Leitsatz (amtlich)

1. § 57a ZVG gewährt dem Ersteher einer Teilfläche eines einheitlich vermieteten Objekts ein auf diese Fläche beschränktes Teilkündigungsrecht (s. RGZ 124,195).

2. Bei dem insoweit geltenden Prinzip der räumlichen Teilkündigung verbleibt es auch dann, wenn sämtliche Flächen des Mietobjekts in zeitlichem Zusammenhang von mehreren Einzelerstehern erworben werden. Es bedarf somit keiner einheitlichen Ausübung des Sonderkündigungsrechts nach § 57a ZVG durch sämtliche Ersteher.

 

Verfahrensgang

LG Berlin (Aktenzeichen 12 O 570/08)

 

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

 

Gründe

Die Berufung ist durch einstimmigen Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Rechtsfortbildung oder Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert.

Das LG hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass - sofern überhaupt ein Mietverhältnis des früheren Eigentümers D. mit dem Beklagten zu 1. wirksam begründet wurde, welches gem. §§ 57, 90 ZVG i.V.m. 566 BGB auf die Kläger übergegangen sein könnte, vgl. etwa § 117 BGB - die Kläger von ihrem Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG ggü. dem Beklagten zu 1. wirksam Gebrauch gemacht haben. Ihnen steht damit ein Herausgabeanspruch an den im Tenor der angefochtenen Entscheidung bezeichneten Räumen und Flächen gegen beide Beklagte aus § 985 BGB sowie gegen den Beklagten zu 1. aus § 546 Abs. 1 BGB und die Beklagte zu 2. aus § 546 Abs. 2 BGB zu.

I. Auf die Angriffe der Berufung gegen die Annahme einer gemeinschaftlichen Kündigung durch das LG kommt es nicht an. Denn § 57a ZVG gewährt nicht der Mehrheit von Erstehern, sondern jedem einzelnen Ersteher ein Sonderkündigungsrecht in Bezug auf die von ihm ersteigerte Mietfläche.

Allerdings gilt zunächst der Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses, der dazu führt, dass bei Erwerb der vom Mietvertrag umfassten Flächen durch verschiedene Personen (§ 566 BGB) eine Vermietergemeinschaft entsteht (vgl. BGH NJW 1973, 455; NJW 2005, 3781). Ein vertragsimmanentes Kündigungsrecht auf Vermieterseite bedarf danach einer einheitlichen Ausübung (vgl. OLG Celle WuM 1996, 222, 223) in Bezug auf das gesamte Mietobjekt; die Kündigung in Bezug auf eine Teilfläche würde eine unzulässige Teilkündigung darstellen (vgl. BayObLG NJW-RR 1991, 651).

Jedoch folgt daraus nicht, dass auch ein Sonderkündigungsrecht des Erstehers nach § 57a ZPO nur gemeinschaftlich ausgeübt werden kann. Dieser Annahme würden bereits rechtstechnische Schwierigkeiten entgegen stehen, die auch in der Berufungsbegründung anklingen, und die Anwendbarkeit des Rechts aus § 57a ZVG von Zufälligkeiten abhängig machen würden. Eine "einheitliche" Kündigungserklärung mehrerer Ersteher nach § 57a ZVG käme nur dann ohne weiteres in Betracht, wenn sämtliche Eigentumseinheiten in engem zeitlichen Zusammenhang an gleichermaßen über das Mietverhältnis unterrichtete Ersteher gelangen, und sämtliche Ersteher die Kündigung - zu einem einheitlichen Zeitpunkt- wünschen. Verbleibt jedoch ein auch nur untergeordneter Teil der Mietfläche etwa im Eigentum des bisherigen Vermieters, wird er Teil der Vermietergemeinschaft, so dass die Kündigung von seiner Mitwirkung abhinge, was jeder sachlichen Rechtfertigung entbehrte und zudem zeigt, dass das Kündigungsrecht des einzelnen Erstehers nach § 57a ZVG bei diesem Verständnis im Fall des Erwerbs einer Teilfläche von Zufälligkeiten abhinge.

§ 57a ZVG stellt vielmehr nicht ein bloßes vertragliches außerordentliches Kündigungsrecht dar, sondern eine Sonderregelung, die dem Zwangsversteigerungsrecht entspringt; das Kündigungsrecht des Erstehers ist eine gesetzliche Versteigerungsbedingung (vgl. RGZ 124, 195, 199; BGH NJW 2009, 2312 f.). Das mit dem Zuschlag erworbene quasi dingliche Kündigungsrecht kann nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass das Mietverhältnis auch andere Flächen schuldrechtlich erfasst. Es entspricht daher bereits der Rechtsprechung des Reichsgerichts, dass der Ersteher eines realen Teils der Mietfläche in Bezug auf diese ein eigenständiges Kündigungsrecht nach § 57a ZVG hat (RGZ 124, 195, 199 f.; s. ferner OLG Oldenburg InVo 2003, 340 f. für die Ersteigerung einer Teilfläche eines Hofes; Stöber, ZVG, 19. Aufl., § 57a Rz. 2 unter 2.3 und 2.6; Teufel in: Steiner, Zwangsversteigerungsrecht, 9. Aufl., §§ 57-57d, Rz. 49; Dassler/Schiffhauer/Hintzen/Engels/Rellermeyer, ZVG, 13. Aufl., § 57a Rz. 25). Nur diese die Anwendung des § 57a ZVG sicher stellende Auffassung entspricht auch dem Sinn und Zweck des Sonderkündigungsrechts, letztlich im Interesse der Realgläubiger einen möglichst hohen Erlös zu erzielen, was voraussetzt, dass der Ersteher sich von der schuldrechtlichen Last eines Mietvertrags befreien kann; das Mietverhältnis kann sich als Veräußerungshindernis oder zumindest wertmindernder Faktor darstellen (vgl. RGZ 67, 37...

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