Leitsatz (amtlich)

1. Nimmt eine GmbH Auszahlungen an ausscheidende Gesellschafter zur Begleichung der Kaufpreisschuld des Geschäftsanteilserwerbers vor und haben diese Auszahlungen eine Unterbilanz zur Folge, haften Alt- und Neugesellschafter gesamtschuldnerisch auf Ausgleich der Unterbilanz.

2. Die GmbH ist nach Treu und Glauben verpflichtet, vor den Altgesellschaftern zunächst den Anteilserwerber auf Ausgleich der Unterbilanz in Anspruch zu nehmen, wenn Gläubigerinteressen nicht beeinträchtigt sind und die Realisierung des Anspruchs ausschließlich dem Zweck dient, das Vermögen des Anteilserwerbers zu vermehren.

 

Normenkette

BGB § 242; GmbHG §§ 30-31

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Urteil vom 02.12.2004; Aktenzeichen 51 O 146/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 18.06.2007; Aktenzeichen II ZR 86/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 2.12.2004 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Potsdam (51 O 146/03) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als jedenfalls derzeit unbegründet abgewiesen wird.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages zu leisten, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagten, ihre früheren Gesellschafter, auf Erstattung verbotener Auszahlungen nach §§ 30, 31 GmbHG in Anspruch. Ergänzend stützt sie ihre Klageforderung auf Bereicherungsrecht.

Die Beklagten hielten an der mit einem Stammkapital von 50.000 DM ausgestatteten Klägerin je einen Geschäftsanteil im Nennbetrag von je 23.800 DM. Den weiteren Anteil hielt die A. GmbH, deren Geschäftsführer und Alleingesellschafter Herr K. war.

Am 26.5.1998 schlossen Herr K. und die Beklagten einen notariellen Kauf- und Abtretungsvertrag über den Verkauf der Geschäftsanteile der Beklagten an Herrn K. zu einem Preis von 1 Mio. DM je Anteil. Die Kaufvertragsparteien vereinbarten die Abtretung der Geschäftsanteile der Beklagten an Herrn K. unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung. Zur Absicherung der Kaufpreisverpflichtung vereinbarten die Beteiligten, dass die von der Sparkasse W. verwalteten festverzinslichen Wertpapiere der Klägerin im eingeschätzten Wert von ca. 2 Mio. DM an die Beklagten abgetreten werden. Durch weitere in der notariellen Urkunde enthaltene Erklärungen beriefen die Beteiligten die bisherigen Geschäftsführer der Klägerin ab und bestellten Herrn K. zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der Klägerin.

Herr K. gab seine Erklärungen zugleich namens der von ihm vertretenen A. GmbH ab. Für die Beklagte zu 1) handelte der Geschäftsführer S. auch als vollmachtloser Vertreter für die mit ihm zur Vertretung berechtigten weiteren Geschäftsführer.

Die Sparkasse W. kündigte wegen der Veränderungen bei der Klägerin deren Kredite und stellte ein Soll von 1.484.280 DM fest. Da Herr K. den Kaufpreis nicht vereinbarungsgemäß bis zum 15.7.1998 auf einem Notaranderkonto hinterlegt hatte, veräußerte die Sparkasse W. die Wertpapiere der Klägerin mit einem Erlös von 2.051.288,75 DM, den sie dem Konto der Klägerin gutschrieb. Nach Abzug der Kreditverbindlichkeiten der Klägerin stellte sie ein Guthaben von 1.248.618,90 DM fest, dass sie am 17.9.1998 je zur Hälfte (624.309,45 DM) an die Beklagten nach von Herrn K. als Geschäftsführer für die Klägerin erklärter Zustimmung auszahlte.

Den restlichen Kaufpreis zahlte Herr K. an die Beklagten zum Teil auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen Ende 2000/Anfang 2001.

Die Klägerin hat behauptet, die Auszahlung der Beträge von jeweils 624.309,45 DM an die Beklagten habe zu einer sich aus der Stichtagsbilanz zum 17.9.1998 ergebenden Unterbilanz i.H.v. 993.304,63 DM (507.868,59 EUR) geführt. Sie hat gemeint, die Beklagten seien zur Rückzahlung der mit der Klage geltend gemachten Beträge aus §§ 30, 31 GmbHG und aus § 812 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 BGB verpflichtet.

Die Klageschrift ist am 15.9.2003 beim LG Potsdam eingegangen und am 2.10.2003 an die Beklagte zu 1) zugestellt worden. An den Beklagten zu 2) ist sie im Wege der Auslandszustellung per Einschreiben/Rückschein am 24.5.2004 zugestellt worden. Zuvor war eine Zustellung der Klageschrift an den Beklagten zu 2) über das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in M. gescheitert.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an sie 253.934,29 EUR nebst 6,22 % Zinsen seit Rechtshängigkeit (2.10.2003) zu zahlen,

2. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an sie weitere 253.934,29 EUR nebst 6,22 Zinsen seit Rechtshängigkeit (24.5.2004) zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben gerügt, dass die Klägerin in diesem Rechtsstreit durch einen Mitgeschäftsführer allein nicht wirksam vertreten sei. Sie haben gemeint, der Klägerin stehe aus keinem...

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