Leitsatz (amtlich)

Zur Bestellung eines Geh- und Fahrtrechts an einem bereits mit einem derartigen Recht belasteten Grundstück ist auch bei identischer Ausübungsfläche die Zustimmung (Bewilligung) dieses Rechtsinhabers nicht erforderlich. Vielmehr ergibt sich das Berechtigungsverhältnis bereits aus dem Rangverhältnis.

 

Normenkette

BGB §§ 879, 1018, 1027; GBO §§ 19, 53 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Lindau (Bodensee) - Grundbuchamt (Aktenzeichen Heimenkirch Blatt 2576-1)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die am 20.3.2014 im Grundbuch des AG Lindau (Bodensee) von Heimenkirch Bl. 1714 in der Zweiten Abteilung unter Nr. 3 vorgenommene Eintragung einer Dienstbarkeit für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlSt xxx wird zurückgewiesen.

II. Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 5.000 EUR.

 

Gründe

I. Im Grundbuch ist an FlSt xxx für den jeweiligen Eigentümer des Flurstücks xxx ein Geh- und Fahrtrecht gemäß Bewilligung vom 4.4.1929/10.1.1930 eingetragen. Hiernach ist dieser berechtigt, von der Straße aus über das dienende Grundstück das ganze Jahr zu gehen und zu fahren, um von der Straße aus über das bezeichnete Grundstück zu dem auf dem herrschenden Grundstück zu errichtenden Neubau zu gelangen und umgekehrt. Die Unterhaltung des Weges obliegt dem Berechtigten; die dafür erforderlichen Kosten trägt dieser allein.

Am 20.3.2014 trug das Grundbuchamt an FlSt xxx für den jeweiligen Eigentümer des Flurstücks xxx ein im Verhältnis zu dem vorgenannten Recht nachrangiges Ver- und Entsorgungsleitungsrecht sowie ein Geh- und Fahrtrecht ein. Der Bewilligung zufolge darf der auf dem dienenden Grundstück gelegene Weg in einer Mindestbreite von 250 cm zum Gehen und zum Fahren mit Fahrzeugen aller Art mitbenutzt, zum vorstehenden Zweck belassen, ausgebaut, unterhalten und gegebenenfalls erneuert werden. Der Ausübungsbereich ist mit einem beigefügten Lageplan kenntlich gemacht. Parken ist dort untersagt.

Der Beteiligte (zu 1) als Eigentümer des herrschenden Grundstücks FlSt xxx hatte bereits im Voraus anwaltlich erklären lassen, sich der Begründung eines derartigen Rechts zu widersetzen und eine Bewilligung nicht zu erteilen. Er hat am 4.4.2014 beantragt, im Wege des Widerspruchs die Eintragung des Geh- und Fahrtrechts für den jeweiligen Eigentümer des Flurstücks xxx zu löschen. Das ihm eingeräumte und im selben Bereich verlaufende Geh- und Fahrtrecht werde durch die Berechtigung des anderen Grundstückseigentümers belastet. Er habe die Eintragung ausdrücklich nicht bewilligt.

Das Grundbuchamt hat den Antrag als Beschwerde erachtet und dieser nicht abgeholfen. Es führt im Wesentlichen aus, das zulässige Rechtsmittel sei unbegründet, weil die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs oder einer Amtslöschung nicht vorlägen. Das Grundbuchamt habe bei der Eintragung gesetzliche Vorschriften nicht verletzt. Der Bewilligung des Inhabers des Geh- und Fahrtrechts für FlSt xxx habe es nicht bedurft; dessen Recht sei durch die Neubestellung eines weiteren Geh- und Fahrtrechts nicht beeinträchtigt gewesen.

II. Das Rechtsmittel ist als Beschwerde nach § 71 Abs. 2 Satz 2 GBO (i.V.m. § 73 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1, § 11 FamFG) mit dem Ziel zulässig, die in § 53 Abs. 1 GBO bezeichneten Maßnahmen gegen die vorgenommene Eintragung des Geh- und Fahrtrechts zu ergreifen. Im gegenständlichen Amtsverfahren ist der Beteiligte beschwerdeberechtigt. Wäre das Geh- und Fahrtrecht zugunsten seines Grundbesitzes (FlSt xxx) durch die Eintragung betroffen (siehe § 19 GBO), so wäre ohne dessen Bewilligung die Eintragung unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften vorgenommen worden (vgl. § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO). Inhaber eines Berichtigungsanspruchs nach § 894 BGB wäre der vorrangige Beteiligte.

Die Beschwerde ist ohne Erfolg.

1. Die Löschung des eingetragenen Rechts nach § 53 Abs. 1 Satz 2 GBO scheidet ersichtlich aus, weil die Eintragung als solche nicht unzulässig ist (siehe BayObLG Rpfleger 1986, 371); denn das Recht kann mit dem Inhalt und in der Ausgestaltung, wie es eingetragen ist, aus Rechtsgründen durchaus bestehen. Hätte die Eintragung, wovon der Beteiligte ausgeht, wegen fehlender Bewilligung nicht vorgenommen werden dürfen, liegt der Mangel in der Entstehung des Rechts (vgl. Hügel/Holzer GBO 2. Aufl. § 53 Rn. 56), indem gegen formelle Vorschriften im Eintragungsverfahren verstoßen wurde. In diesem Fall kommt, falls die Eintragung auch materiell unrichtig ist, zum Schutz des Berechtigten nur der Amtswiderspruch nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO in Betracht. Im Hinblick auf den Schutz eines gutgläubigen Erwerbers kann es weiter gehend zu einer Löschung nicht kommen.

2. Die Eintragung eines Widerspruchs von Amts wegen setzt voraus, dass das Grundbuchamt unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften eine Eintragung vorgenommen hat, durch die das Grundbuch unrichtig geworden ist (§ 53 Abs. 1 Satz 1 GBO). Die Gesetzesverletzung muss feststehen, die Unrichtigkeit des Grundbuchs dagegen nur glaubhaft sein (KG JfG 7, 250/253; Demharter GBO 29. Auf...

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