Entscheidungsstichwort (Thema)

Ersuchen um Vorabentscheidung: Oberster Gerichtshof – Österreich. Gleichbehandlung von Männern und Frauen. Soziale Sicherheit. Vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit. Je nach Geschlecht unterschiedliches Rentenalter

 

Beteiligte

Haackert

Peter Haackert

Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten

 

Tenor

Die in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit vorgesehene Ausnahme ist auf eine Leistung wie die vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit anwendbar, für die als Anspruchsvoraussetzung eine für Männer und Frauen unterschiedliche Altersgrenze festgesetzt wurde, da diese Voraussetzung im Sinne der genannten Bestimmung als eine Auswirkung der im nationalen Recht nach dem Geschlecht unterschiedlich festgesetzten Altersgrenze für den Bezug der Altersrente angesehen werden kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache C-303/02

betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 234 EG vom österreichischen Obersten Gerichtshof in dem bei diesem anhängigen Rechtsstreit

Peter Haackert

gegen

Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten

vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. 1979, L 6, S. 24)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Fünften Kammer sowie der Richter C. W. A. Timmermans, A. Rosas, A. La Pergola (Berichterstatter) und S. von Bahr,

Generalanwalt: S. Alber,

Kanzler: R. Grass,

unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen

  • von Herrn P. Haackert, vertreten durch Rechtsanwalt J. Winkler,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl als Bevollmächtigten,
  • der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch N. Yerrel und H. Kreppel als Bevollmächtigte,

aufgrund des Sitzungsberichts,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom

25. September 2003,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1. Der Oberste Gerichtshof hat mit Beschluss vom 23. Juli 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 26. August 2002, gemäß Artikel 234 EG eine Frage nach der Auslegung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (ABl. 1979, L 6, S. 24, im Folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.

2. Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen dem Kläger Haackert und der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten über deren Weigerung, dem Kläger eine vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit zu zahlen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

3. Artikel 1 der Richtlinie bestimmt:

Diese Richtlinie hat zum Ziel, dass auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit und der sonstigen Bestandteile der sozialen Sicherung im Sinne von Artikel 3 der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit – im Folgenden Grundsatz der Gleichbehandlung genannt – schrittweise verwirklicht wird.

4. Artikel 2 der Richtlinie lautet:

Diese Richtlinie findet Anwendung auf die Erwerbsbevölkerung – einschließlich der [S]elbständigen, deren Erwerbstätigkeit durch Krankheit, Unfall oder unverschuldete Arbeitslosigkeit unterbrochen ist, und der Arbeitsuchenden – sowie auf die im Ruhestand befindlichen oder arbeitsunfähigen Arbeitnehmer und Selbständigen.

5. Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie bestimmt:

Diese Richtlinie findet Anwendung

a) auf die gesetzlichen Systeme, die Schutz gegen folgende Risiken bieten:

– Alter,

– Arbeitslosigkeit;

6. Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie verbietet jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, insbesondere bei der Berechnung der Leistungen.

7. Artikel 7 der Richtlinie bestimmt:

(1) Diese Richtlinie steht nicht der Befugnis der Mitgliedstaaten entgegen, Folgendes von ihrem Anwendungsbereich auszuschließen:

a) die Festsetzung des Rentenalters für die Gewährung der Altersrente oder Ruhestandsrente und etwaige Auswirkungen daraus auf andere Leistungen;

(2) Die Mitgliedstaaten überprüfen in regelmäßigen Abständen die aufgrund des Absatzes 1 ausgeschlossenen Bereiche, um festzustellen, ob es unter Berücksichtigung der sozialen Entwicklung in dem Bereich gerechtfertigt ist, die betreffenden Ausnahmen aufrechtzuerhalten.

Nationales Recht

8. § 253a – Vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit – des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (im Folgenden: ASVG) lautet in der durch das Sozialrechtsänderungsgesetz 2000 (BGBl. I 92/2000) ab 1. Oktober 2000 geänderten Fassung:

(1) Anspruch auf vorzeitige Alterspension bei Arbeitslosigkeit hat der Versicherte nach Vollendung des 73...

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