Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen. Vollzug eines Zusammenschlusses vor der Anmeldung bei der Europäischen Kommission und vor der Erklärung der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt. Verbot. Reichweite. Begriff ‚Zusammenschluss’. Kündigung eines Kooperationsvertrags mit einem Dritten durch ein an dem Zusammenschluss beteiligtes Unternehmen

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 139/2004 Art. 7 Abs. 1

 

Beteiligte

Ernst & Young

Ernst & Young P/S

Konkurrencerådet

 

Tenor

Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen „EG-Fusionskontrollverordnung”) ist dahin auszulegen, dass ein Zusammenschluss nur durch einen Vorgang vollzogen wird, der ganz oder teilweise, tatsächlich oder rechtlich zu einer Veränderung der Kontrolle über das Zielunternehmen beiträgt. Es ist nicht davon auszugehen, dass die Kündigung eines Kooperationsvertrags unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, die zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist, zum Vollzug eines Zusammenschlusses führt; dies gilt unabhängig davon, ob die Kündigung Auswirkungen auf den Markt hatte.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sø- og Handelsret (See- und Handelsgericht, Dänemark) mit Entscheidung vom 25. November 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Dezember 2016, in dem Verfahren

Ernst & Young P/S

gegen

Konkurrencerådet

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano (Berichterstatter), des Richters A. Borg Barthet, der Richterin M. Berger und des Richters F. Biltgen,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Ernst & Young P/S, vertreten durch G. Holtsø und J. Plum, advokater,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch C. Thorning als Bevollmächtigten im Beistand von J. Pinborg, advokat,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Conte und T. Vecchi als Bevollmächtigte im Beistand von H. Peytz, advokat,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Januar 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen „EG-Fusionskontrollverordnung”) (ABl. 2004, L 24, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen einer Klage der Ernst & Young P/S beim Sø- og Handelsretten (See- und Handelsgericht, Dänemark) auf Nichtigerklärung einer Entscheidung des Konkurrencerådet (Wettbewerbsrat, Dänemark). In dieser Entscheidung stellte der Konkurrencerådet (Wettbewerbsrat) fest, dass Ernst & Young, Ernst & Young Europe LLP, Ernst & Young Godkendt Revisionsaktieselskab, Ernst & Young Global Limited und EYGS LLP (im Folgenden zusammen: EY-Gesellschaften) auf der einen Seite und KPMG Statsautoriseret Revisionspartnerselskab, Komplementarselskabet af 1. Januar 2009 Statsautoriseret Revisionsaktieselskab und KPMG Ejendomme Flintholm K/S (im Folgenden zusammen: KPMG-DK-Gesellschaften) auf der anderen Seite gegen das Verbot aus § 12c Abs. 5 Konkurrencelov (dänisches Wettbewerbsgesetz), einen Zusammenschluss vor seiner Genehmigung durch den Wettbewerbsrat zu vollziehen (im Folgenden: Stillhaltepflicht), verstoßen hätten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 5, 6, 20 und 34 der Verordnung Nr. 139/2004 lauten:

„(5) [Es] ist zu gewährleisten, dass der Umstrukturierungsprozess nicht eine dauerhafte Schädigung des Wettbewerbs verursacht. Das Gemeinschaftsrecht muss deshalb Vorschriften für solche Zusammenschlüsse enthalten, die geeignet sind, wirksamen Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich zu beeinträchtigen.

(6) Daher ist ein besonderes Rechtsinstrument erforderlich, das eine wirksame Kontrolle sämtlicher Zusammenschlüsse im Hinblick auf ihre Auswirkungen auf die Wettbewerbsstruktur in der Gemeinschaft ermöglicht und das zugleich das einzige auf derartige Zusammenschlüsse anwendbare Instrument ist. …

(20) Der Begriff des Zusammenschlusses ist so zu definieren, dass er Vorgänge erfasst, die zu einer dauerhaften Veränderung der Kontrolle an den beteiligten Unternehmen und damit an der Marktstruktur führen. In den Anwendungsbereich dieser Verordnung sollten daher auch alle Gemeinschaftsunternehmen einbezogen werden, die auf Dauer alle Funktionen einer selbstständigen wirtschaftlichen Einheit erfüllen. Ferner sollten Erwerbsvorgänge, die eng miteinander verknüpft sind, weil sie durch eine Bedingung miteinander verbunden sind oder in Form einer Reihe von innerhalb eines gebührend kurzen Zeitraums getätigten Rechtsgeschäften mit Wertpapieren stattfinden, als ein einziger Zusammensc...

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