Entscheidungsstichwort (Thema)

Amtshaftung für Notarzteinsatz

 

Leitsatz (amtlich)

Das Handeln des im Rettungsdiensteinsatz tätigen Notarztes ist in Schleswig-Holstein auf Grund der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des Rettungsdienstgesetzes (RDG) vom 29.11.1991 (GVOBl. 1991, 579) nach Amtshaftungsgrundsätzen zu beurteilen.

 

Normenkette

BGB § 839

 

Verfahrensgang

LG Lübeck (Aktenzeichen 6 O 213/00)

 

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Berufungsrechtszug wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, geboren am 18.11.1992, erkrankte in der Nacht vom 12. auf den 13.8.1994 schwer.

Der sofort verständigte Kinderarzt forderte unter Hinweis auf die Dringlichkeit einen Notarztwagen an, der mit der Beklagten zu 2) als Notärztin besetzt war. Diese veranlasste den Transport der Klägerin in die A-Klinik. Dort entwickelte sich ein Multiorganversagen, die Klägerin ist seitdem schwerstbehindert. Die Beklagte zu 1) ist Trägerin des Krankenhauses, bei dem die Beklagte zu 2) angestellt war.

Die Klägerin behauptet, sie sei von der Beklagten zu 2) als Notärztin nach deren Eintreffen und während des Transports in die A-Klinik grob behandlungsfehlerhaft versorgt worden.

Sie hat beantragt,

1. die Beklagten zu 1) und 2) gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, an sie wegen der fehlerhaften Behandlung vom 13.8.1994 ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt werden soll, mindestens jedoch 350.000 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagzustellung zu zahlen;

2. festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 2) als Gesamtschuldner für den weiteren aus dem Behandlungsfehler vom 13.8.1994 resultierenden materiellen Schaden einstandspflichtig sind, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte aufgrund gesetzlichen Forderungsübergangs übergegangen sind.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben ein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen der Beklagten zu 2) in Abrede genommen.

Das LG hat die Parteien mit Beschluss vom 25.11.2004 auf Bedenken hinsichtlich der Passivlegitimation hingewiesen. Es hat die Klage abgewiesen, da zum einen die Passivlegitimation der Beklagten im Hinblick auf die im vorliegenden Fall anzuwendenden Amtshaftungsgrundsätze gem. § 839 BGB, Art. 34 Satz 1 GG nicht gegeben sei und zum anderen die Klägerin nicht habe beweisen können, dass durch Behandlungsfehler der Beklagten zu 2) der Krankheitszustand der Klägerin negativ beeinflusst worden sei.

Mit der Berufung hält die Klägerin unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens zum einen ihre Behauptung aufrecht, es liege ein grober Behandlungsfehler vor. Zum anderen vertritt sie die Auffassung, die Voraussetzungen eines Amtshaftungsanspruches seien nicht gegeben, jedenfalls sei aber die Beklagte zu 1) passivlegitimiert.

Sie beantragt, die Aufhebung des angefochtenen Urteils und wiederholt ihre erstinstanzlich gestellten Anträge mit der Maßgabe, dass ein Schmerzensgeld von 180.000 EUR begehrt wird.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

II. Die Berufung der Klägerin hat keine Erfolgsaussicht, so dass ihr Prozesskostenhilfe zu versagen war.

Zutreffend hat das LG die fehlende Passivlegitimation der Beklagten zu 1) und 2) festgestellt. Etwaige Schadensersatzansprüche der Klägerin aus ihrer notärztlichen Versorgung durch den Rettungsdienst am 12./13.8.1994 bei ihrer Verbringung in die A-Klinik richten sich gem. § 839 BGB i.V.m. Art. 34 Grundgesetz gegen den Träger des Rettungsdienstes, nicht aber gegen die Beklagten.

1. In Schleswig-Holstein ist ebenso wie beispielsweise in Bayern (so der BGH in zahlreichen Entscheidungen, zuletzt NJW 2003, 1184 (BGH v. 9.1.2003 - III ZR 217/01, MDR 2003, 509 = BGHReport 2003, 321 m. Anm. Kling = GesR 2003, 201 m. Anm. Petry; v. 16.9.2004 - III ZR 346/03, GesR 2004, 515 = BGHReport 2005, 23 = MDR 2005, 213 = NJW 2005, 429) und Nordrhein-Westfalen (BGH v. 21.3.1991 - III ZR 77/90, MDR 1991, 948 = NJW 1991, 2954) der Rettungsdienst öffentlich-rechtlich organisiert. Schon im Rettungsdienstgesetz (RDG) vom 24.3.1975 (GVOBl 1975 S. 44) wurden die Aufgaben des Rettungsdienstes den Kreisen und kreisfreien Städten übertragen (§ 2 Abs. 1 RDG). Diese Regelung hat auch das zum Zeitpunkt des Geschehens und bis heute geltende RDG vom 29.11.1991 (GVOBl 1991 S. 579) in § 6 Abs. 2 übernommen. Danach nehmen diese den Rettungsdienst als Selbstverwaltungsaufgabe wahr.

In diesem Rahmen haben sie gem. § 7 RDG in ihren Bereichen Rettungsleitstellen und Rettungswachen in ausreichender Zahl einzurichten und bedarfsgerecht auszustatten. Sie erhalten im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel Zuwendungen zu den Kosten der notwendigen lang- und mittelfristigen Investitionen (§ 8 Abs. 3 RDG). Gemäß § 7 Abs. 6 RDG ist das zuständige Ministerium ermächtigt, durch Verordnung Einzelheiten der Organisation und der Durchführung des Rettungsdienstes zu bestimmen. Gemäß § 6 Abs. 3 können die Kreise und kreisfreien Städte zwar die Durchführung des Rettung...

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