Entscheidungsstichwort (Thema)

BGB-Gesellschaft. Freistellung von Verbindlichkeiten der Gesellschaft eines haftenden ausgeschiedenen Gesellschafters. Ausschluss eines Zurückbehaltungsrechts passivierter Sozialansprüche

 

Leitsatz (amtlich)

Dem ausgeschiedenen Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft steht ggü. dem Anspruch der Gesellschaft auf Ausgleich eines negativen Auseinandersetzungsguthabens kein Freistellungsanspruch und damit kein darauf gestütztes Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich in der Auseinandersetzungsbilanz passivierter Sozialansprüche einzelner Gesellschafter gegen die Gesellschaft zu. Der ausgeschiedene Gesellschafter kann Freistellung nach § 738 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB nur von gemeinschaftlichen Schulden, d.h. von Verbindlichkeiten der Gesellschaft verlangen, für die er analog § 128 HGB haftet. Für Sozialansprüche besteht keine Haftung analog § 128 HGB.

 

Normenkette

BGB § 738 Abs. 1 S. 2; HGB § 128

 

Verfahrensgang

KG Berlin (Urteil vom 09.01.2009; Aktenzeichen 14 U 46/07)

LG Berlin (Entscheidung vom 16.02.2007; Aktenzeichen 22 O 254/06)

 

Tenor

Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 14. Zivilsenats des KG vom 9.1.2009 durch Beschluss nach § 552a ZPO zurückzuweisen.

Streitwert: 60.986,85 EUR

 

Gründe

Rz. 1

Zulassungsgründe liegen nicht vor. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Rz. 2

1. a) Die Frage, derentwegen das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, hat der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Beschluss vom 9.3.2009 (II ZR 131/08, ZIP 2009, 1008 Tz. 9) entschieden, so dass insoweit kein Zulassungsgrund (mehr) besteht.

Rz. 3

b) Weitere Zulassungsgründe liegen nicht vor. Insbesondere hat das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revision das Recht der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG i.V.m. § 139 ZPO nicht verletzt. Die Beklagten haben die sie treffende Darlegungslast für das Vorhandensein von Gesellschaftsschulden, von denen sie Befreiung verlangen, nicht "offensichtlich übersehen", sondern haben ihr genügt, und das Berufungsgericht hat den dazu gehaltenen Vortrag gewürdigt.

Rz. 4

Nachdem die Beklagten erstinstanzlich ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf die Verbindlichkeiten der Klägerin ggü. den Banken sowie "hinsichtlich aller sonstigen Ansprüche Dritter gegen die Klägerin, die in der Auseinandersetzungsbilanz passiviert sind", geltend gemacht haben, hat das LG die Beklagten zur Zahlung (nur) Zug um Zug gegen Freistellung von den Verbindlichkeiten ggü. den Banken verurteilt. In ihrer Berufungsbegründung haben die Beklagten darauf hingewiesen, dass auch die übrigen in der Auseinandersetzungsbilanz als gemeinschaftliche Schulden eingestuften Verbindlichkeiten von dem von ihnen geltend gemachten Zurückbehaltungsrecht umfasst seien, haben diese ausdrücklich benannt (Refinanzierungseinzahlungen, Refinanzierungsanteil, Rückzahlungsansprüchen von Mietern) und die Ansicht vertreten, ihr Freistellungsanspruch gegen die Klägerin hätte im Rahmen der Zug-um-Zug-Verurteilung auch hinsichtlich dieser Verbindlichkeiten tituliert werden müssen. Das Berufungsgericht hat sich sodann im Hinweisbeschluss vom 22.8.2008 ausdrücklich mit diesem Einwand beschäftigt, hinsichtlich der einzelnen von den Beklagten benannten Verbindlichkeiten das Bestehen eines Zurückbehaltungsrechts verneint und den Beklagten u.a. hierzu eine einmonatige Stellungnahmefrist eingeräumt. In dem darauf folgenden Schriftsatz der Beklagten sind diese der - ablehnenden - Ansicht des Berufungsgerichts mit keinem Wort entgegengetreten. Angesichts dessen ist für den von der Revision reklamierten Verstoß gegen § 139 ZPO ersichtlich kein Raum.

Rz. 5

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg.

Rz. 6

a) Soweit die Revision identische Angriffe enthält, wie sie der Beklagte im Verfahren II ZR 131/08 - den gleichen Lebenssachverhalt betreffend - erhoben hat, verweist der Senat zur Begründung auf den in dieser Sache ergangenen Beschluss vom 9.3.2009 (a.a.O. Tz. 6-9).

Rz. 7

b) Die Revision wendet sich vergeblich gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, bei den in der Auseinandersetzungsbilanz passivierten Refinanzierungseinzahlungen und Refinanzierungsanteilen handele es sich um Sozialansprüche einzelner Gesellschafter gegen die Klägerin, für die die Beklagten als Mitgesellschafter nicht einzustehen hätten (vgl. BGHZ 37, 299, 301 f.; Ulmer in MünchKomm/BGB/Schäfer, 5. Aufl., § 714 Rz. 39; K. Schmidt in MünchKomm/HGB 2. Aufl., § 128 Rz. 12; Staub/Habersack, HGB 5. Aufl., § 128 Rz. 12 jew. m.w.N.), so dass den Beklagten mangels interner Ausgleichspflicht gegenüber ihren Mitgesellschaftern kein Freistellungsanspruch und damit kein Zurückbehaltungsrecht zustehe. Diese Beurteilung ist zutreffend: Freistellung kann der Gesellschafter gem. § 738 Abs. 1 BGB nur für gemeinschaftliche Schulden, d.h. für Verbindlichkeiten der Gesellschaft verlangen, für die er analog § 128 HGB haftet (Ulmer/Schäfer, § 738 Rz. 80; Erman/H.P. Westermann, BGB, 12. Aufl., § 738 Rz. 9; vgl. iE schon Senat, Beschl., a.a.O., Tz. 11).

Rz. 8

c) Die weiteren Verfahrensrügen hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

 

Fundstellen

BB 2010, 709

BB 2010, 791

DB 2010, 610

DB 2010, 8

DStR 2010, 12

DStR 2010, 815

WPg 2010, 492

NWB 2010, 1128

EBE/BGH 2010

NZG 2010, 383

StuB 2010, 447

WM 2010, 558

ZAP 2010, 476

ZIP 2010, 515

DZWir 2010, 290

JZ 2010, 252

MDR 2010, 643

NZI 2010, 45

ZInsO 2010, 586

NJW-Spezial 2010, 241

NWB direkt 2010, 350

ZBB 2010, 174

ZNotP 2010, 152

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