1 Leitsatz

Der aus § 888 Abs. 1 BGB folgende Zustimmungsanspruch eines Vormerkungsberechtigten ist entsprechend § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB unverjährbar. Ist der durch die Vormerkung gesicherte schuldrechtliche Anspruch verjährt, kann der vormerkungswidrig Eingetragene im Grundsatz die dem Schuldner zustehende Einrede der Verjährung gegen den gesicherten Anspruch erheben und die Zustimmung allerdings aus diesem Grund verweigern.

2 Normenkette

§§ 883, 888 Abs. 1, 902 Abs. 1 Satz 1 BGB

3 Das Problem

Das Wohnungseigentum von Wohnungseigentümer Z ist seit dem 12.2.1999 mit einer Auflassungsvormerkung zugunsten des K belastet. Am 19.7.2001 wird zugunsten der B, einer Innungskrankenkasse, eine Zwangssicherungshypothek eingetragen, die Ansprüche auf Gesamtsozialversicherungsbeiträge gegen den damaligen Eigentümer des Wohnungseigentums sichern sollte. Am 5.3.2002 wird K als Eigentümer eingetragen. Gestützt auf die Behauptung, er habe die Zwangssicherungshypothek erst bemerkt, als er das Wohnungseigentum im Jahr 2018 verkauft habe, verlangt K von B vor allem die Zustimmung zu der Löschung der Zwangssicherungshypothek. Das LG weist die Klage ab. Das OLG gibt ihr statt. Dagegen richtet sich die Revision der B.

4 Die Entscheidung

Der BGH meint, das OLG müsse die Tatsachen weiter ermitteln. Denn K habe ggf. einen Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB.

Es komme darauf an, ob K (weiterhin) im Wege der Erfüllung bzw. Nacherfüllung die lastenfreie Übertragung des Wohnungseigentums beanspruchen könne. Dies sei streitig und noch zu klären (B behauptet nämlich, der Kaufvertrag zwischen Z und K sei ein Scheingeschäft gewesen). Es sei dabei Sache des Vormerkungsberechtigten und damit des K, Bestehen und Fälligkeit des Anspruchs darzulegen und zu beweisen (Hinweis auf BGH, Urteil v. 2.7.2010, V ZR 240/09, Rn. 8). Dieser Beweis sei noch zu erheben. Denn das OLG habe rechtsfehlerhaft keine Feststellungen dazu getroffen, ob ein durch die Vormerkung gesicherter Anspruch bestehe.

Die Klage sei jedenfalls nicht wegen der von B erhobenen Einrede der Verjährung abzuweisen. Sollte K ein Anspruch auf lastenfreie Übertragung des Wohnungseigentums zustehen, sei wegen der mit Rang vor der Zwangssicherungshypothek eingetragenen Vormerkung der Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB gegeben. Ein etwaig gesicherter Anspruch auf lastenfreie Übertragung des Wohnungseigentums sei noch nicht verjährt. Denn der Senat sehe den aus § 888 Abs. 1 BGB folgenden Anspruch entsprechend § 902 Abs. 1 Satz 1 BGB als unverjährbar an.

5 Hinweis

Problemüberblick

Zur Sicherung des Anspruchs auf Einräumung eines Rechts an einem Grundstück kann nach § 883 Abs. 1 Satz 1 BGB eine Vormerkung in das Grundbuch eingetragen werden. "Grundstück" in diesem Sinne ist auch ein Wohnungseigentum. Hat jemand ein Wohnungseigentum gekauft, kann daher zur Sicherung seines Anspruchs, dass das Wohnungseigentum ihm zu Eigentum übertragen wird, eine Vormerkung in das Wohnungsgrundbuch eingetragen werden. Die Vormerkung bewirkt nach § 883 Abs. 2 Satz 1 BGB, dass eine Verfügung, die nach der Eintragung der Vormerkung über das Wohnungseigentum getroffen wird, insoweit unwirksam ist, als sie den Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde. K hatte danach gegen Z einen Anspruch aus § 888 Abs. 1 BGB, dass diese einer Löschung der Zwangssicherungshypothek zustimmt. Dieser Anspruch wäre aber nicht durchsetzbar, wenn er verjährt wäre.

Anspruch des Vormerkungsberechtigten auf Zustimmung

Der BGH klärt, dass der Anspruch des Vormerkungsberechtigten auf Zustimmung nicht verjähren kann. Die Klage hätte daher eigentlich Erfolg haben müssen. Dass der Fall noch nicht zu Ende ist, liegt daran, dass noch unklar ist, ob K gegen Z überhaupt einen Anspruch hat und was der Inhalt dieses Anspruchs ist.

6 Entscheidung

BGH, Urteil v. 14.1.2022, V ZR 245/20

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