Tenor

Die Ablehnung der Handelsrichter der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Neuruppin durch die Beklagte wird für begründet erklärt.

Zuständig für die weitere Bearbeitung des Rechtsstreits ist das Landgericht Potsdam.

 

Gründe

I. Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 4.6.2019 bei der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Neuruppin eine Klage auf die Zahlung eines Entgelts für die Versorgung von Liegenschaften der Beklagten mit Fernseh- und Hörfunkprogrammen in Höhe von 238.128,170 EUR nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten erhoben. Dazu hat der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen unter dem 24.6.2019 angezeigt, dass der Geschäftsführer der Klägerin Handelsrichter beim Landgericht Neuruppin ist. Durch Beschluss des Landgerichts vom 8.8.2019 ist die Geltendmachung der Besorgnis der Befangenheit des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen für begründet erklärt worden.

Mit Schriftsatz vom 11.10.2019 hat die Beklagte ein Ablehnungsgesuch gegen die Handelsrichter der Kammer für Handelssachen ausgebracht. Dazu hat der Stellvertreter des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen darauf hingewiesen, dass das Landgericht Neuruppin beschlussunfähig sei, da die Beklagte sämtliche Handelsrichter der einzigen Kammer für Handelssachen beim Landgericht Neuruppin abgelehnt habe und die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch unter Beteiligung von Handelsrichtern erfolgen müsse, weshalb die Vorlage an das Brandenburgische Oberlandesgericht beabsichtigt sei. Die Beklagte hat daraufhin mit Schriftsatz vom 2.12.2019 angeregt, dass gegebenenfalls auch über das zuständige Gericht nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 ZPO entschieden werde.

Unter den 2.12.2019 hat das Landgericht Neuruppin die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Das Ablehnungsgesuch der Beklagten gegen die Handelsrichter der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Neuruppin ist zulässig und begründet. Es führt dazu, dass gleichzeitig nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die Zuständigkeit des Landgerichts Potsdam für die weitere Bearbeitung des Rechtsstreits auszusprechen ist.

1. Über das Ablehnungsgesuch ist nach § 45 Abs. 3 ZPO durch das Brandenburgische Oberlandesgericht als das im Rechtszug zunächst höhere Gericht zu entscheiden. Denn das Landgericht Neuruppin ist zu einer Entscheidung nicht in der Lage, nachdem die Beklagte sämtliche Handelsrichter der dort einzigen Kammer für Handelssachen abgelehnt hat. Denn nach § 45 Abs. 1 ZPO hat das Gericht, dem der abgelehnte Richter angehört, zu entscheiden, was im Falle der Ablehnung eines Handelsrichters der Kammer für Handelssachen dazu führt, dass die Entscheidung nicht durch deren Vorsitzenden allein erfolgen kann, sondern durch den - durch Vertreter aufgefüllten - gesamten Spruchkörper zu ergehen hat (HansOLG, Urteil vom 28.3.2008, 11 U 25/06, zitiert nach juris; Zöller/Vollkommer, ZPO, 33. Aufl., § 45, Rn. 3). Das ist im vorliegenden Fall beim Landgericht Neuruppin nicht möglich, da dort nur eine Kammer für Handelssachen besteht und damit ein vertretungsweises Nachrücken nur in der Person des Vorsitzenden der Kammer, nicht aber für die Handelsrichter durch nicht dem Ablehnungsgesuch unterliegende Vertreter erfolgen kann.

Über die Bestimmung des zuständigen Gerichts nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 ZPO ist ebenfalls durch den Senat zu befinden, da auch hier das Brandenburgische Oberlandesgericht als zunächst höheres Gericht nach § 36 Abs. 2 ZPO zur Entscheidung berufen ist und nach dem Geschäftsverteilungsplan des Brandenburgischen Oberlandesgerichts die Gerichtsstandsbestimmung nach § 36 ZPO der Zuständigkeit des Senats unterfällt.

2. Das Ablehnungsgesuch der Beklagten gegen die Handelsrichter der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Neuruppin ist zulässig und begründet.

a) Der Zulässigkeit steht nicht entgegen, dass die abgelehnten Richter von der Beklagten nicht namentlich benannt worden sind. Zur ordnungsgemäßen Bezeichnung der abgelehnten Richter nach § 44 Abs. 1 ZPO reicht deren zweifelsfreie Bestimmbarkeit aus, die auch ohne eine namentliche Benennung gegeben ist, wenn sämtliche Richter eines Spruchkörpers bei identischem Ablehnungsgrund abgelehnt werden (BVerwG, Beschluss vom 29.1.2014, 7 C 13/13, zitiert nach juris; Zöller/Vollkommer, a. a. O., § 44, Rn. 2). Letzteres ist hier der Fall, da die Beklagte die Ablehnung sämtlicher Handelsrichter allein darauf gestützt, dass es sich beim Geschäftsführer der Klägerin ebenfalls um einen Handelsrichter beim Landgericht Neuruppin handelt.

b) Das Ablehnungsgesuch ist auch begründet.

Nach § 42 Abs. 1, 2 ZPO kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, das Vorliegen eines Sachverhalts, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung und Würdigung aller Umstände berechtigten Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit des Richters gibt (BVerfGE 82, 30, 38; 90, 138, 139; ...

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