Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Ungleichbehandlung wegen des Alters. Öffentlicher Dienst. Altersversorgung. Nationale Regelung, die die Anrechnung der vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegten Schulzeiten ausschließt

 

Normenkette

Richtlinie 2000/78/EG Art. 2 Abs. 1, 2 Buchst. a, Art. 6 Abs. 1-2

 

Beteiligte

Felber

Georg Felber

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

 

Tenor

Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die die Anrechnung von Schulzeiten, die ein Beamter vor Vollendung des 18. Lebensjahrs zurückgelegt hat, für die Gewährung eines Pensionsanspruchs und die Berechnung der Höhe seiner Pension ausschließt, nicht entgegenstehen, da sie zum einen objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel der Beschäftigungs- und der Arbeitsmarktpolitik gerechtfertigt ist, und zum anderen ein angemessenes und erforderliches Mittel zur Erreichung dieses Ziels ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 16. September 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Oktober 2013, in dem Verfahren

Georg Felber

gegen

Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs K. Lenaerts in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Zweiten Kammer sowie der Richter J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev (Berichterstatter) und J. L. da Cruz Vilaça,

Generalanwalt: Y. Bot,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und D. Martin als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) sowie von Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a und Art. 6 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Felber und der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur (im Folgenden: Bundesministerin) wegen ihrer Weigerung, Schulzeiten von Herrn Felber als Ruhegenussvordienstzeiten anzurechnen.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 2000/78

Rz. 3

Nach Art. 1 der Richtlinie 2000/78 ist ihr Zweck „die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten”.

Rz. 4

Art. 2 der Richtlinie bestimmt:

„(1) Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz’, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2) Im Sinne des Absatzes 1

  1. liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

…”

Rz. 5

Art. 3 („Geltungsbereich”) der Richtlinie sieht in den Abs. 1 und 3 vor:

„(1) Im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten gilt diese Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf

c) die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen und des Arbeitsentgelts;

(3) Diese Richtlinie gilt nicht für Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes.”

Rz. 6

In Art. 6 der Richtlinie heißt es:

„(1) Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Derartige...

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