Leitsatz (amtlich)

1. Von dem Erfordernis der vorherigen Streitschlichtung nach § 15a EGZPO, § 1 LSchlG Rheinland-Pfalz werden auch Zahlungsklagen erfasst, die sich aus einem Verstoß nachbarrechtliche Bestimmungen (hier: § 37 LNRG Rheinland-Pfalz, Ableitung des Niederschlagswassers) ergeben und ausschließlich auf Schadenersatz gerichtet sind.

2. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage wird die Revision zugelassen.

 

Normenkette

ZPOEG § 15a; SchlG RP § 1; BGB § 823; NachbG RP § 37

 

Verfahrensgang

LG Kaiserslautern (Urteil vom 13.12.2013; Aktenzeichen 3 O 447/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 19.02.2016; Aktenzeichen V ZR 96/15)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Kaiserslautern vom 13.12.2013, Az. 3 O 447/10, wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 20 % leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Kläger begehren von den Beklagten im Rahmen ihres nachbarrechtlichen Verhältnisses Schadensersatz.

Die Kläger sind Miteigentümer des Grundstücks in der S.-Straße in O.; die Beklagten sind Miteigentümer des Nachbargrundstücks in der T.-Straße, welches an der Ecke S.-Straße/T.-Straße gelegen ist und unter der Postanschrift U.-Straße geführt wird. Auf dem Grundstück der Kläger befindet sich an der Grenze zum Grundstück der Beklagten eine Garage; an diese grenzt das Wohnhaus der Beklagten an. In Verlängerung der Hauswand werden beide Grundstücke durch eine Mauer getrennt, welche im Bereich des Erdgeschosses gemauert und im Bereich des 1. Obergeschosses aus Glasbausteinen ausgebildet ist.

Die Regenrinne, die die Beklagten an ihrer Hauswand angebracht haben, war in der Vergangenheit undicht, und wurde von diesen erst nach mehrfachen Aufforderungen durch die Kläger erneuert.

Mit der vorliegenden Klage begehren die Kläger - nach übereinstimmender teilweiser Erledigungserklärung - noch die Zahlung eines Betrags von 1.376,56 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit. Wegen der defekten Regenrinne sei es zu Beschädigungen auch der Glasbausteinwand gekommen; die Kosten der Instandsetzung beliefen sich auf den geltend gemachten Betrag.

Das LG Kaiserslautern hatte am 13.8.2010 ein Versäumnisurteil erlassen; auf den rechtzeitig erhobenen Einspruch der Beklagten hat das LG mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands erster Instanz Bezug genommen wird, das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Klage sei unzulässig, weil die Parteien entgegen § 15a Abs. 1 Nr. 2 EGZPO i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 1 lit. e LSchlG Rheinland-Pfalz kein Schlichtungsverfahren durchgeführt haben. Diese Verpflichtung gelte auch hier, obwohl nur noch Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.

Mit ihrer Berufung begehren die Kläger die Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung an das erstinstanzliche Gericht. Im vorliegenden Fall sei kein vorausgehender Schlichtungsversuch erforderlich, weil das LSchlG nach dem Willen des Gesetzgebers für Schadensersatzansprüche nicht gelten solle.

Die Beklagten verteidigen die erstinstanzliche Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands des Berufungsverfahrens wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere Berufungsbegründung und -erwiderung Bezug genommen.

II. Die Berufung der Kläger ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet, §§ 517, 519, 520 ZPO.

In der Sache hat das Rechtsmittel keinen Erfolg. Zu Recht hat das LG die Klage als unzulässig abgewiesen, weil der zwingend vorgeschriebene Schlichtungsversuch nach dem LSchlG Rheinland-Pfalz nicht stattgefunden hat.

1. Nach §§ 15a Abs. 1 S. 1 EGZPO, 1 Abs. 1, 2 LSchlG RP ist, wenn die Parteien ihren Wohnsitz in Rheinland-Pfalz innerhalb desselben LGbezirks haben, die Erhebung einer Klage u.a. dann erst nach Durchführung eines Schlichtungsverfahrens zulässig, wenn es sich um nachbarrechtliche Streitigkeiten der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 LSchlG genannten Art handelt.

a. Eine Rechtsstreitigkeit über Ansprüche wegen im Nachbarrechtsgesetz geregelter Rechte ist gegeben, wenn dieses Gesetz Regelungen enthält, die für den Interessenkonflikt der Nachbarn im konkreten Fall von Bedeutung sind (BGH Urteil vom 22.10.2004 - V ZR 47/04 Rn 19 - juris). Denn erst durch die Zusammenschau aller gesetzlichen Regelungen des Nachbarrechts, das sich als Bundesrecht im BGB findet (§§ 906 ff BGB) und in den Rechtsvorschriften der landesrechtlichen Nachbargesetze enthalten ist, werden Inhalt und Schranken der Eigentümerstellung bestimmt. Nur in dem hiernach gegebenen Rahmen kann ein E...

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