Entscheidungsstichwort (Thema)

Besetzung von Gemeinderatsausschüssen durch Wahlen. Prinzip der spiegelbildlichen Repräsentation. Reichweite eines Verstoßes gegen die Verpflichtung, der Einberufung des Rates die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beizufügen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Sind Wahlen zur Besetzung von Stadtratsausschüssen nach gemeinsamen Wahlvorschlägen wegen eines Verstoßes gegen das Prinzip der demokratischen Repräsentation zu beanstanden, so führt das gleichwohl nicht zu einer Verletzung subjektiver organschaftlicher Rechte eines fraktionslosen Stadtratsmitglieds, wenn dieses dadurch nicht um einen ihm bei einer spiegelbildlichen Besetzung der Ausschüsse entsprechend den Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat „zustehenden” Sitz in einem Ausschuss gebracht worden ist, sondern die Realisierung seiner Wahlchance aufgrund von „Unwägbarkeiten” des Wahlgeschehens ebenfalls nicht dem Prinzip der spiegelbildlichen Verletzung in den Ausschüssen nach den Mehrheitsverhältnissen im Plenum entspräche.

2. Adressat der Verpflichtung, der Einberufung des Stadtrates die für die Verhandlung erforderlichen Unterlagen beizufügen, ist allein der (Ober-)Bürgermeister, dem die Sitzungsvorbereitung obliegt.

3. Hat das Verwaltungsgericht auf den dahingehenden Antrag eines Stadtratsmitglieds festgestellt, dass der (Ober-)Bürgermeister seine Rechte verletzt hat, indem er es unterlassen hat, Verwaltungsvorlagen zu einem Tagesordnungspunkt einer Stadtratssitzung zu übersenden, so hat das Stadtratsmitglied keinen darüber hinausgehenden Anspruch darauf, das auch die Rechtswidrigkeit des zu diesem Tagesordnungspunkt gefassten Gemeinderatsbeschlusses festgestellt wird, da dem Stadtrat keine Pflichten hinsichtlich der ordnungsgemäßen Einladung von Ratsmitgliedern treffen und ein Ratsmitglied keinen Anspruch auf objektive Rechtmäßigkeit der Ratsbeschlüsse hat.

 

Normenkette

VwGO § 124a Abs. 4 S. 4, § 124 Abs. 2

 

Verfahrensgang

VG des Saarlandes (Urteil vom 14.07.2006; Aktenzeichen 11 K 311/05)

 

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 14. Juli 2006 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes – 11 K 311/05 – wird zurückgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu jeweils einem Drittel.

Der Streitwert wird für das Berufungszulassungsverfahren auf 60.000,– Euro festgesetzt.

 

Gründe

Dem nach den §§ 124 Abs. 1, 124 a Abs. 4 VwGO statthaften Antrag sämtlicher Kläger (vgl. Einleitung des Berufungszulassungsantrages vom 22.8.2006 und Ausführungen zum Umfang des Berufungszulassungsantrages auf Seite 4 der Antragsbegründung vom 22.9.2006 unter II.) auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil vom 14. Juli 2006, soweit das Verwaltungsgericht die Klagen hinsichtlich der Anträge abgewiesen hat,

I. 1) die Rechtswidrigkeit der Tagesordnungspunkte 2) bis 9) der Stadtratssitzung vom 16.12.2005 (Anlage 1) festzustellen,

2) die Rechtswidrigkeit der Verwaltungsvorlage vom 7.12.2005 festzustellen,

3) den Anspruch der Klägerin bezüglich der Zahl der Mitglieder der Klägerin in den einzelnen Ausschüssen und Beiräten festzustellen,

4) den Anspruch der Klägerin bezüglich der Zahl der Mitglieder der Klägerin in den Aufsichtsräten der Stadt A-Stadt festzustellen,

II. 1) die Rechtswidrigkeit der Beschlüsse zu den Tagesordnungspunkten 2) bis 9) der Stadtratssitzung vom 16.12.2005 festzustellen,

3) die Rechtswidrigkeit des Beschlusses zum Tagesordnungspunkt 11 festzustellen,

…,

kann nicht entsprochen werden.

Der Berufungszulassungsantrag der Klägerin zu 3), der FWG A-Stadt, erweist sich bereits als unzulässig, da er nicht in einer den Darlegungsanforderungen des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise begründet worden ist. Das Verwaltungsgericht hat die Abweisung der von der Klägerin zu 3) erhobenen Klage mit deren Unzulässigkeit begründet. Es hat ausgeführt, der Klägerin zu 3) fehle die – auch für eine Feststellungsklage im Kommunalverfassungsstreit erforderliche – Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO, da eine Beeinträchtigung eigener subjektiver Rechte der Wählergemeinschaft durch die Neubenennung von Ausschüssen, Beiräten, Aufsichtsräten und Unterzeichnern in der Sitzung des Stadtrates in der Kreisstadt Saarlouis vom 16.12.2005 von vornherein ausscheide. Gleiches gelte, soweit die Klageanträge bezüglich Tagesordnungspunkt 11 der Ratsitzung in Rede stünden (siehe Seite 10 des Urteilsabdrucks). Dieser – selbstständigen – Begründung des angefochtenen Urteils für die Abweisung der Klage der Klägerin zu 3) ist diese Klägerin nicht unter Geltendmachung und Darlegung von Berufungszulassungsgründen im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO entgegengetreten.

Ebenso wenig wie danach der Berufungszulassungsantrag der Klägerin zu 3) genügt auch derjenige der Klägerin zu 2) (FWG im Stadtrat,), der Darlegungspflicht des § 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat die Klage der Klägerin zu 2), soweit sie im erstinstanzlichen Verfahren auf die Feststellung des Fraktionsstatus abzielte (Antra...

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