Verfahrensgang

LG Oldenburg (Urteil vom 15.12.2005; Aktenzeichen 13 O 108/04)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 27.02.2008; Aktenzeichen IV ZR 270/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15.12.2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 13. Zivilkammer des LG Oldenburg geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 10.000 EUR abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

 

Gründe

I. Wegen des Tatbestands wird auf das angefochtene Urteil verwiesen. Das LG hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme unter Abweisung der Klage im Übrigen

1. festgestellt, dass die Berufsunfähigkeitszusatzversicherung zur Lebensversicherung Nr. ... des Klägers nicht durch Rücktritt oder Anfechtung seitens der Beklagten durch Schreiben vom 11.9.2003 beendet worden sei, sondern fortbesteht,

2. die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab dem 1.12.2003 die in der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung vereinbarte Rente i.H.v. monatlich 613,50 EUR sowie weitere 2.454 EUR sowie 153,36 EUR zu zahlen,

3. die Beklagte verurteilt, die Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. ... ab dem 1.12.2003 beitragsfrei zu stellen.

Mit der Berufung erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage insgesamt während der Kläger die Zurückweisung der Berufung begehrt.

II. Die Berufung ist begründet.

Der Kläger hat keine Ansprüche aus der Berufsunfähigkeitszusatzversicherung Nr. ..., weil die Beklagte den Vertrag mit Schreiben vom 11.9.2003 wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten hat.

Die Voraussetzungen einer Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sind erfüllt, wenn ein Versicherungsnehmer ggü. dem Versicherer wissentlich falsche Angaben macht oder gefahrerhebliche Umstände verschweigt und dabei zumindest billigend in Kauf nimmt, dass der Versicherer sich eine unzutreffende Vorstellung über das Risiko bildet und dadurch in seiner Entscheidung über den Abschluss des Versicherungsvertrages beeinflusst werden kann (vgl. BGH, VersR 2004, 1297).

Vorliegend ist aufgrund der Aussagen der Zeugin M. vom 8.10.2004 und 29.9.2005 vor dem LG davon auszugehen, dass der Kläger dem Versicherungsagenten F. seine Vorerkrankungen, insbesondere soweit sie sein linkes Knie und seinen Rücken betreffen, nicht verschwiegen hat. Er hat vielmehr auf die bei Antragstellung nicht mehr akut vorhandenen Rückenbeschwerden und auf die gegenwärtigen Kniebeschwerden ausdrücklich hingewiesen, und der Versicherungsagent F. hat diese Hinweise als unerheblich bezeichnet und die ihm dazu erteilten Informationen nicht in den Antrag eingetragen.

Das ihr günstige Ergebnis einer Beweisaufnahme macht sich eine Partei zu eigen (vgl. BGH VersR 2001, 1541); die Beklagte kann sich daher auf die Bekundungen der Zeugin M. stützen.

Die Zeugin M., Ehefrau des Klägers, hat im Termin am 8.10.2004 bekundet, der Kläger habe u.a. auf eine frühere Kniespiegelung hingewiesen und auch darauf, dass das Knie "noch nicht viel besser geworden" sei (Bd. I, Bl. 81). Der Zeuge F. habe hierzu erklärt, dass die angegebenen Erkrankungen nichts mit einer Berufsunfähigkeit zu tun hätten.

Im Termin am 29.9.2005 vor dem LG (Bd. I, Bl. 264) hat die Zeugin M. bekundet, der Kläger und sie selbst hätten "angegeben, was mit dem Kläger ist." Weiter heißt es dann: "Auch, dass schon eine Kniespiegelung gemacht worden ist, und dass das Knie auch nicht in Ordnung war. Es war eigentlich gar nicht in Ordnung. F. sagte dann, das hat nichts mit BU zu tun. Da bin ich mir ganz sicher."

Es steht daher fest, dass der Kläger bereits bei Antragstellung unter einem gegenwärtigen krankhaften Zustand des linken Knies litt, auf diesen sowie auf eine frühere Rückenerkrankung hinwies, und dass der Agent der Beklagten einerseits eine Bagatelle, nämlich einen grippalen Infekt in das Antragsformular eintrug, und andererseits einen bestehenden krankhaften Zustand des Knies wie auch frühere Rückenbeschwerden des Klägers als für die angestrebte Berufsunfähigkeitszusatzversicherung unerheblich bezeichnet hat.

Wenn bei der Beantragung einer Versicherung ein Versicherungsagent das Antragsformular ausfüllt, kommt der Versicherungsnehmer in der Regel allerdings seinen Informationspflichten dadurch ausreichend nach, dass er ihm bekanntgegebene Gesundheitsfragen zutreffend beantwortet. Wenn dann der Versicherungsagent Informationen über frühere oder gegenwärtige Erkrankungen mit dem Bemerken nicht in den Antrag aufnimmt, sie seien für die angestrebte Versicherung unerheblich, hat der Versicherungsnehmer jedenfalls nicht in jedem Fall Anlass, an den Erklärungen des Agenten zu zweifeln.

Eine arglistige Täuschung kommt jedoch dann in Betracht, wenn Versicherungsnehmer und Versicherungsagent zu Lasten des Versicherers zusammengewirkt haben oder wenn der Agent von seiner Vertretungsmacht dergestalt in verdächtiger Weise Gebrauch macht, dass bei dem Versicherungsnehmer begründ...

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