Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein sofortiges Anerkenntnis bei vorprozessualer Veranlassung zur Klage

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein sofortige Anerkenntnis ist ausgeschlossen, wenn der Beklagte bereits vorprozessual durch ein Verhalten Veranlassung zur Klage gegeben hat, das aus Sicht des Klägers vernünftigerweise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt. Dabei ist der Kläger vorprozessual nicht gehalten, bei einen Anspruch, gegen den ein Zurückbehaltungsrecht besteht, nur Leistung Zug um Zug zu verlangen, solange der Beklagte sich auf das Zurückbehaltungsrecht nicht berufen hat.

 

Verfahrensgang

LG Potsdam (Entscheidung vom 02.10.2007; Aktenzeichen 10 O 293/07)

 

Gründe

I.

Nach vorprozessualem Schriftwechsel vom 18./19./27./28 Juni 2007 hat der Kläger mit Eingang vom 5. Juli 2007 bei dem Landgericht Potsdam Klage eingereicht und beantragt, die Beklagten zu verurteilen, in die Rückübereignung des Grundstücks ...-Straße 57 in B... an den Kläger einzuwilligen und die Eigentumsumschreibung auf den Kläger zu beantragen, Zug um Zug gegen Erstattung des Wertes der An-, Ein- und Umbauten in Höhe von 14.700,- EUR und gegen die Erstattung des von den Beklagten gezahlten Kaufpreises im Gegenwert von 28.000,- MDDR. Nach Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens und Zustellung der Klageschrift haben die Beklagten im Schriftsatz vom 8. August 2007 ihre Verteidigungsbereitschaft angezeigt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt. Innerhalb der - verlängerten - Klageerwiderungsfrist haben die Beklagten mit Schriftsatz vom 30. August 2007 den Klageantrag unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt. Durch Anerkenntnisurteil vom 2. Oktober 2007 hat das Landgericht Potsdam die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagten keine Veranlassung zur Klage gegeben hätten und das Anerkenntnis noch "sofort", nämlich innerhalb der Frist zur Klageerwiderung, abgegeben worden sei. Gegen diese ihm am 11. Oktober 2007 zugestellte Entscheidung hat der Kläger mit Eingang vom 16. Oktober 2007 sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 5. November 2007 hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde die Abhilfe versagt und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers ist gemäß § 99 Abs. 2 Satz 1, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 569, 571 ZPO).

2. Das Rechtsmittel hat auch in der Sache selbst Erfolg.

Die Beklagten sind gemäß § 91 Abs. 1, § 100 Abs. 1 ZPO verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Entgegen der Ansicht des Landgerichts können sich die Beklagten nicht mit Erfolg auf § 93 ZPO berufen.

a) Zwar dürfte das im Schriftsatz vom 30. August 2007 abgegebene Anerkenntnis noch "sofort" im Sinne von § 93 ZPO erfolgt sein. Im Hinblick auf die Änderung von § 307 ZPO, wonach ein Anerkenntnisurteil nunmehr jederzeit ohne mündliche Verhandlung erlassen werden kann, ist es zur Erfüllung der Voraussetzungen von § 93 ZPO nicht mehr erforderlich, dass der Beklagte das Anerkenntnis im Falle der Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens schon im ersten hierauf eingehenden Schriftsatz (Verteidigungsanzeige) erklärt; es genügt, wenn das Anerkenntnis im Klageerwiderungsschriftsatz enthalten ist, sofern der Beklagte nicht schon in der Verteidigungsanzeige die Klageabweisung beantragt hat (s. BGH NJW 2006, S. 2490, 2491 f. m. w. N.; KG, NJW-RR 2006, S. 1078; Brandenburgisches OLG, MDR 2005, S. 1310; Zöller/Herget, ZPO, 26. Aufl. 2007, § 93 Rn. 4; Baumbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl. 2007, § 93 Rn. 97 - jeweils m. w. N. zum Streitstand). Hier hatten die Beklagten in ihrer Verteidigungsanzeige vom 8. August 2007 lediglich mitgeteilt, dass sie sich gegen die Klage verteidigen wollen, und einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe angebracht - der gfs. auch im Zusammenhang mit der Abwehr einer Kostenbelastung nach § 91 ZPO hätte gestanden haben können -, aber keinen Klageabweisungsantrag angekündigt.

b) Gleichwohl liegen die Voraussetzungen für eine Kostenbelastung des Klägers nach § 93 ZPO nicht vor, weil die Beklagten nach Lage des Falles Veranlassung zur Klageerhebung gegeben haben.

Der Beklagte gibt Veranlassung zur Klage durch ein Verhalten, das aus Sicht des Klägers vernünftiger Weise den Schluss auf die Notwendigkeit eines Prozesses rechtfertigt, der Kläger also annehmen dürfte und musste, er werde nicht ohne Klageerhebung zu seinem Recht kommen (s. BGH NJW 1979, S. 2040, 2041; BGH NJW-RR 2005, S. 1005, 1006; Zöller/Herget, a. a. O., § 93 Rn. 3; Baumbach/Hartmann, a. a. O., § 93 Rn. 29 m. w. N.; Musielak/Wolst, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 93 Rn. 2). Sonach kommt dem vorprozessualen Verhalten des Beklagten entscheidende Bedeutung zu (BGH, a. a. O.; Zöller/Herget, ebd.; Baumbach/Hartmann, a. a. O., § 93 Rn. 65; Musielak/Wolst, ebd.).

Mit Anwaltsschreiben vom 18. Juni 2007 (Anl...

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