Leitsatz (amtlich)

1. Auf nach dem 30.6.2002 festgestellte Entschädigungsfälle nach den Bestimmungen des Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes (ESAEG) findet § 1 Abs. 4 ESAEG in der seit dem 1.7.2002 geltenden Fassung auch dann Anwendung, wenn die Kapitalanlage vor diesem Zeitpunkt erfolgt ist.

2. Soweit Saldenmitteilungen des Instituts keine tatsächlichen Geldflüsse und Guthaben wiedergeben, liegt in ihnen kein abstraktes Schuldanerkenntnis, das bei der Ermittlung des Entschädigungsanspruchs nach §§ 3, 4 ESAEG zu berücksichtigen ist.

3. Der Anleger muss sich auf die bei dem Institut eingezahlten und grundsätzlich entschädigungsfähigen Geldbeträge diejenigen Aufwendungen und Kosten anrechnen lassen, die entstanden wären, wenn das Institut bis zur Feststellung des Entschädigungsfalles seinen vertraglichen Verpflichtungen nachgekommen wäre.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Urteil vom 01.10.2008; Aktenzeichen 4 O 297/08)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 23.11.2010; Aktenzeichen XI ZR 26/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 1.10.2008 verkündete Urteil des LG Berlin - 4 O 297/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Kostenbetrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Für den Kläger wird die Revision zum BGH zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Entschädigungseinrichtung nach § 6 Abs. 1 ESAEG, auf Entschädigung im Zusammenhang mit seinem am 30.9.1999 erfolgten Beitritt zu einer von der P. Kapitaldienst GmbH verwalteten Kapitalanlage, dem P. Managed Account, in Anspruch, an der er sich mit 38.461,54 DM beteiligt hatte. Im Zuge seiner Beteiligung erhielt er aus dem P. Managed Account Ausschüttungen i.H.v. 19.304,88 EUR. Die Beklagte lehnte eine Entschädigungsleistung ab. Unter Berücksichtigung der geleisteten Ausschüttungen begehrt der Kläger von der Beklagten eine Entschädigung von 6.814,58 EUR. das LG hat die Klage abgewiesen.

Mit seiner Berufung macht der Kläger geltend, Das LG sei mit einer zudem unzutreffenden Auslegung der Norm davon ausgegangen, dass auf das Rechtverhältnis der Parteien § 1 Abs. 4 ESAEG in der seit dem 1.7.2002 geltenden Fassung anzuwenden sei. Tatsächlich sei die Fassung der Norm vom 19.7.1998 anzuwenden, da sein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach bereits vor dem 1.7.2002 entstanden sei. In diesem Rahmen unterfielen auch die Ansprüche aus den Saldenmitteilungen der Phoenix GmbH, soweit hieraus noch keine Zahlungen erfolgt seien, dem Entschädigungsanspruch, selbst wenn es sich hierbei um fiktive Guthaben gehandelt habe. Die zum 1.7.2002 in Kraft getretene Gesetzesänderung entfalte dabei eine unzulässige Rückwirkung. Von dem Entschädigungsanspruch seien auch Schadensersatzansprüche wegen Beratungsverschuldens umfasst, die ihn zu einer vorzeitigen Kündigung des Vertrages mit der Folge berechtigt hätten, den einbezahlten Anlagebetrag von der Phoenix GmbH zurückzufordern, was unter Berücksichtigung der erhaltenen Ausschüttungen noch einen Betrag von 306,20 EUR ausmache. Zudem stehe ihm wegen der tatsächlich nicht ausgeführten Wertpapiergeschäfte ein Entschädigungsanspruch zu.

Der Senat hat die Berufung zurückgewiesen, jedoch die Revision gegen seine Entscheidung zugelassen, die eingelegt worden ist.

 

Entscheidungsgründe

I. Der Kläger nimmt die Beklagte, eine Entschädigungseinrichtung nach § 6 Abs. 1 Einlagensicherungs- und Anlegerentschädigungsgesetz (ESAEG), auf Entschädigung im Zusammenhang mit seinem am 30.9.1999 erfolgten Beitritt zu einer von der... (im Folgenden:... GmbH) verwalteten Kapitalanlage, dem... in Anspruch. Am 15.3.2005 stellte die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen (BAFin) den Entschädigungsfall fest.

Wegen der Einzelheiten des Tatbestandes wird auf die tatsächlichen Ausführungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit seiner Berufung wendet sich der Kläger gegen das die Klage abweisende Urteil des LG. Der Kläger rügt: Das LG sei mit einer zudem unzutreffenden Auslegung der Norm davon ausgegangen, dass auf das Rechtverhältnis der Parteien § 1 Abs. 4 ESAEG in der seit dem 1.7.2002 geltenden Fassung anzuwenden sei. Tatsächlich sei die Fassung der Norm vom 19.7.1998 anzuwenden, da sein Entschädigungsanspruch dem Grunde nach bereits vor dem 1.7.2002 entstanden sei. In diesem Rahmen unterfielen auch die Ansprüche aus den Saldenmitteilungen der... GmbH, soweit hieraus noch keine Zahlungen erfolgt seien, dem Entschädigungsanspruch, selbst wenn es sich hierbei um fiktive Guthaben gehandelt habe. Die zum 1.7.2002 in Kraft getretene Gesetzesänderung entfalte dabei eine unzulässige Rückwirkung. Von dem Entschädigungsanspruch seien auch Schadensersatzansprüche wegen Beratungsverschuldens umfasst, die ihn zu einer vorzeitigen Kündigung des Vertrages mit der Folge be...

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