Leitsatz (amtlich)

Zu den Kriterien für die Übertragung des Rechts auf Schulwahl auf einen Elternteil allein.

 

Normenkette

BGB § 1628

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Kindesmutter wird der Beschluss des Amtsgerichts Greifswald - Familiengericht - vom 09.08.2018, Az.: 64 F 122/18, geändert.

Der Kindesmutter wird unter Abweisung des Antrags des Kindesvaters das Recht der Schulanmeldung und der Entscheidung des Schulbesuchs des Kindes T., geb. am ..., übertragen.

Die Gerichtskosten des Verfahrens tragen die Kindeseltern je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Der Kindesmutter wird für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin Dr. B. bewilligt.

 

Gründe

I. Die Kindeseltern streiten um die Entscheidungsbefugnis über den Besuch einer bestimmten Schule (damals Einschulung) des gemeinsamen Kindes T., geb. am .... Sie üben für das Kind T. sowie für ihr gemeinsames Kind Te., geb. am ..., die elterliche Sorge gemeinsam aus. In einem Verfahren vor dem Amtsgericht Greifswald, Az.: 2 F 155/15, haben sie sich über den Umgang verständigt. Aufgrund eines Antrags des Kindesvaters vom 01.02.2018, Az.: 64 F 26/18, wird erneut über den Umgang, insbesondere zur Frage des Wechselmodells, gestritten. Die Kindesmutter lebt mit den Kindern in P. bei L., der Kindesvater in G.. Bei ihm lebt im Rahmen eines "Probewechselmodells" auch zeitweise das Kind Te.

Für das Kind T. stand zum Sommer 2018 die Einschulung an. Die Kindeseltern haben sich nicht darauf einigen können, welche Grundschule T. besuchen soll. Welche Auffassung die Beteiligten jeweils vertreten haben, ist dem erstinstanzlichen Beschluss zu entnehmen, mit dem das Familiengericht dem Kindesvater das Recht der Schulanmeldung und der Entscheidung des Schulbesuchs des Kindes T. übertragen hat. Auf die erstinstanzlich getroffenen Feststellungen und Entscheidungsgründe nimmt der Senat Bezug, Bl. 80-87 d. A..

Gegen den Beschluss wendet sich die Kindesmutter unter Fortsetzung ihres erstinstanzlichen Begehrens. Sie ist der Auffassung, der Wunsch des Kindes T., weiter in ihrem Haushalt zu leben, sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Wenn das Familiengericht die Auffassung vertrete, dass sich die Geschwisterbindung zwischen T. und ihrem Bruder verstärke, wenn sie beide die gleiche Schule besuchen, sei dies nicht notwendig, weil eine ausgesprochen enge geschwisterliche Bindung bereits bestehe und auch die probeweise Ausübung des Wechselmodells für das Kind Te. dieser Geschwisterbindung keinen Abbruch tue. Zudem gebe es in der Schulroutine nur wenig tägliche Berührungspunkte der beiden Kinder.

Tatsache sei aber, dass für T. der Besuch der Martinschule ein Pendeln mit einem täglichen Fahrtweg von 86 km bzw. 90 Minuten zwischen P. und G. zur Folge habe. Das sei für ein Grundschulkind unangemessen, insbesondere auch aufgrund der frühen Aufstehzeit um 05.30 Uhr und der langen Zeit bis zur Rückkehr gegen 17.30 Uhr. Hierbei sei auch nicht relevant, dass T. durch den Besuch des Kindergartens in Gu. an lange Fahrzeiten gewöhnt gewesen sei. Für die Tochter müsse bei dem Schritt in die Schulzeit Unterstützung geleistet werden und diese auch entlastend wirken.

Insbesondere sei nicht richtig, dass sie als Kindesmutter aufgrund ihrer Tätigkeit an der Martinschule sowieso jeden Tag nach Greifswald fahre. Sie sichere zwar die langen Fahrten für beide Kinder ab, sei jedoch an der Schule nicht mehr tätig und könne auch aus gesundheitlichen Gründen Autofahrten nicht leisten, sodass sie die Kinder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule begleite. Die Organisation eines Schülertransports für die Kinder bedeute, dass die Fahrt zur Schule mit den Schulbussen um 06:15 Uhr ab P. starte und mit zweimaligem Umsteigen verbunden sei, was für die 6-jährige T. kaum zumutbar sei. Auch müsse sie für die Fahrtkosten von 104,00 EUR monatlich selbst aufkommen, weil T. nicht die regulär zuständige Schule am Wohnort besuche.

In der Verhandlung vom 03.07.2018 vor dem Familiengericht sei deutlich geworden, dass es dem Kindesvater weniger um die Frage der Schulwahl als vielmehr um die Ausdehnung des Umgangs mit seinen Kindern gehe. Das Festhalten des Kindesvaters an einem Wechselmodell auch für T. lasse kein Bemühen um Lösungen erkennen, die im Sinne des Kindes wären. Die mangelnde Kooperation bei ganz essentiellen Dingen, die die Kinder unmittelbar betreffen, zeige, dass ein Wechselmodell mit dem Kindesvater grundsätzlicher Voraussetzungen entbehre. Er habe beispielsweise nicht das entsprechende Formular zur Hortbetreuung in der Schule abgegeben. Ebenso habe er das Formular Nothilfe-Info für T. nur mit seinen Daten abgegeben, ohne das Formular an sie als Mutter weiterzuleiten, um auch ihre Kontaktdaten eintragen zu können. Gespräche zwischen ihnen als Eltern gebe es nur unter Vermittlung Dritter, wie z.B. des Verfahrensbeistandes.

Entgegen der Auffassung des Familiengerichts wünsche sich T. ...

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