Leitsatz (amtlich)

Eine bezifferte verdeckte Teilklage hemmt die Verjährung grundsätzlich nur im beantragten Umfang. Später nachgeschobene Mehrforderungen, die nicht auf einer Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse beruhen, sind verjährungsrechtlich gesondert zu behandeln. Dies gilt auch bei einer anderen Beurteilung des Invaliditätsgrads durch einen Sachverständigen im Verlauf des Rechtsstreits. (im Anschluss an BGH, Urt. v. 2.5.2002 - III ZR 135/01, NJW 2002, 2167 und OLG Hamm, Beschl. v. 5.3.2006 - 20 U 236/05, VersR 2006, 1527; abweichend OLG Nürnberg, Urt. v. 21.3.2002 - 8 U 2788/01, VersR 2003, 846)

 

Verfahrensgang

LG Rottweil (Urteil vom 15.02.2007; Aktenzeichen 3 O 361/06)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.03.2009; Aktenzeichen IV ZR 224/07)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des LG Rottweil vom 15.2.2007 - 3 O 361/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

3. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrages zzgl. eines Aufschlags von 10 % abzuwenden, wenn nicht die Beklagte ihrerseits vor Vollstreckung Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages zzgl. eines Aufschlags von 10 % leistet.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 90.038,50 EUR.

 

Gründe

A. Der Kläger begehrt aufgrund eines Unfalls vom 18.7.1999 von der Beklagten weitere Leistungen aus einer Unfallversicherung. Bei dem Unfall zog sich der Kläger ein stumpfes Thoraxtrauma mit Rippenserienfraktur links 3 bis 7 und Hämatothorax links zu.

Aufgrund einer von der Beklagten eingeholten ärztlichen Stellungnahme von Dr. B. vom 20.11.2001 (Anlagen K. 9 und K. 10 - Bl. 39, 43 d.A.), in welcher einer dauerhafte Invalidität von 20 % attestiert wurde, leistete die Beklagte am 22.1.2002 als Vorauszahlung unter dem Vorbehalt der Rückforderung 29.297,03 EUR.

Eine weitere von der Beklagten in Auftrag gegebene Begutachtung von Dr. Be. (Facharzt für Orthopädie) vom 2.7.2002 (Anlage B 1 - Bl. 75 ff. d.A.) kam zu dem Ergebnis, dass die beim Kläger festgestellte Bewegungseinschränkung des Brustkorbs und der Lendenwirbelsäule nicht unfallbedingt seien. Daraufhin lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 19.8.2002 weitere Leistungen unter Hinweis auf § 12 Abs. 3 VVG ab und forderte den Kläger zur Rückzahlung der bereits geleisteten Vorauszahlung auf. In der Folgezeit bot die Beklagte dem Kläger an, sich mit einer Rückzahlung i.H.v. 10.000 EUR zu begnügen und auf die weiteren 19.297,03 EUR zu verzichten. Der Kläger hat dieses Angebot mit Schreiben vom 28.1.2003 abgelehnt.

Er erhob daraufhin am 12.2.2003 Zahlungsklage vor dem LG Heilbronn (4 O 21/03) mit einer Hauptforderung i.H.v. 30.103 EUR, gestützt auf einen angenommenen Invaliditätsgrad von 20 % entsprechend dem Gutachten von Dr. B. Bis auf einen Teilbetrag i.H.v. 215,80 EUR hat das LG Heilbronn die Klage abgewiesen. Das LG ist bei seiner Entscheidung von einer unfallbedingten Invalidität i.H.v. 10 % ausgegangen. Es hat sich auf ein lungenfachärztliches Gutachten von Frau Dr. Sch. gestützt, in welchem eine Belastungsdyspnoe und eine restriktive Ventilationsstörung festgestellt wurden welche zu einer 30 %-igen Invalidität führten, wobei ein Anteil von 20 % auf das beim Kläger vorliegende Übergewicht zurückzuführen sei.

Auf die Berufung des Klägers hat das OLG Stuttgart (7 U 168/04) das erstinstanzliche Urteil dahingehend abgeändert, dass die Beklagte zur Zahlung von 30.728,64 EUR verurteilt wurde. Der Senat ging nach Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. M.-Q. und Dr. Br. von einem unfallbedingten Invaliditätsgrad von jedenfalls 20 % aus. Im schriftlichen Gutachten haben die genannten Sachverständigen u.a. ausgeführt, dass der bei dem Kläger vorliegende Invaliditätsgrad am 18.7.2002 - drei Jahre nach dem Unfall - mindestens 50 % betragen haben müsse (vgl. dazu Anlage K. 4 - Bl. 45, 56 d.A.).

Nachdem die Beklagte über das Urteil des OLG vom 23.3.2006 hinausgehende Zahlungsansprüche mit Schreiben vom 1.9.2006 abgelehnt hat, macht der Kläger mit der vorliegenden Klage eine weitere Invaliditätsleistung aus dem Unfall vom 18.7.1999 i.H.v. 90.038,50 EUR - zusätzliche 30 % Invaliditätsleistung - geltend. Die am 29.9.2006 eingegangene Klage wurde am 6.10.2006 zugestellt.

Die Beklagte hat eingewandt, dass eine über einen Invaliditätsgrad von 20 % hinausgehende Invalidität nicht vorliege. Im Übrigen sei die Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG nicht eingehalten und der Anspruch verjährt.

Der Kläger hat entgegnet, dass die vom LG Heilbronn erhobene, erste Klage die Verjährung auch für einen erst später erkannten und festgestellten höheren Invaliditätsgrad hemme.

Das LG hat die Klage abgewiesen, weil der Anspruch verjährt sei. Durch die Klageerhebung im vorausgehenden Verfahren beim LG Heilbronn sei eine Hemmung der Verjährung für Invaliditätsansprüche aus dem Unfall vom 18.7.1999 nur i...

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