Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückabwicklung eines Kaufvertrags über ein vom "Dieselabgas-Skandal" betroffenes Fahrzeug - Händler muss den Pkw zurücknehmen

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Einzelrichterin der 17. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 27. August 2018 unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 33.801,69 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

  • auf einen Teilbetrag von 30.590 EUR seit dem 4. April 2017,
  • auf einen weiteren Teilbetrag von 1.321,05 EUR seit dem 7. September 2019 sowie
  • auf einen weiteren Teilbetrag von 1.890,64 EUR seit dem 17. September 2019

zu zahlen

Zug-um-Zug gegen Übergabe und Übereignung des Pkw Touran Comfortline 1,6 l TDI "Blue Motion Technologie" mit der Fahrgestellnummer ... und Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 15.969,94 EUR.

2. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte spätestens seit dem 4. April 2017 mit der Rücknahme des Pkw Touran Comfortline 1,6 l TDI "Blue Motion Technologie" mit der Fahrgestellnummer ... in Annahmeverzug befindet.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin 52 % und die Beklagte 48 %.

Die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz tragen die Klägerin in Höhe von 48 % und die Beklagte in Höhe von 52 %. Die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten trägt die Beklagte in Höhe von 52 %; im Übrigen trägt die Nebenintervenientin ihre Kosten selbst.

III. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch die Gegenseite, die Beklagte zudem die Vollstreckung durch die Nebenintervenientin, durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

V. Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 34.270,77 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über ein vom sogenannten "VW-Abgasskandal" betroffenes Fahrzeug sowie den Ersatz von Aufwendungen.

Mit Kaufvertrag vom 28. November 2013 erwarb die Klägerin von der Beklagten, einer VW-Vertragshändlerin, ein Neufahrzeug der Marke Touran Comfortline 1,6 l TDI "Blue Motion Technologie" mit der Fahrgestellnummer ... für einen Gesamtkaufpreis von 30.590 EUR. Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor der Baureihe EA 189 der Schadstoffklasse Euro 5 ausgestattet. Die Klägerin zahlte den Kaufpreis an die Beklagte. Die Übergabe und Übereignung des Fahrzeuges an die Klägerin erfolgte im Februar 2014 (Erstzulassung am 27. Februar 2014).

Mit Schreiben vom 20. Oktober 2015 wandte sich die Klägerin an die Beklagte. Sie bezog sich auf Medienberichte und Erklärungen ihrer Werkstatt über die Nichteinhaltung zugesagter Abgaswerte bei ihrem Fahrzeug und forderte die Beklagte zur Beseitigung dieser Mangelhaftigkeit bis zum 20. November 2015 auf. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlage K 10.1 (Bl. 396 d.A.) verwiesen. Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 29. Oktober 2015 und wies auf eine weiterhin bestehende Sicherheit, Fahrbereitschaft und uneingeschränkte Nutzbarkeit des Fahrzeuges im Straßenverkehr hin. Sie erklärte, dass die Volkswagen AG mit Hochdruck an Lösungen arbeite, und bat insoweit um Geduld; die Klägerin werde so bald wie möglich näher über den Zeitplan und die erforderlichen Maßnahmen informiert werden. Bis zum 31. Dezember 2016 werde bezogen auf etwaige Mängel der Software auf die Verjährungseinrede verzichtet. Die Klägerin reklamierte mit Schreiben vom 16. Dezember 2015, dass ihr die konkreten Schadstoffwerte nicht mitgeteilt worden seien, die sie zur sachverständigen Beurteilung der von der Volkswagen AG beabsichtigten Maßnahmen benötige; auch fehle jegliche Aussage zu etwaigen Auswirkungen der Maßnahmen auf die Lebensdauer des Motors oder anderer Aggregate. Die Klägerin schlug den Austausch des Fahrzeuges abzüglich einer Nutzungsentschädigung gegen ein Neufahrzeug vor und bat um Rückmeldung, anderenfalls werde sie einen Sachverständigen mit der Durchführung entsprechender Leistungstests beauftragen. Hierauf reagierte die Beklagte mit Schreiben datiert auf "29.10.2015", in dem sie unter anderem darauf verwies, dass das Kraftfahrtbundesamt die von der Volkswagen AG vorgeschlagenen und im Schreiben näher ausgeführten technischen Maßnahmen bestätigt habe, die auch den im klägerischen Fahrzeug verbauten Motortyp beträfen und deren Umsetzung ab Januar 2016 beginnen solle. Sie kündigte an, die Klägerin sobald wie möglich näher über den Zeitplan und die für ihr Fahrzeug konkret vorgesehenen Maßnahmen zu informieren. Zugleich erklärte sie, dass bis zum 31. Dezember 2017 auf die Erhebung der Verjährungseinrede verzichtet werde. Hinsichtlich der näher...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge