Entscheidungsstichwort (Thema)

Assoziierungsabkommen EWG-Türkei. Soziale Sicherheit der Wandererwerbstätigen. Aufhebung der Wohnortklauseln. Bedeutung. Zuschlag zur Invaliditätsrente, der vom Aufnahmemitgliedstaat gezahlt wird, um den Empfängern das Existenzminimum zu gewährleisten. Änderung der nationalen Regelung. Entzug des Zuschlags bei Wohnort des Empfängers außerhalb des Hoheitsgebiets des betreffenden Mitgliedstaats

 

Beteiligte

Akdas u.a

Raad van Bestuur van het Uitvoeringsinstituut Werknemersverzekeringen

H. Akdas

H. Agartan

Z. Akbulut

M. Bas

K. Yüzügüllüer

E. Keskin

C. Topaloglu

A. Cubuk

S. Sariisik

 

Tenor

1. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige ist dahin auszulegen, dass er unmittelbare Wirkung entfaltet, so dass die türkischen Staatsangehörigen, auf die diese Bestimmung anwendbar ist, sich vor den Gerichten der Mitgliedstaaten unmittelbar darauf berufen können, um die Anwendung entgegenstehender nationaler Rechtsvorschriften auszuschließen.

2. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 ist dahin auszulegen, dass er unter Umständen wie denen im Ausgangsverfahren einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, die wie Art. 4a des Gesetzes über Zusatzleistungen (Toeslagenwet) vom 6. November 1986 eine Leistung wie die nach den nationalen Rechtsvorschriften gewährte Zusatzleistung zur Invalidenrente ehemaligen türkischen Wanderarbeitnehmern entzieht, wenn sie in die Türkei zurückgekehrt sind, nachdem sie ihr Recht auf Aufenthalt im Aufnahmemitgliedstaat wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit verloren haben.

3. Art. 9 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, unterzeichnet am 12. September 1963 in Ankara von der Republik Türkei einerseits und den Mitgliedstaaten der EWG und der Gemeinschaft andererseits, und im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963, findet keine Anwendung auf eine Situation wie die im Ausgangsverfahren.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Centrale Raad van Beroep (Niederlande) mit Entscheidung vom 1. November 2007, beim Gerichtshof eingegangen am 5. November 2007, in dem Verfahren

Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen

gegen

H. Akdas,

H. Agartan,

Z. Akbulut,

M. Bas,

K. Yüzügüllüer,

E. Keskin,

C. Topaloglu,

A. Cubuk,

S. Sariisik

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter J.-J. Kasel (Berichterstatter), A. Borg Barthet, M. Ilešič und der Richterin M. Berger,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • des Raad van bestuur van het Uitvoeringsinstituut werknemersverzekeringen, vertreten durch F. Keunen und I. Eijkhout als Bevollmächtigte,
  • von Herrn Akdas, vertreten durch C. de Roy van Zuydewijn, advocaat,
  • von Herrn Agartan, vertreten durch D. Schaap, advocaat,
  • von Herrn Bas, vertreten durch N. Türkkol, advocaat,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels, C. ten Dam und M. Noort als Bevollmächtigte,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Bryanston-Cross als Bevollmächtigte im Beistand von J. Coppel und T. Ward, Barristers,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek und V. Kreuschitz als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 9 des Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei, unterzeichnet am 12. September 1963 in Ankara von der Republik Türkei einerseits sowie den Mitgliedstaaten der EWG und der Gemeinschaft andererseits und im Namen der Gemeinschaft durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23. Dezember 1963 (ABl. 1964, Nr. 217, S. 3685, im Folgenden: Assoziierungsabkommen) geschlossen, gebilligt und bestätigt, von Art. 59 des am 23. November 1970 in Brüssel unterzeichneten und im Namen der Gemeinschaft durch die Verordnung (EWG) Nr. 2760/72 des Rates vom 19. Dezember 1972 (ABl. L 293, S. 1) geschlossenen, gebilligten und bestätigten Zusatzprotokolls (im Folgenden: Zusatzprotokoll) sowie von Art. 3 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 des Beschlusses Nr. 3/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit der Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften auf die türkischen Arbeitnehmer und auf deren Familienangehörige (ABl. 1983,...

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