Nachgehend

BGH (Urteil vom 05.04.2018; Aktenzeichen III ZR 211/17)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Rottweil vom 08.02.2017, Az. 6 O 70/16, abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.942,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.11.2016 zu bezahlen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung zurückgewiesen.

3. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits - mit Ausnahme der Kosten des ursprünglichen Beklagten, die die Klägerin gemäß Beschluss des Landgerichts Rottweil vom 08.02.2017 trägt - zu tragen. Die durch die Nebenintervention veranlassten Kosten hat der Streithelfer zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 4.942,80 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin und Berufungsklägerin (im Folgenden nur noch: Klägerin) fordert von dem Beklagten und Berufungsbeklagten (im Folgenden nur noch: Beklagter) aus übergegangenem Recht Schadensersatz wegen einer behaupteten Amtspflichtverletzung.

1. Herr K. ist Halter eines Motorrads, für das die Kfz-Zulassungsbehörde beim Landratsamt Tuttlingen im Februar 2013 das amtliche Saisonkennzeichen TW..., Saison 04/10, zuließ. Der Streithelfer ist ebenfalls Halter eines Motorrads. Für dieses ließ die Kfz-Zulassungsbehörde beim Landratsamt Tuttlingen im Mai 2014 das amtliche Kennzeichen WT..., Saison 3/10, zu. Das Kennzeichen wurde dabei im System der Zulassungsstelle korrekt erfasst und Fahrzeugbrief und Fahrzeugschein wurden mit diesem Kennzeichen bedruckt. Als für den Streithelfer des Beklagten ein Kennzeichenschild mit einer Zulassungsplakette versehen wurde, war Frau W., Angestellte im öffentlichen Dienst, angestellt beim Beklagten, zuständig und tätig. An dem Motorrad des Streithelfers wurde in der Folgezeit ein Kennzeichenschild TW... (ohne Saisonbefristung) angebracht, auf dem sich eine Zulassungsplakette befand.

Am 04.06.2015 wurde ein Motorrad mit dem Kennzeichen TW... wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung (von 14 km/h) in Österreich geblitzt. Nachdem der Beklagte den österreichischen Behörden mitgeteilt hatte, dass Halter des Motorrads mit dem Kennzeichen TW... Herr K. ist, wurde gegen diesen ein Bußgeldverfahren durchgeführt. In diesem wurde zunächst, da die österreichischen Behörden der Auskunft des Herrn K., sein Motorrad habe zum Zeitpunkt der Geschwindigkeitsüberschreitung in der verschlossenen Garage gestanden, keinen Glauben schenkten, sondern diese als Verweigerung einer Auskunft bewerteten, am 19.10.2015 eine Strafverfügung durch die Bezirkshauptmannschaft I. erlassen und eine Geldbuße in Höhe von 65 EUR gegen Herrn K. verhängt. Hiergegen legte Herr K. - erfolglos - Einspruch durch den österreichischen Rechtsanwalt Dr. F. ein, der mit seiner Verteidigung beauftragt war. Stattdessen erging in weiterer Folge am 17.02.2016 ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft I. (in dessen Begründung auf das Verteidigungsvorbringen des Herrn K., ausweislich der gefertigten Lichtbilder könne es sich aufgrund des Fahrzeugtyps bei dem geblitzten Motorrad nicht um seines handeln, nicht eingegangen wurde). Der gegen diese Entscheidung eingelegten Beschwerde gab das Landesverwaltungsgericht Tirol nach mündlicher Verhandlung vom 14.04.2016 am 09.05.2016 statt, "behob" das angefochtene Straferkenntnis und stellte das Verwaltungsstrafverfahren ein (Anlage K 1, Bl. 31).

Rechtsanwalt Dr. F. berechnete gegenüber der Klägerin mit Rechnung vom 15.04.2016 einen Betrag in Höhe von 4.942,80 EUR. Mit Schreiben des Klägervertreters vom 23.05.2016 wurde das Land Baden-Württemberg zur Erstattung der klägerischen Aufwendungen bis zum 15.06.2016 aufgefordert.

Die Klägerin hat behauptet,

Herr K. sei ihr Versicherungsnehmer, weshalb nach Ausgleich der Rechtsanwaltsrechnung des Dr. F. der Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung auf sie übergegangen sei. Eine Amtspflichtverletzung sei darin zu sehen, dass der Beklagte bei der Abstempelung des Kennzeichens für das Motorrad des Streithelfers übersehen habe, dass es sich um ein falsches Kennzeichen (nämlich eins mit Buchstabendreher) gehandelt habe. Der zuständige Mitarbeiter des Beklagten hätte bei der Anbringung des Siegels/Stempels auf dem Kennzeichen des Streithelfers bemerken müssen, dass bei diesem zudem die Saisonbefristung gefehlt habe. Selbst wenn dem Schilderpräger ein Fehler unterlaufen sei, hätte dies bei der abschließenden Bearbeitung durch den Mitarbeiter des Beklagten bemerkt und gerügt werden müssen.

Zudem habe der Beklagte im Rahmen der Meldung an die österreichischen Behörden beachten müssen, dass dem Herrn K. ein...

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