Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Gerichtsstandsklausel. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Gültigkeit einer in allgemeinen Bedingungen enthaltenen Klausel. Einigung der Vertragsparteien in Bezug auf diese Bedingungen. Gültigkeit und Genauigkeit einer solchen Klausel

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Art. 23

 

Beteiligte

Hőszig

Hőszig Kft

Alstom Power Thermal Services

 

Tenor

Art. 23 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine Gerichtsstandsklausel wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die in den Allgemeinen Beschaffungsbedingungen des Auftraggebers – die in den Dokumenten, in denen die Verträge zwischen den Parteien niedergelegt sind, erwähnt werden und beim Abschluss der Verträge übermittelt worden sind – geregelt ist und als zuständige Gerichte diejenigen einer Stadt in einem Mitgliedstaat benennt, den Anforderungen dieser Vorschrift in Bezug auf die Einigung der Parteien und die inhaltliche Genauigkeit einer solchen Klausel genügt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Pécsi Törvényszék (Gerichtshof Pécs, Ungarn) mit Entscheidung vom 4. Mai 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Mai 2015, in dem Verfahren

Hőszig Kft.

gegen

Alstom Power Thermal Services

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin), des Richters A. Rosas, der Richterin A. Prechal und des Richters E. Jarašiūnas

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Alstom Power Thermal Services, vertreten durch S. M. Békési, ügyvéd,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und G. Koós als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Tokár und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. April 2016

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 10 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. 2008, L 177, S. 6) und Art. 23 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1, im Folgenden: Brüssel-I-Verordnung).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Hőszig Kft. und der Alstom Power Thermal Services (im Folgenden: Alstom), Rechtsnachfolgerin von Technos et Compagnie (im Folgenden: Technos), der die Durchführung von zwischen den Parteien geschlossenen Verträgen betrifft, bei denen aufgrund einer Gerichtsstandsklausel streitig ist, ob das vorlegende Gericht zuständig ist, über diesen Rechtsstreit zu entscheiden.

Rechtlicher Rahmen

Rom-I-Verordnung

Rz. 3

Art. 1 der Rom-I-Verordnung legt ihren Anwendungsbereich fest. Art. 1 Abs. 2 sieht eine Reihe von Bereichen vor, die von diesem Anwendungsbereich ausgenommen sind, u. a. in Buchst. e „Schieds- und Gerichtsstandsvereinbarungen”.

Rz. 4

Art. 3 Abs. 1 der Rom-I-Verordnung bestimmt:

„Der Vertrag unterliegt dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muss ausdrücklich erfolgen oder sich eindeutig aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den Umständen des Falles ergeben. Die Parteien können die Rechtswahl für ihren ganzen Vertrag oder nur für einen Teil desselben treffen.”

Rz. 5

Art. 4 Abs. 1 der Rom-I-Verordnung sieht vor:

„Soweit die Parteien keine Rechtswahl gemäß Artikel 3 getroffen haben, bestimmt sich das auf den Vertrag anzuwendende Recht unbeschadet der Artikel 5 bis 8 wie folgt:

b) Dienstleistungsverträge unterliegen dem Recht des Staates, in dem der Dienstleister seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

…”

Rz. 6

Art. 10 „Einigung und materielle Wirksamkeit”) der Rom-I-Verordnung lautet:

„(1) Das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrags oder einer seiner Bestimmungen beurteilen sich nach dem Recht, das nach dieser Verordnung anzuwenden wäre, wenn der Vertrag oder die Bestimmung wirksam wäre.

(2) Ergibt sich jedoch aus den Umständen, dass es nicht gerechtfertigt wäre, die Wirkung des Verhaltens einer Partei nach dem in Absatz 1 bezeichneten Recht zu bestimmen, so kann sich diese Partei für die Behauptung, sie habe dem Vertrag nicht zugestimmt, auf das Recht des Staates ihres gewöhnlichen Aufenthalts berufen.”

Brüssel-I-Verordnung

Rz. 7

Die Erwägungsgründe 11 und 14 der Brüssel-I-Verordnung lauten:

„(11) Die Zuständigkeitsvorsc...

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