Normenkette

BGB §§ 1599, 1600 Abs. 1, § 1600b Abs. 1; GG Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Erfurt (Aktenzeichen 32 F 336/02)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des AG Erfurt vom 7.8.2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Der Beklagte wurde am 10.1.1986 geboren. In der Empfängniszeit hatte Geschlechtsverkehr zwischen der Kindesmutter und dem Kläger stattgefunden. Die Kindesmutter versicherte dem Kläger, dass er der Vater des Beklagten sei. Am 11.10.1989 erkannte der Kläger an, der Vater des Beklagten zu sein; die Kindesmutter stimmte der Vaterschaftsanerkennung zu (Urkunde des Staatlichen Notariats Sömmerda vom 11.10.1989, Urkundenregister-Nr. 2-20-743-89).

Im Sommer 2001 erfuhr der Kläger von der Möglichkeit, eine private DNA-Vaterschaftsanalyse fertigen zu lassen. Etwa gleichzeitig wurde er von seiner Schwester, der Zeugin C.K., darauf aufmerksam gemacht, zwischen dem Beklagten und ihm bzw. der Kindesmutter bestehe äußerlich und wesensmäßig keinerlei Ähnlichkeit. Darauf veranlasste der Kläger das Gutachten vom 1.10.2001, in dem nach der Untersuchung von „Haarwurzeln des Sohnes” festgestellt wird, dass er als biologischer Vater auszuschließen sei. Weder der Beklagte noch dessen Mutter waren über die Erstellung des Gutachtens informiert gewesen.

Der Kläger hat behauptet, seine Schwester habe dem Beklagten eine Zecke entfernt und dabei versehentlich das Haar, das dann dem Gutachten zugrunde gelegt worden sei, von der Kopfhaut gerissen. Durch das Gutachten vom 1.10.2001 habe er erstmals Kenntnis von Umständen erlangt, die eindeutig gegen seine Vaterschaft sprächen. Er ist der Ansicht, das Persönlichkeitsrecht beider Parteien bestehe in erster Linie darin, Kenntnis darüber zu erhalten, von wem der Beklagte abstamme; dieses Recht sei höher zu bewerten als das Recht des Beklagten, wann und wie dieser Lebenssachverhalt offenbart werden solle.

Der Kläger hat beantragt:

Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht der Vater des minderjährigen Kindes P.H., geb. am 10.1.1986, ist.

Der Beklagte hat beantragt:

Die Klage wird abgewiesen.

Er hat behauptet, seine Mutter habe in der Empfängniszeit keine Beziehungen zu anderen Männern unterhalten. Der Beklagte hat bestritten, dass das der Untersuchung zugrunde gelegte Haar von ihm stamme. Er hat der Verwendung des Gutachtens widersprochen und meint, das Verhalten des Klägers verletze sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Das Gutachten sei im Gerichtsverfahren unverwertbar.

Das AG hat durch Urteil vom 7.8.2002 die Anfechtungsklage abgewiesen. Der Kläger hat gegen dieses ihm am 9.8.2002 zugestellte Urteil mit einem bei dem Berufungsgericht am 9.8.2002 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Diese hat er mit einem am 9.10.2002 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger verfolgt mit seiner Berufung weiter die Feststellung, dass er nicht der Vater des Beklagten ist. Er ist der Ansicht, seine Anfechtungsklage sei bereits auf Grund des Vortrags, durch die Feststellung seiner Schwester, dass der Beklagte keinerlei Ähnlichkeit mit ihm und der Kindesmutter aufweise, seien bei ihm Zweifel an der Vaterschaft hervorgerufen worden. Durch das Gutachten seien seine Zweifel bestärkt worden.

Der Kläger beantragt:

Das Urteil des AG Erfurt vom 7.8.2002 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass der Kläger nicht der Vater des minderjährigen Kindes P.H., geboren am 10.1.1986, ist.

Der Beklagte beantragt:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Er tritt der Berufung entgegen und verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig; sie ist statthaft und auch i.Ü. in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.

In der Sache hat sie keinen Erfolg.

Das AG hat die Anfechtungsklage zu Recht abgewiesen.

1. Der Kläger gilt zwar gem. § 1592 Nr. 2 BGB, Art. 234 § 7 Abs. 1 S. 2 EGBGB als Vater des Beklagten, weil er am 11.10.1989 die Vaterschaft anerkannt hat, und er ist gem. § 1600 Abs. 1 BGB, Art. 224 § 1 Abs. 2 EGBGB berechtigt, die Vaterschaft anzufechten.

2. Seine Klage ist aber nicht schlüssig. Zur Schlüssigkeit der Anfechtungsklage genügt allein der Vortrag, das Kind stamme nicht vom Kläger ab, nicht (BGH, Urt. v. 22.4.1998 – XII ZR 229/96, MDR 1998, 846 = FamRZ 1998, 955 [957] = NJW 1998, 2976 [2977]). Der Kläger muss vielmehr konkrete Anhaltspunkte für seine Annahme vortragen, das Kind stamme nicht von ihm (Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl. 2003, § 1599 Rz. 5), Er muss die seiner Ansicht nach gegen seine Vaterschaft sprechenden Umstände und damit die Umstände vortragen, die zugleich einen Beginn der Anfechtungsfrist des § 1600b BGB begründen (vgl. BGH, Urt. v. 22.4.1998 – XII ZR 229/96, MDR 1998, 846 = FamRZ 1998, 955 [957] = NJW 1998, 2976 [2977]). Nach § 1600b Abs. 1 S. 2 BGB beginnt die Frist mit dem Zeitpunkt, in dem der Berechtigte von den Umständen erfährt, die gegen die Vaterschaft sprechen. Die für den Fristbeginn maßgebliche Kenntni...

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