Leitsatz (amtlich)

1. Die nur unter Bezugnahme auf die Bewilligung vorgenommene Eintragung eines auflösend bedingt vereinbarten Rechts führt materiellrechtlich nicht zum Wegfall der Bedingung, sondern zur Unrichtigkeit des Grundbuchs insoweit, als dieses im Widerspruch zur materiellrechtlichen Einigung ein unbedingtes Recht verlautbart.

2. Bezeugende Urkunden einer Gemeinde können zum Nachweis der Grundbuchunrichtigkeit (nur) herangezogen werden, wenn die Darlegung der in ihr bezeugten Umstände in der amtlichen Zuständigkeit der Gemeinde liegt. Eine beurkundete Sachverhaltsfeststellung kann daher nichts zu der Frage bezeugen, ob ein Grundstück durch eine Straße tatsächlich eine Zufahrt erhalten hat.

 

Normenkette

GBO §§ 22, 29 Abs. 3; BGB § 158

 

Verfahrensgang

AG Augsburg (Beschluss vom 27.01.2016)

 

Tenor

I. Die Beschwerde der Beteiligten gegen den Beschluss des AG Augsburg - Grundbuchamt - vom 27.1.2016 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Beteiligte, eine bayerische Gemeinde, ist als Eigentümerin von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen. Mit Urkunde vom 2.10.1998 hatte ein Voreigentümer ein Geh- und Fahrtrecht bewilligt, das erlöschen sollte, wenn das herrschende Grundstück eine Zufahrt über eine öffentliche Verkehrsfläche erhält. Dieses Recht ist in Abteilung II unter lfd. Nr. 9 wie folgt eingetragen:

Grunddienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht) für den jeweiligen Eigentümer des Grundstücks FlNr. -...); gemäß Bewilligung vom ...

Mit gesiegelter und von der 1. Bürgermeisterin unterschriebener Erklärung vom 18.9.2015 versicherte die Beteiligte, dass "die öffentliche Verkehrsfläche, über die eine Zufahrt zum herrschenden Grundstück möglich ist, hergestellt" sei. Unter Verweis auf diese Erklärung beantragte sie am 6.10.2015 die Löschung der Grunddienstbarkeit mit der Begründung, dass die auflösende Bedingung eingetreten sei. Zum weiteren Nachweis des Bedingungseintritts legte sie einen Lageplan aus dem Liegenschaftskataster vor, aus dem ein am herrschenden Grundstück in der Art einer Straße entlangführendes und dessen Grenze berührendes Grundstück zu ersehen ist. Die vom Grundbuchamt zum Antrag angehörte Eigentümerin des herrschenden Grundstücks gab keine Erklärung ab. Daraufhin erließ das Grundbuchamt fristsetzende Zwischenverfügung, mit der es das Fehlen einer Löschungsbewilligung der Berechtigten monierte. Die Vorlage einer Unrichtigkeitsbescheinigung genüge für die Löschung nicht, da es sich nicht um ein bedingtes Recht handele. Der (damalige) Eigentümer des herrschenden Grundstücks habe sich vielmehr in der notariellen Bestellungsurkunde dazu verpflichtet, bei Erlöschen der Dienstbarkeit eine Löschungsbewilligung abzugeben. Mit Beschluss vom 27.1.2016 hat das Grundbuchamt den Antrag sodann aus den in der Zwischenverfügung genannten Gründen zurückgewiesen.

Dagegen hat die Beteiligte Beschwerde eingelegt. Die Dienstbarkeit stehe unter einer auflösenden Bedingung, der Beweis des Bedingungseintritts sei durch den vorgelegten Lageplan sowie die Versicherung der Beteiligten geführt. Die Verpflichtung zur Abgabe der Löschungsbewilligung stelle nur eine zusätzliche schuldrechtliche Verpflichtung dar, um den beschwerlicheren Weg des Unrichtigkeitsnachweises zu vermeiden.

Der Beschwerde hat das Grundbuchamt am 29.6./26.7.2016 nicht abgeholfen. Selbst wenn von einem bedingten Recht ausgegangen werde, sei der Nachweis nicht erbracht. Die urkundliche Bescheinigung der Unrichtigkeit liege nicht im Rahmen der Amtsbefugnisse der Gemeinde. Der Lageplan sei zum Nachweis der Straßeneigenschaft nicht geeignet.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Gegen die Zurückweisung des Grundbuchberichtigungsantrags ist nach herrschender Meinung die unbeschränkte Beschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO statthaft, wenn - wie hier - mit ihr eine nachträgliche Grundbuchunrichtigkeit geltend gemacht wird (Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn 152 m.w.N.). Das Rechtsmittel ist auch im Übrigen in zulässiger Weise eingelegt (§§ 73, 15 Abs. 2 GBO).

2. Die Beschwerde ist zurückzuweisen, da die Voraussetzungen für eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 22 GBO nicht gegeben sind.

a) Von einer Unrichtigkeit des Grundbuchs ist auszugehen, wenn die formelle und die materielle Rechtslage divergieren (§ 894 BGB; Hügel/Holzer § 22 Rn. 25). Unrichtig ist das Grundbuch im Hinblick auf das eingetragene Geh- und Fahrtrecht daher dann, wenn das Recht unter einer Bedingung eingeräumt und es in Folge Bedingungseintritts erloschen ist. In diesem Fall kommt eine Grundbuchberichtigung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 GBO entweder bei Vorlage einer Berichtigungsbewilligung (§ 19 GBO) oder beim Nachweis der Unrichtigkeit (§ 29 GBO) in Betracht.

b) Da eine Berichtigungsbewilligung für das Recht nicht abgegeben wurde, kann die Eintragung nur erfolgen, wenn der Nachweis für das Vorliegen eines auflösend bedingten Rechts und für den Eintritt der Bedingung erbracht wäre.

Die Führung des Nachweises obliegt dem ...

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