Entscheidungsstichwort (Thema)

EWR-Abkommen, Körperschaftsteuerbefreiung, Ungleichbehandlung von Dividenden, die an gebietsansässige und an gebietsfremde Gesellschaften ausgeschüttet werden

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 56 Abs. 1 EG verstoßen, dass es die Steuerbefreiung der von Gesellschaften mit Sitz in Spanien ausgeschütteten Dividenden im Fall von Empfängergesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat von einer höheren Beteiligung am Kapital der ausschüttenden Gesellschaften abhängig macht als im Fall von Empfängergesellschaften mit Sitz in Spanien.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Europäische Kommission und das Königreich Spanien tragen ihre eigenen Kosten.

 

Normenkette

EGVtr Art. 56 Abs. 1

 

Beteiligte

Europäische Kommission

Königreich Spanien

 

Tatbestand

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats ‐ Freier Kapitalverkehr ‐ Art. 56 EG und Art. 40 EWR-Abkommen ‐ Ungleichbehandlung ‐ Dividenden, die an gebietsansässige und an gebietsfremde Gesellschaften ausgeschüttet werden“

In der Rechtssache C-487/08

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 11. November 2008,

Europäische Kommission, vertreten durch R. Lyal und I. Martinez del Peral als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Königreich Spanien, vertreten durch N. Díaz Abad als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter E. Levits (Berichterstatter), A. Borg Barthet und J.-J. Kasel sowie der Richterin M. Berger,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Mit ihrer Klageschrift beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 56 EG und Art. 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hat, dass es Dividenden, die an gebietsfremde Aktionäre ausgeschüttet werden, und Dividenden, die an gebietsansässige Aktionäre ausgeschüttet werden, unterschiedlich behandelt.

Rechtlicher Rahmen

EWR-Abkommen

Rz. 2

Art. 40 des EWR-Abkommens bestimmt:

„Im Rahmen dieses Abkommens unterliegt der Kapitalverkehr in Bezug auf Berechtigte, die in den … Mitgliedstaaten [der Europäischen Gemeinschaft] oder den … Staaten [der Europäischen Freihandelsassoziation, im Folgenden: EFTA] ansässig sind, keinen Beschränkungen und keiner Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit oder des Wohnortes der Parteien oder des Anlageortes. Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Artikel sind in Anhang XII enthalten.“

Unionsrecht

Rz. 3

Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten (ABl. L 225, S. 6) in der durch die Richtlinie 2003/123/EG des Rates vom 22. Dezember 2003 (ABl. 2004, L 7, S. 41) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 90/435) sieht vor:

„Fließen einer Muttergesellschaft oder ihrer Betriebstätte aufgrund ihrer Beteiligung an der Tochtergesellschaft Gewinne zu, die nicht anlässlich der Liquidation der Tochtergesellschaft ausgeschüttet werden, so

‐ besteuern der Staat der Muttergesellschaft und der Staat der Betriebstätte diese Gewinne entweder nicht oder

‐ lassen im Falle einer Besteuerung zu, dass die Muttergesellschaft und die Betriebstätte auf die geschuldete Steuer den Steuerteilbetrag, den die Tochtergesellschaft und jegliche Enkelgesellschaft für diesen Gewinn entrichtet, bis zur Höhe der entsprechenden Steuerschuld anrechnen können, vorausgesetzt, dass die Gesellschaft und die ihr nachgeordnete Gesellschaft auf jeder Stufe die Bedingungen gemäß Artikel 2 und Artikel 3 erfüllen.“

Rz. 4

Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 90/435 bestimmt:

„Die von einer Tochtergesellschaft an ihre Muttergesellschaft ausgeschütteten Gewinne sind vom Steuerabzug an der Quelle befreit.“

Die nationale Regelung

Rz. 5

Gemäß Art. 30 Abs. 2 der durch das Königliche Gesetzesdekret Nr. 4/2004 vom 5. März 2004 gebilligten konsolidierten Fassung des spanischen Körperschaftsteuergesetzes (Ley del Impuesto sobre Sociedades) (BOE Nr. 61, vom 11. März 2004, S. 10951, im Folgenden: Körperschaftsteuergesetz) kann eine gebietsansässige Gesellschaft, die ununterbrochen über einen Zeitraum von mindestens einem Jahr eine direkte oder indirekte Beteiligung in Höhe von 5 % oder mehr am Kapital einer anderen gebietsansässigen Gesellschaft gehalten hat, die gesamte erhaltene Bruttodividende von ihrem steuerpflichtigen Einkommen abziehen.

Rz. 6

Dividenden im Sinne von Art. 30 Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes sind gemäß Art. 140 Abs. 4 Buchst. d dieses Gesetzes von der Quellensteuer befreit.

Rz. 7

Art. 14 Abs. 1 der durch das Königliche Geset...

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