Verfahrensgang

LG Potsdam (Aktenzeichen 1 O 150/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.11.2021; Aktenzeichen V ZR 273/20)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 19. Juli 2019, Az. 1 O 150/10, unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 150.207,33 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 132.755,14 EUR seit dem 11. Dezember 2008 bis zum 26. Januar 2010,

aus 114.755,14 EUR seit dem 27. Januar 2010 bis zum 1. Januar 2011,

aus 247.510,28 EUR seit dem 2. Januar 2011 bis zum 11. Februar 2011,

aus 229.510,28 EUR seit dem 12. Februar 2011 bis zum 14. Oktober 2015

und aus 150.207,33 EUR ab dem 15. Oktober 2015

abzüglich auf die Zinsen am 14. Oktober 2015 gezahlter 27.932,33 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz haben die Klägerin 73% und der Beklagte 27% zu tragen, von den Kosten des Berufungsverfahrens die Klägerin 64% und der Beklagte 36%.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Vollstreckende vor seiner Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Ausgleichsansprüche nach § 9 Abs. 3 GBBerG.

Die Klägerin ist ein kommunales Wohnungsunternehmen und Eigentümerin der hier streitgegenständlichen Grundstücke in T..., die mit sog. Plattenbauten bebaut sind. Auf den Grundstücken befinden sich Leitungen und Anlagen der Abwasserbeseitigung. Der Beklagte ist ein kommunaler Zweckverband, zu dessen Verbandsmitgliedern auch die Stadt T... gehört. Er betreibt die Abwasserentsorgung. Zwischen den Parteien ist im Streit, ob und welche Abwasserleitungen auf den Grundstücken der Klägerin vom Beklagten betrieben, ob und in welchem Umfang beschränkte persönliche Dienstbarkeiten zugunsten des Beklagten entstanden sind, und in welcher Höhe sich hieraus Entschädigungsansprüche der Klägerin nach § 9 Abs. 3 GBBerG ergeben.

Die Klägerin hat ihre Ansprüche auf Entschädigung anhand einer Wertminderung der Grundstücke mit der Klageschrift zunächst mit 1.896.313,42 DM = 969,569,66 EUR beziffert. Sie hat mit der Klage die Zahlung der ersten Hälfte des Entschädigungsbetrages, fällig zum 1. Januar 2001 verlangt, dessen Höhe sie mit der Hälfte des vorgenannten Betrages abzüglich vom Beklagten gezahlter 19.150,- EUR, insgesamt also 465.634,83 EUR beziffert hat. Mit Klageerweiterung vom 25. August 2011 hat die Klägerin die zweite Hälfte des Entschädigungsbetrags, fällig zum 1. Januar 2011, verlangt und ihn mit 515.520,21 EUR beziffert.

Die Klägerin hat geltend gemacht, die auf ihren Grundstücken befindlichen Entwässerungsanlagen seien bereits zum maßgeblichen Stichtag am 3. Oktober 1990 als öffentliche Anlagen der Abwasserbeseitigung genutzt worden. Am 1. Juli 1994 seien die Betriebe und Anlagen der Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung und Abwasserbehandlung von der P... GmbH in Liquidation auf den Beklagten übergegangen. Die Entwässerungsanlagen seien am 11. Januar 1995 vom Beklagten betrieben worden.

Die Klägerin hat mit der dem Beklagten am 11. März 2010 zugestellten Klage beantragt,

den Beklagten zu verurteilen,

1. an die Klägerin 465.634,83 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 469.094,55 EUR ab dem 11. Dezember 2008 bis zur Rechtshängigkeit und sodann aus 465.634,83 EUR zu zahlen,

2. an die Klägerin weitere 515.520,21 EUR zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 2. Januar 2011 abzüglich der hierauf erbrachten weiteren Teilzahlungen in Höhe von 19.150,00 EUR am 10. Februar 2011 sowie in Höhe von 154.851,24 EUR vom 14. Oktober 2015, hiervon entfallend 126.916,56 EUR auf die Hauptforderung sowie weitere 27.932,33 EUR auf die Zinsen, zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat sich darauf berufen, dass sich Umfang, Ausdehnung und Grenzen der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage aus seiner Entwässerungssatzung vom 21. September 2009 ergäben. Eine öffentliche Entwässerungsanlage liege nicht vor, wenn sich auf einem Grundstück mehrere Wohnblöcke befänden, aus denen Schmutzwasser über eine Leitung bis zum gemeinsamen Revisionsschacht geführt würde. Es handele sich um private Grundstücksentwässerungen. Dies gelte auch für die Mitbenutzung einer Grundstücksentwässerungsanlage eines Nachbargrundstücks. Soweit der Beklagte in erster Instanz die Anspruchshöhe im Hinblick auf Bodenwerte, Leitungslängen, Grad der Beeinträchtigung und Kürzungen wegen nebeneinander liegender Leitungen bestritten hat, ist dies in der Berufung nicht mehr im Streit.

Wegen der im Laufe des Rechtsstreits erfolgten Teilzahlungen haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erkl...

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