Leitsatz (amtlich)

Der Begriff der Kennzeichenstreitsache in § 140 Abs. 1, Abs. 3 MarkenG ist weit auszulegen. Dazu zählen auch Ansprüche aus der Nichterfüllung eines Vertragsstrafeversprechens, das zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr für einen geltend gemachten kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruch abgegeben wurde; bei der Vertragsstrafenklage handelt es sich in derartigen Fällen um die Fortsetzung einer kennzeichenrechtlichen Streitigkeit (Abweichung von OLG München v. 29.4.1997 - 11 W 1854/97 und v. 4.4.1990 - 11 W 758/90).

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 23.02.2004; Aktenzeichen 33 O 13705/02)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluss des LG München I vom 23.2.2004 - 33 O 13705/02 aufgehoben.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert wird auf 439,40 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin, eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden, hat in der Berufungsinstanz gegen die Beklagte, eine Warenhausgesellschaft, aus abgetretenem Recht einen Vertragsstrafeanspruch aus einem am 22.10.1991 vor dem OLG Frankfurt am Main geschlossenen Vergleich (Anlage K 4) geltend gemacht, den seinerzeit die C.S.A. sowie die C. GmbH als Klägerinnen und die H.W.- und K. GmbH sowie M.B. als Beklagte geschlossen haben. Das LG hat die Klage mit Urteil vom 21.1.2003 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil hat der Senat mit Urteil vom 26.6.2003 zurückgewiesen. Auf die genannten Urteile wird Bezug genommen.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.1.2004 hat das LG die von der Klägerin an die Beklagte nach dem vorläufig vollstreckbaren Endurteil des OLG München vom 26.6.2003 - 29 U 2142/03 zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 1.777,60 Euro mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verzinslich seit 8.7.2003 festgesetzt.

Der Beschwerde der Klagepartei gegen diesen Beschluss hat das LG mit Beschluss vom 23.2.2004 abgeholfen. Das LG hat den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 5.1.2004 dahingehend abgeändert, dass die Klägerin an die Beklagte 439,40 Euro weniger, insgesamt daher nur 1.338,20 Euro zu erstatten hat. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, nach der bisherigen Rechtsprechung des OLG München (OLG München, Beschl. v. 4.7.1997 - 11 W 1854/97) werde bei Forderungen aus Vertragsstrafe eine Ausnahme von der entbehrlichen Notwendigkeitsprüfung in Markensachen gemacht; auf die Frage, ob es sich um eine Markensache handele, komme es daher nicht an. Zur Feststellung, ob in dem Verkaufsgespräch am 24.9.2001 die klägerische Marke verletzt worden sei und hierbei eine Verletzung vorliege, die unter die Unterlassungserklärung falle, habe der Senat die Zeugeneinvernahme des Herrn K. angeordnet. Trotz mehrmaliger Aufforderung habe die Beklagte bisher für die II. Instanz eine Notwendigkeit der Mitwirkung des Patentanwalts nicht glaubhaft vorgetragen, sondern ausschließlich argumentiert, eine Notwendigkeitsprüfung sei entbehrlich.

Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 1.3.2004 sofortige Beschwerde eingelegt, der das LG mit Beschluss vom 4.3.2004 nicht abgeholfen hat.

Die Klägerin ist der Auffassung, dass im vorliegenden Verfahren in der Berufungsinstanz ausschließlich um vertragliche Ansprüche gestritten worden sei, welche ausschließlich auf vorangegangenen Wettbewerbsverletzungen beruhten; in Wettbewerbssachen sei der Patentanwalt nicht zur Mitwirkung berufen.

II. Der Senat ist zur Entscheidung berufen, weil ihm der Einzelrichter das Verfahren nach § 568 S. 2 ZPO übertragen hat.

III. Die sofortige Beschwerde der Beklagten vom 1.3.2004 ist zulässig (§ 567 Abs. 1 Nr. 1, § 569, § 104 Abs. 3 ZPO) und begründet.

Der Begriff der Kennzeichenstreitsache in § 140 Abs. 1, Abs. 3 MarkenG ist weit auszulegen (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl., § 140 Rz. 5; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 140 Rz. 6). Dazu zählen auch Ansprüche aus der Nichterfüllung eines Vertragsstrafeversprechens, das zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr für einen geltend gemachten kennzeichenrechtlichen Unterlassungsanspruch abgegeben wurde (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl., § 140 Rz. 7; Fezer, MarkenG, 3. Aufl., § 140, Rz. 3; OLG Karlsruhe, Urt. v. 14.8.1996 - 6 U 15/96, ZLR 1997, 181, in juris dokumentiert; OLG Düsseldorf v. 21.3.1984 - 2 W 37/84, GRUR 1984, 650 [651] - Vertragsstrafenklage [zum Begriff der Gebrauchsmusterstreitsache]); bei der Vertragsstrafenklage handelt es sich in derartigen Fällen um die Fortsetzung einer kennzeichenrechtlichen Streitigkeit. Soweit in den Beschlüssen des OLG München v. 29.4.1997 - 11 W 1854/97 und v. 4.4.1990 - 11 W 758/90 eine abweichende Auffassung zum Ausdruck gekommen ist, hält der Senat, der nunmehr für Beschwerden in Kostenfestsetzungsverfahren betreffend Patentsachen, Geschmacksmustersachen und Kennzeichenstreitsachen zuständig ist, daran nicht fest.

Im Streitfall handelt es sich bei dem in der Berufungsinstanz geltend gemachten Vertragsstrafeanspruch um eine Kennzeichenstreitsache i.S...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge