Leitsatz (amtlich)

1. Mit einem Handelsvertreter, der seine Tätigkeit außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraumes auszuüben hat, kann bei Anwendbarkeit deutschen Rechts der Ausgleichsanspruch auch dann wirksam abbedungen werden, wenn das nationale Recht des Landes, in dem er tätig sein soll, einen Ausgleichsanspruch vorschreibt.

2. Eine formularvertragliche Vereinbarung dieses Inhalts verstößt auch nicht gegen § 9 AGBG.

3. Begleitet der Handelsvertreter seine außereuropäischen Kunden im Einverständnis des Unternehmers zu dessen Stammsitz innerhalb des Gebietes des Europäischen Wirtschaftsraums, so schließt das die Anwendbarkeit des § 92c Abs. 1 HGB nicht aus.

 

Normenkette

HGB §§ 89b, 92c Abs. 1; AGBG § 9

 

Verfahrensgang

LG München I (Aktenzeichen 15 HKO 24676/00)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des LG München I vom 7.5.2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung i.H.v. 35.000 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Der Wert der Beschwer beträgt mehr als 60.000 DM.

 

Tatbestand

Der Kläger macht einen Handelsvertreterausgleichsanspruch geltend.

Er ist Luftfahrttechniker und seit 1992 für den beklagten Flugzeughersteller in Ko. und Ve. tätig. Grundlage seiner Handelsvertretertätigkeit in Ko. ist der in englischer Sprache abgefasste Vertrag vom 31.7.1992 (Agency Agreement – Anl. K 1). In Punkt 7 ist dort geregelt, dass der Kläger keine Ansprüche im Zusammenhang mit der Beendigung des Vertrages habe. Punkt 15 regelt, dass deutsches Recht anwendbar sei, nicht aber zwingende Regelungen zu Gunsten in Deutschland residierender Agenten – wie etwa Art. 89b HGB. Nach Punkt 16 wollen die Parteien im Fall von Auseinandersetzungen eine freundschaftliche Erledigung suchen. Der zeitlich bis 31.12.1993 befristete Vertrag wurde wiederholt durch sog. Amendements verlängert; die letzte unstreitig wirksame Verlängerung erfolgte bis zum 31.12.1998.

Der Kläger hat vorgetragen, dass mit Amendement Nr. 9 sein Vertrag bis zum 31.12.1999 verlängert worden sei (Anl. K 17 zu Bl. 1–29 und Bl. 128–144 d.A.). Im Laufe seiner Tätigkeit sei es zu einer mündlich vereinbarten Vertragsänderung dahin gehend gekommen, dass er auch in Deutschland habe tätig werden sollen. Auf Bitten der Beklagten habe er Delegationen des kolumbianischen Kunden zur Unterstützung von Vertragsverhandlungen und Werksbesichtigungen nach … begleitet.

Er hat die Auffassung vertreten, der Ausschluss des Handelsvertreterausgleichsanspruchs im Vertrag vom 31.7.1992 sei nicht wirksam oder jedenfalls nachträglich unwirksam geworden. Da das Recht Ko. ebenfalls einen zwingenden Ausgleichsanspruch vorsehe, sei § 92c Abs. 1 HGB bei der gebotenen einschränkenden Auslegung nicht anwendbar. Der Ausschluss des Ausgleichsanspruchs verstoße jedenfalls gegen § 9 AGBG. Seit der geschilderten Vertragsänderung seien die Voraussetzungen des § 92c Abs. 1 HGB nicht mehr gegeben, weil sich sein Tätigkeitsgebiet auch auf Deutschland erstreckt habe.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 650.941,22 USD zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, die Klage sei schon unzulässig, da der Kläger den vertraglich vorgesehenen Schlichtungsversuch unterlassen habe. Die Klage sei aber auch nicht begründet. Der vertragliche Ausschluss eines Handelsvertreterausgleichsanspruchs sei wirksam vereinbart und auch nicht nachträglich unwirksam geworden. Eine vertragliche Ausdehnung des Vertragsgebietes habe nicht stattgefunden. Der Kläger habe auch einen etwaigen Ausgleichsanspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht, da das Vertragsverhältnis bereits zum 31.12.1998 beendet worden sei. Der Unterzeichner des Amendements Nr. 9 sei allein nicht vertretungsberechtigt gewesen. Schließlich habe der Kläger die Voraussetzungen eines Ausgleichsanspruchs nach § 89b HGB weder dargetan noch nachvollziehbar berechnet. Weder habe die Beklagte Vorteile aus der Handelsvertretertätigkeit des Klägers zu erwarten noch der Kläger Einnahmeverluste durch Beendigung des Vertrages. Nachfolgegeschäfte mit dem einzigen vom Kläger in Ko. geworbenen Kunden seien nicht zu erwarten, erst recht nicht mit den nach dem Handelsvertretervertrag allein betroffenen Flugzeugtypen.

Mit Endurteil vom 7.5.2001 hat das LG München I die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig. Den vertraglich vorausgesetzten Schlichtungsversuch habe der Kläger unternommen. Ein förmliches Verfahren sei dafür nicht festgelegt worden. Mehr als die vorgetragenen Gesprächsversuche habe der Kläger nicht unternehmen müssen, nachdem die Beklagte einen Anspruch auf Ausgleich mit Schreiben vom 30.11.2000 (Anl. K 10) definitiv abgelehnt habe. Die Klage sei jedoch nicht begründet, da von einem wirksamen vertraglich vereinbarten Ausschluss des Handelsvertreterausglei...

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