Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorabentscheidungsersuchen. Freizügigkeit. Richtlinie 2004/38/EG. Art. 16. Recht auf Daueraufenthalt. Zeitliche Geltung. Vor dem Umsetzungsdatum zurückgelegte Zeiten

 

Beteiligte

Lassal

Secretary of State for Work and Pensions

Taous Lassal

 

Tenor

Art. 16 Abs. 1 und 4 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG ist dahin auszulegen, dass

  • ununterbrochene Aufenthaltszeiten von fünf Jahren, die vor dem Datum für die Umsetzung dieser Richtlinie, also dem 30. April 2006, in Einklang mit vor diesem Datum geltenden Rechtsvorschriften der Union zurückgelegt wurden, für die Zwecke des Erwerbs des Rechts auf Daueraufenthalt nach Art. 16 Abs. 1 zu berücksichtigen sind und
  • eine Dauer von zwei aufeinander folgenden Jahren unterschreitende Abwesenheiten vom Aufnahmemitgliedstaat, die vor dem 30. April 2006 und nach einem vor diesem Datum liegenden ununterbrochenen rechtmäßigen Aufenthalt von fünf Jahren eingetreten sind, nicht den Erwerb des Rechts auf Daueraufenthalt nach Art. 16 Abs. 1 berühren können.
 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Court of Appeal (England & Wales) (Civil Division) (Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 10. März 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Mai 2009, in dem Verfahren

Secretary of State for Work and Pensions

gegen

Taous Lassal,

Beteiligte:

The Child Poverty Action Group,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts, der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) sowie der Richter G. Arestis, J. Malenovský und T. von Danwitz,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: N. Nanchev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2010,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der The Child Poverty Action Group, vertreten durch S. Clarke, Solicitor, R. Drabble, QC, und R. Turney, Barrister,
  • der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Seeboruth und S. Ossowski als Bevollmächtigte im Beistand von D. Beard, Barrister,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Maidani und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 11. Mai 2010

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 16 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158, S. 77, berichtigte Fassungen: ABl. 2004, L 229, S. 35, und ABl. 2007, L 204, S. 28).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Lassal und dem Secretary of State for Work and Pensions (Minister für Arbeit und Altersversorgung, im Folgenden: Secretary of State). Die Child Poverty Action Group (im Folgenden: CPAG) ist dem Ausgangsrechtsstreit als Streithelferin auf Seiten von Frau Lassal beigetreten.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 45 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union bestimmt unter der Überschrift „Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit”:

„(1) Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger haben das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten.

(2) Staatsangehörigen von Drittländern, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufhalten, kann nach Maßgabe der Verträge Freizügigkeit und Aufenthaltsfreiheit gewährt werden.”

Rz. 4

Die Erwägungsgründe 1 bis 3 und 17 bis 19 der Richtlinie 2004/38 lauten:

„(1) Die Unionsbürgerschaft verleiht jedem Bürger der Union das elementare und persönliche Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der im Vertrag und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.

(2) Die Freizügigkeit von Personen stellt eine der Grundfreiheiten des Binnenmarkts dar, der einen Raum ohne Binnengrenzen umfasst, in dem diese Freiheit gemäß den Bestimmungen des Vertrags gewährleistet ist.

(3) Die Unionsbürgerschaft sollte der grundsätzliche Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten sein, wenn sie ihr Recht auf Freizügigkeit und Aufenthalt wahrnehmen. Daher müssen die bestehenden Gemeinschaftsinstrumente, die Arbeitnehmer und Selbstständige sowie Studiere...

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