Leitsatz (amtlich)

Mehrere Nießbraucher können nicht "als Mitberechtigte gemäß § 432 BGB" in das Grundbuch eingetragen werden.

 

Normenkette

BGB §§ 428, 432, 1030; GBO § 47

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Entscheidung vom 02.04.2009; Aktenzeichen 13 T 289/09)

AG Pfaffenhofen a.d. Ilm

 

Tenor

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 bis 4 gegen den Beschluss des Landgerichts Ingolstadt vom 2. April 2009 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1 und 2 als Miteigentümer je zur Hälfte veräußerten mit notariellem Vertrag vom 23.12.2008 im Wege der Schenkung ihr mit einem Einfamilienhaus bebautes Grundstück an die Beteiligten zu 3 und 4. Gleichzeitig behielten sich die Veräußerer auf Lebensdauer den Nießbrauch am Vertragsgrundbesitz vor. Hinsichtlich der Ausgestaltung des Nießbrauchs wurde u.a. Folgendes vereinbart:

Mehrere Nießbraucher sind Mitberechtigte gemäß § 432 BGB mit der Maßgabe, dass nach dem Ableben eines Berechtigten der Nießbrauch dem Überlebenden allein und ungeschmälert zusteht.

Auf den Eintragungsantrag des beurkundenden Notars hat das Grundbuchamt am 10.2.2009 im Wege der Zwischenverfügung unter Fristsetzung beanstandet, dass die Eintragung eines Nießbrauchsrechts für mehrere Personen als Mitberechtigte gemäß § 432 BGB nicht möglich sei. In Betracht komme ein Berechtigungsverhältnis gemäß § 428 BGB oder ein Anteilsverhältnis in Bruchteilen zu je 1/2. Der Beschwerde des Notars hat das Amtsgericht am 19.2.2009 nicht abgeholfen. Das Landgericht hat das Rechtsmittel mit Beschluss vom 2.4.2009 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Notars.

II. Die weitere Beschwerde ist nach §§ 78, 80 Abs. 1 und 3 GBO statthaft und zulässig.

Antrag wie Beschwerde und weitere Beschwerde sind ersichtlich im Namen sämtlicher Antragsberechtigter, nämlich der an der hiesigen Beurkundung Beteiligten, gestellt bzw. eingelegt (vgl. Demharter GBO 26. Aufl. § 15 Rn. 20, § 80 Rn. 7).

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Solle ein Recht für mehrere gemeinschaftlich eingetragen werden, so müsse nach § 47 GBO die Eintragung in der Weise vorgenommen werden, dass entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen angegeben würden oder das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis bezeichnet werde. Hier sei zwar eine entsprechende Angabe gemacht; das gewählte Gemeinschaftsverhältnis sei indessen unzulässig.

Eine Gläubigermehrheit nach § 432 BGB gebe es nur bei unmittelbaren (gemeint: unteilbaren) Leistungen. Der Nießbrauch sei hingegen grundsätzlich ein teilbares Recht, das demzufolge auch nach Bruchteilen bestellt werden könne. Im Übrigen ständen die Rechtsfolgen des § 432 BGB im Widerspruch zu dem Willen der Vertragsbeteiligten, dass das Nießbrauchsrecht der Gesamtberechtigten von vornherein jedem der Ehegatten unabhängig von der Lebensdauer des anderen Ehegatten zustehen und bei dessen Tod fortbestehen solle.

Die von der Beschwerde herangezogene Rechtsprechung und Literatur führe zu keinem anderen Ergebnis. Grundsätzlich sei ein Gemeinschaftsverhältnis gemäß § 432 BGB grundbuchrechtlich zulässig, unzulässig sei es allerdings beim Nießbrauch. Dass ein derartiges Gemeinschaftsverhältnis für andere Rechte anerkannt sei, lasse keine Rückschlüsse auf die Anwendbarkeit hier zu. Praktikabilitätserwägungen reichten nicht aus, rechtsdogmatisch begründete Ansichten aufzugeben.

2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand.

a) Mit einer Zwischenverfügung kann die fehlerhafte Bezeichnung eines Gemeinschaftsverhältnisses im Sinne von § 47 GBO beanstandet werden (Senat vom 16.2.2009, 34 Wx 095/08 = OLG-Report 2009, 270).

b) Der Senat teilt die Auffassung von Grundbuchamt und Landgericht, wonach bei der Nießbrauchsbestellung die Vereinbarung einer Mitgläubigerschaft nach § 432 BGB nicht in Frage kommt.

(1) Soll ein Recht für mehrere gemeinschaftlich eingetragen werden, so soll die Eintragung in der Weise erfolgen, dass entweder die Anteile der Berechtigten in Bruchteilen angegeben werden oder das für die Gemeinschaft maßgebende Rechtsverhältnis bezeichnet wird (§ 47 GBO). Die Vorschrift dient der Bestimmtheit, Klarheit und Rechtssicherheit im Grundbuchverkehr. Da die Verfügungsbefugnis der einzelnen Beteiligten bei den unterschiedlichen Arten von Gemeinschaften verschieden ist, verlangt es der Bestimmtheitsgrundsatz, dass sich Art und Inhalt des Gemeinschaftsverhältnisses aus der Eintragung ergeben (BGH NJW 1997, 3235 m.w.N.; Senat vom 16.2.2009, 34 Wx 095/08 = OLG-Report 2009, 270). Die Eintragung soll, jedenfalls auch, über das eingetragene Recht die Verfügungsbefugnis des einzelnen Mitberechtigten kennzeichnen und aus dem Grundbuch ersichtlich machen (Meikel/Böhringer GBO 10. Aufl. § 47 Rn. 1; Wegmann in Bauer/v. Oefele GBO 2. Aufl. § 47 Rn. 8; Hügel/Reetz GBO § 47 Anm. 1).

(2) Nach überwiegender Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist § 47 GBO Genüge getan, wenn mehrere Berechtigte "als Mitberechtigte nach § 432" oder "als Gesamtberechtigte nach § 432" eines Rechts eingetragen werden (BGHZ 46, 253; ähnlich wohl B...

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