Entscheidungsstichwort (Thema)

Feststellungsverfahren bei sog. Heimatstaatscheidung

 

Normenkette

FamFG § 107 Abs. 1, § 108 Abs. 2

 

Verfahrensgang

BGH (Aktenzeichen XII ZB 695/14)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 14.10.2015; Aktenzeichen XII ZB 695/14)

 

Tenor

Auf den Antrag der Beteiligten zu 1. auf gerichtliche Entscheidung wird der Bescheid des Ministeriums für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein vom 9.10.2012 aufgehoben und die Sache an die Beteiligte zu 3. zur Durchführung des Nichtanerkennungsverfahrens zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Verfahren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1. begehrt die Feststellung, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung eines polnischen Urteils vom 8. oder 14.3.1995, das die Scheidung der Ehe zwischen der Beteiligten zu 2. und Herrn Janusz Piotr K. ausspricht, nicht erfüllt seien.

Der am 25.8.2010 verstorbene Herr Michael V. war in erster Ehe mit der Beteiligten zu 1. verheiratet; die Ehe wurde am 29.3.1995 geschieden. Aus der Ehe sind zwei gemeinsame Kinder, Stefanie J. und Thomas V., hervorgegangen. Michael V. heiratete am 10.7.1998 die Beteiligte zu 2. Diese hatte zuvor am 22.3.1990 mit Herrn Janusz Piotr K. die Ehe geschlossen. Während der letztgenannten Ehe, deren Scheidung das verfahrensgegenständliche Urteil des Bezirksgerichts Danzig aus März 1995 ausgesprochen hat, gebar die Beteiligte zu 2. am 2.11.1994 den Sohn Matthias K., jetzt V.. Michael V. hat am 10.6.1997 die Vaterschaft für dieses Kind anerkannt, nachdem das AG Pinneberg durch Urteil vom 28.11.1996 festgestellt hatte, dass Janusz Piotr K. nicht der Kindesvater ist.

Nach dem Tod des Michael V. wurde zugunsten seiner drei Kinder Stefanie J., Thomas V. und Matthias V. sowie der Beteiligten zu 2. ein Erbschein erteilt.

Zwischen der Beteiligten zu 2. sowie dem durch sie vertretenen Matthias V. als Kläger und der Beteiligten zu 1. als Beklagte ist vor dem LG Itzehoe unter dem Aktenzeichen 6 O 423/11 ein Zivilprozess anhängig, in dem die Feststellung begehrt wird, dass Unterhaltsforderungen der Beteiligten zu 1. aus notariellen Vereinbarungen zwischen ihr und dem verstorbenen Michael V. gegen den Nachlass und die Erbengemeinschaft nach Michael V. sowie gegen die Kläger nicht bestehen. Die beiden anderen Mitglieder der Erbengemeinschaft, Stefanie J. und Thomas V., haben die Forderung der Beteiligten zu 1. anerkannt und gezahlt und machen gegen die Beteiligte zu 2. und Matthias V. Ausgleichsansprüche geltend. Die Beteiligte zu 1. bestreitet in jenem Prozess u.a. das Erbrecht der Kläger. In einem weiteren, mittlerweile beim BGH anhängigen Verfahren (Az. nicht bekannt; zuvor OLG Schleswig 3 Wx 76/12) begehren die Kinder Stefanie J. und Thomas V. die Einziehung des erteilten Erbscheins, soweit dieser die Beteiligte zu 2. und Matthias V. als Erben ausweist.

Die Landesjustizverwaltung hat den Antrag der Beteiligten zu 1. mit ihrem Bescheid vom 9.10.2012 als unzulässig abgewiesen. Die Durchführung eines Verfahrens auf Nichtanerkennung des Urteils des AG Danzig vom 8.3.1995 sei durch § 107 Abs. 1 Satz 2 FamFG ausgeschlossen, weil es sich um eine sog. Heimatstaatentscheidung handele; sowohl die Beteiligte zu 2. als auch ihr damaliger Ehemann Janusz Piotr K. hätten zum Zeitpunkt des Scheidungsurteils die polnische Staatsangehörigkeit gehabt. In solchen Fällen bedürfe es gem. § 108 Abs. 1 FamFG keines besonderen Verfahrens, sondern die deutschen Gerichte und Behörden könnten die Vorfrage des Vorliegens der Anerkennungsvoraussetzungen im Rahmen des jeweils bei ihnen anhängigen Verfahrens selbst entscheiden.

Eine fakultative Durchführung des Feststellungsverfahrens nach § 107 Abs. 1 FamFG durch die Landesjustizverwaltung komme - anders als zur Rechtslage nach dem früheren Art. 7 § 1 FamRÄndG - nicht mehr in Betracht, weil dafür ein in § 108 Abs. 2 und 3 FamFG gesondert geregeltes, eigenes fakultatives Anerkennungsverfahren zur Verfügung stehe; das zuvor bestehende Bedürfnis von Eheleuten für eine Anerkennung der Statusänderung im Inland mit Wirkung gegenüber allen sei deshalb entfallen.

Zudem fehle der Beteiligten zu 1. auch ein konkretes rechtliches Interesse an der Durchführung eines fakultativen Anerkennungsverfahrens vor der Landesjustizverwaltung, weil ihr Feststellungsinteresse allein darauf gerichtet sei, die in dem Zivilprozess vor dem LG Itzehoe aus § 2365 BGB zugunsten der Beteiligten zu 2. streitende Vermutung der Richtigkeit des Erbscheins im Hinblick auf die daraus zu ihren, der Beteiligten zu 1., Lasten resultierende Beweislastumkehr zu erschüttern.

Gegen diesen Bescheid der Landesjustizverwaltung wendet sich die Beteiligte zu 1. mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem sie beantragt,

1. unter Aufhebung des zu dem Aktenzeichen II 31/3465 E-P4-1/12 ergangenen Bescheides des Ministeriums für Justiz, Kultur und Europa des Landes Schleswig-Holstein vom 9.10.2012 festzustellen, dass die Vo...

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