit besonders schwerer Brandstiftung, gefährlicher Körperverletzung und mit einem Vergehen gegen das Waffengesetz zu einer Jugendstrafe von

6 Jahren

verurteilt.

Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten die Verfahrenskosten, auch die des Revisionsverfahrens aufzuerlegen, jedoch hat er die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen, auch die im Revisionsverfahren entstandenen, selbst zu tragen.

§§ 211, 23; 306 Abs. 1 Nr. 1, 306 a Abs. 1 Nr. 3, 306 b Abs. 2 Nr. 1; 223, 224 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 StGB; 53 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 37 Abs. 1 Nr. 7 WaffG, 52 StGB.

 

Tatbestand

I.

Der Angeklagte ist durch Urteil der 2. großen Strafkammer des Landgerichts Neuruppin vom 25. Juni 1999 wegen besonders schwerer Brandstiftung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung sowie in weiterer Tateinheit mit einem Vergehen gegen das Waffengesetz (Herstellung eines verbotenen Gegenstandes und Ausübung der tatsächlichen Gewalt hierüber) zu einer Jugendstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft ist, das Urteil durch Urteil des Bundesgerichtshofes vom 22. Februar 2000 mit Ausnahme der Feststellungen zum äußeren Tatablauf aufgehoben und im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Landgerichts zurückverwiesen worden.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die erneute Hauptverhandlung hat hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse des Angeklagten zu den folgenden Feststellungen geführt:

Der Angeklagte wurde am 01.10.1982 geboren und wuchs unter unauffälligen familiären Verhältnissen auf. Er hat eine bereits volljährige und wirtschaftlich selbständige ältere Schwester sowie eine jetzt 10jährige jüngere Schwester. Formal übt seine Mutter das Erziehungsrecht allein aus, praktisch besteht jedoch auch zwischen dem Angeklagten und dem nicht mit seiner Mutter verheirateten leiblichen Vater ein normales Vater-Sohn-Verhältnis. Beide Eltern stehen nicht mehr in Arbeitsverhältnissen; die Mutter ist arbeitslos, der Stiefvater Rentner. Die Familie lebt unter einfachen Verhältnissen in einer kleinen Neubauwohnung. Der Angeklagte schätzt die zwischenmenschlichen Beziehungen seiner Familie als gut ein.

Bis zum Ende der 9. Klasse verlief auch die Entwicklung des Angeklagten ohne nennenswerte Besonderheiten. Er besuchte die Vorschul-Kindereinrichtungen und wurde 1989 altersgerecht eingeschult. In der Schule gab es hinsichtlich seiner Leistungen und seines Verhaltens keine Schwierigkeiten, bis es am Ende der 9. Klasse dann zu einem deutlichen Leistungsabfall kam, obwohl der Angeklagte weiterhin regelmäßig zum Unterricht kam. Nach eigenen Angaben hatte er jedoch kaum noch Interesse für die Schule, nachdem er aus dem Fußballverein, in dem er bis dahin einen großen Teil seiner Freizeit verbracht hatte, unter nicht geklärten Umständen ausgeschlossen wurde. Er wandte sich neuen Freunden zu, bei denen es sich überwiegend um Jugendliche mit deutlich rechtsradikaler Gesinnung handelte. Diese Gesinnung machte sich bald auch der Angeklagte zu eigen. Er entwickelte eine generelle Abneigung gegen Ausländer und deren Aufenthalte in Deutschland und tauschte mit seinen Gesinnungsgenossen Tonträger mit rechtsradikaler, zum Teil verbotener Musik – sogenannte Oi-Musik aus, die er zu Hause abspielte, wobei er sich deshalb zunehmend die Kritik seiner Eltern zuzog. Dieser wich er schließlich dadurch aus, dass er die „Oi-Musik” in der Folge nur noch über Kopfhörer hörte und den Besitz entsprechender Tonträger vor seinen Eltern verbarg. Parallel dazu war er nicht mehr motiviert, sich schulischen Dingen zu widmen. Zu den in seinem Besitz befindlichen Tonträgern gehörten u.a. Musikkassetten mit folgenden Titeln:

„Sturmgewehr”, „Kriegs Ritter”, „Rheinwacht Ich meine dich”, „Vergiss die Treuen Toten nicht”, „Zillertahler Türkenjäger”, „Radikahl live”, „Arisches Blut”, „Nordwind”, „Schwarzes Korps, Dem Sieg entgegen”, „Macht und Ehre”, „Drom Alles ODER Nichts”, „Hauptkampflinie”, „Sturmtrupp Kraft und Einheit”, „Macht Ehre Schwarzer Orden”, „Volkszorn”, „Die Doitschen kommen”, „Das III Reich I, SA”, „STURMTRUPPEN SKTNHEADS”; „STÖRKRAFT WICKINGER”, „Siegezug/Dieses Land” und „Division Wiking” sowie die CDs mit den Titeln „Zerstörer – Nahrung für den Geist”, „Sturmtrupp – Kraft und Einigkeit”, „Für Freiheit singen und kämpfen wir”, „Idee Z – Schwere Zeiten”, „VOLKSAUFSTAND – DER SIEG IST UNSER”, „DIVISION WIKING – ABSCHAUM DER NATION”; „HELDENTREUE – FÜR DIE EWIGKEIT”, „REINHEITS GEBOT – In Deutschland geboren”, „POEPLE L LATERS – a collektion of hate” und „Schwarzes Korps – Dem Sieg entgegen”.

Zum äußerlichen Zeichen seiner Verbundenheit mit rechten Gedankengut kleidete er sich mit Springerstiefeln und Bomberjacke. Gleichwohl hat sich der Angeklagte nach eigenem Bekunden organisierten Kontakten z...

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