Verfahrensgang

OVG Rheinland-Pfalz (Aktenzeichen 1 C 10121/00)

 

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 18. Januar 2001 wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin, Betreiberin eines Tonbergbaus im Übertagebetrieb, wendet sich im Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan, mit dem die Antragsgegnerin das Ziel verfolgt, Konflikte zwischen der bebauten Ortslage und dem angrenzenden Tontagebau insbesondere hinsichtlich der Lärm- und Staubbelästigungen zu entschärfen. Der Bebauungsplan bezieht durch Festsetzung von Grünstreifen und eines zu bepflanzenden Walls Flächen in seinen Geltungsbereich ein, die im Randbereich des vorgesehenen Tonabbaugebiets liegen, für das bereits ein Hauptbetriebsplan bergrechtlich zugelassen ist. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat den Normenkontrollantrag mit Urteil vom 18. Januar 2001 als unbegründet abgewiesen. Mit der Beschwerde erstrebt die Antragstellerin die Zulassung der Revision.

II. Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet. Die Rechtssache hat nicht die von der Beschwerde geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung.

In der Beschwerdeschrift wird folgende Frage als klärungsbedürftig bezeichnet: „Setzen § 38, §1 Abs. 4 und § 1 Abs. 6 BauGB der Bauplanungshoheit der Gemeinde insoweit Grenzen, als diese ihre Bauplanungshoheit nicht in der Weise ausüben darf, daß die konkreten Festsetzungen des Bebauungsplanes solche Grundstücke erfassen, die im räumlichen Geltungsbereich eines bergrechtlichen Hauptbetriebsplanes belegen sind?” Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht. Soweit sich die Frage auf § 38 BauGB bezieht, lässt sie sich ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten. Soweit sie sich auf § 1 Abs. 4 und 6 BauGB bezieht, ergibt sich auf der Grundlage der das Revisionsgericht bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts in rechtlicher Hinsicht kein Klärungsbedarf.

1. § 38 BauGB nimmt von der Anwendbarkeit der §§ 29 bis 37 BauGB außer bestimmten immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Abfallbeseitungsanlagen nur Vorhaben von überörtlicher Bedeutung aus, über deren Zulassung im Planfeststellungsverfahren oder in einem sonstigen Verfahren mit den Rechtswirkungen der Planfeststellung entschieden wird. Die Zulässigkeit solcher Vorhaben kann durch Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht verbindlich ausgeschlossen werden. Über die Zulässigkeit bergbaulicher Vorhaben wird nur dann im Planfeststellungsverfahren entschieden, wenn diese einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfen (vgl. §§ 57 a bis 57 c BBergG, § 1 UVP-V Bergbau). Dann hat die Bergbehörde gemäß § 52 Abs. 2 a BBergG vom Bergbauunternehmer die Aufstellung eines Rahmenbetriebsplans zu verlangen (sog. obligatorischer Rahmenbetriebsplan). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben.

Rechtliche Grundlage für den Tonbergbau ist ein 1996 zugelassener Rahmenbetriebsplan gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 1 BBergG (zur rechtlichen Bedeutung eines sog. einfachen oder fakultativen Rahmenbetriebsplans vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1991 – BVerwG 7 C 25.90 – BVerwGE 89, 246 ≪251 ff.≫; Urteil vom 2. November 1995 – BVerwG 4 C 14.94 – BVerwGE 100, 1 ≪11 f.≫) sowie ein 1995 zugelassener und 1999 bis zum 31. Oktober 2002 verlängerter Hauptbetriebsplan. Weder ein zugelassener einfacher Rahmenbetriebsplan noch ein zugelassener Hauptbetriebsplan hat die in § 38 BauGB vorausgesetzte Rechtswirkung einer Planfeststellung, nämlich dass damit die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Anlagen im Hinblick auf alle von ihm berührten öffentlichen Belange festgestellt wäre und daneben andere behördliche (Zulassungs-)Entscheidungen nicht erforderlich wären (§ 75 Abs. 1 VwVfG). Vielmehr hat die Zulassungsentscheidung nur die Vereinbarkeit des Bergbauvorhabens mit den spezifisch bergrechtlichen Zulassungsvoraussetzungen (§§ 55, 48 Abs. 2 BBergG) zum Gegenstand (vgl. BVerwG, Urteil vom 4. Juli 1986 – BVerwG 4 C 31.84 – BVerwGE 74, 315). Von den bebauungsrechtlichen Zulässigkeitsanforderungen der §§ 3037 BauGB ist somit ein bergbauliches Vorhaben, das, z.B. als Abgrabung größeren Umfangs, den Vorhabenbegriff des § 29 BauGB erfüllt, nicht freigestellt. Das bedeutet auch, dass die Gemeinde rechtlich nicht allgemein daran gehindert ist, durch Bebauungsplan Festsetzungen zu treffen, die einen bergrechtlich bereits zugelassenen Abbau von Bodenschätzen Beschränkungen unterwerfen. Dies mag, wenn das Bergbauvorhaben bis dahin auch bebauungsrechtlich zulässig war, unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 39 ff. BauGB Entschädigungsfolgen haben. Es ändert aber nichts an der Befugnis der Gemeinde, in Ausübung ihrer Planungshoheit auch für solche Flächen bauplanerische Festsetzungen zu treffen, wenn dies für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist (§ 1 Abs. 3 BauGB). Erforderlich in diesem Sinne wären Festsetzungen eines Bebauungsplans allerdings dann nicht, wenn es deren alleiniger Zweck wäre, das Bergbauvorhaben – ganz oder teilweise – zu verhindern, und städtebauliche Gründe nur vorgeschoben wären (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 1999 – BVerwG 4 B 129.98NVwZ 1999, 878; Buchholz 406.11 § 9 BauGB Nr. 94, m.w.N.). Von einer solchen Negativplanung kann jedoch nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht die Rede sein. Ebenso wenig liegt danach ein Fall einer Planung vor, die nach § 1 Abs. 3 BauGB nicht gerechtfertigt wäre, weil die bauplanerischen Festsetzungen in tatsächlicher Hinsicht, hier im Hinblick auf den zugelassenen Bergbaubetrieb, keine Aussicht auf Verwirklichung bieten (vgl. BVerwG, Urteile vom 28. Januar 1999 – BVerwG 4 CN 5.98BVerwGE 108, 248 und vom 12. August 1999 – BVerwG 4 CN 4.98BVerwGE 109, 246).

2. Soweit die Beschwerde aus § 1 Abs. 4 BauGB ein rechtliches Hindernis zur Überplanung von Flächen des bergrechtlich zugelassenen Tonabbaubetriebs ableitet, besteht ein revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf nicht, weil nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts der regionale Raumordnungsplan keine „parzellenscharfe” Abgrenzung der für die Rohstoffgewinnung vorgesehenen Flächen trifft und der Bebauungsplan deshalb und überdies – wenn überhaupt – wegen einer allenfalls flächenmäßig nicht ins Gewicht fallenden Überschneidung das Anpassungsgebot des § 1 Abs. 4 BauGB nicht verletzt.

3. Soweit die Beschwerde § 1 Abs. 6 BauGB problematisiert, ergibt sich ebenfalls auf der Grundlage der den erkennenden Senat bindenden Feststellungen kein Klärungsbedarf in rechtsgrundsätzlicher Hinsicht. Die Antragsgegnerin hat die – durch bergrechtliche Betriebsplanzulassungen verfestigten – betrieblichen Belange der Antragstellerin umfassend ermittelt, sie entsprechend dem ihnen zukommenden Gewicht gewürdigt und in der planerischen Abwägung gegenüber den für die planerische Lösung der Konfliktlage sprechenden Belangen zurückgestellt. Der daraus vom Oberverwaltungsgericht gezogene Schluss, dass die Abwägung – auch unter Berücksichtigung der sog. Rohstoffsicherungsklausel des § 48 Abs. 1 Satz 2 BBergG – nach Vorgang und Ergebnis rechtsfehlerfrei sei, entspricht den Anforderungen, die der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung (grundlegend Urteil vom 12. Dezember 1969 – BVerwG 4 C 105.66 – BVerwGE 34, 301) an das bauplanungsrechtliche Abwägungsgebot stellt. Der Fall böte keine Gelegenheit zu weitergehender rechtlicher Klärung.

III. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

Unterschriften

Gaentzsch, Lemmel, Halama

 

Fundstellen

BauR 2001, 1232

BauR 2001, 1696

BRS 2002, 8

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