Leitsatz (amtlich)

Für die Beschlussfähigkeit der Wohnungseigentümerversammlung ist es nicht ausreichend, dass zu Beginn der Versammlung eine genügende Zahl von Eigentümern anwesend ist. Die Beschlussfähigkeit muss bei jeder einzelnen Abstimmung gegeben sein. Gerade dann, wenn zu Beginn der Versammlung nur eine denkbar knappe Mehrheit der Eigentümer anwesend ist (hier: 7 von 12), muss der Versammlungsleiter von sich aus bei Abstimmungen die Beschlussfähigkeit überprüfen. Läßt sich nachträglich die Beschlussfähigkeit der Versammlung nicht mehr feststellen, geht das zu Lasten derer, die sich auf die Wirksamkeit eines Beschlusses berufen.

 

Normenkette

WEG § 25 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Bonn (Aktenzeichen 8 T 46/98)

AG Bonn (Aktenzeichen 28 II WEG 97/96)

 

Tenor

Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers vom 11.1.2002 werden die Beschlüsse der 8. Zivilkammer des LG Bonn vom 14.12.2001 – 8 T 46/98 – und des AG Bonn vom 13.2.1998 – 28 II 97/98 – abgeändert. Der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 11.6.1996 gefasste Beschluss zu TOP 4a) (Treppenhausrenovierung) wird für ungültig erklärt.

Die Gerichtskosten der Rechtsbeschwerde und der ersten Instanz fallen der Beteiligten zu 3) zur Last; die gerichtlichen Kosten 2. Instanz hat der Antragsteller zu tragen; eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.

Geschäftswert der Rechtsbeschwerde: 1.382,75 Euro

 

Gründe

I. Die Beteiligten, Mitglieder und Verwalter einer großen Mehrhauswohnanlage, streiten um die Wirksamkeit eines Wohnungseigentümerbeschlusses, in dem die Renovierung des Treppenhauses im Haus C.-Straße beschlossen wurde.

Die der Begründung des Wohneigentums zugrunde liegende Teilungserklärung von 1978 sieht sieben Häuserblocks mit je 2 oder 3 Mehrfamilienhäusern vor. Die dem Antragsteller gehörende Wohnung gehört zu dem Block C.-Straße 8, 10 und 12, der aus 12 gleich großen Wohnungen besteht. § 2 Abs. 2 der Teilungserklärung sieht vor, dass die Lasten und Kosten von den jeweiligen Eigentümern der in diesen befindlichen Sondereigentumseinheiten getragen werden. Ferner ist dort bestimmt, dass

„bei Abstimmungen in Angelegenheiten der einzelnen Blocks … nur die Sondereigentümer der in ihnen befindlichen Einheiten im Verhältnis ihrer Anteile stimmberechtigt” sind, „sofern nicht Gesamtbelange – wenn auch nur mittelbar … – mit berührt werden”.

Bei der Versammlung am 11.6.1996 wurden von der Verwalterin 7 Eigentümer des Blocks C.-Straße 8–12, u.a. der Antragsteller als anwesend aufgeführt. Über die Abstimmung zu TOP 4a, die die Renovierung des Treppenhauses des Hauses 10 betraf, ist im Protokoll vermerkt: „einstimmig angenommen”. Der Antragsteller hat diesen Beschluss angefochten und behauptet, er sei gerade während der fraglichen Abstimmung für kurze Zeit abwesend gewesen, und es hätten nur die Eigentümer des Hauses Nr. 10 abstimmen dürfen. Deshalb sei eine wirksame Beschlussfassung nicht zustande gekommen. Im Übrigen entspräche der geplante Neuanstrich des Treppenhauses mit Rauhputz nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Vorinstanzen haben seinen Antrag, den Beschluss zu TOP 4a für ungültig zu erklären, abgewiesen. Dagegen wendet er sich mit weiterer Beschwerde.

II. Das Rechtsmittel, das zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt worden ist, hat in der Sache Erfolg. Die landgerichtliche Entscheidung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Der Beschluss vom 11.6.1996 zur Treppenhausrenovierung (TOP 4a) ist wegen Beschlussunfähigkeit zur Frage der Treppenhausrenovierung für ungültig zu erklären.

1. Soweit das bisherige Verfahren an einem Mangel leidet, weil der zu beteiligende Verwalter am Erstbeschwerdeverfahren (anders als vor dem AG) nicht förmlich beteiligt wurde (§ 43 IV Nr. 2 WEG), ist dies im Ergebnis unschädlich. Die förmliche Beteiligung konnte im Rechtsbeschwerdeverfahren nachgeholt werden (BGH v. 11.12.1997 – KVR 7/96, MDR 1998, 552 = NJW 1998, 756; OLG Köln v. 21.11.2001, NZM 2002, 458). Dies ist auch mit Verfügung vom 3.7.2002 geschehen. Der Beteiligten zu 3) wurde damit als Verwalterin rechtliches Gehör gewährt.

2. Die landgerichtliche Entscheidung kann indes keinen Bestand haben, weil ihre Feststellungen zur Beschlussfähigkeit nicht berücksichtigen, dass für die hier zu entscheidende Frage auf den Block C.-Straße 8–12 abzustellen ist, nicht auf die gesamte Wohnungseigentümergemeinschaft, wenngleich der Beschluss in der Sache ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht.

Die Teilungserklärung (im Folgenden: TE) v. 26.9.1978 sieht unter § 2 Abs. 2 vor, dass die jeweiligen Eigentümer eines Blocks die Lasten und Kosten dieses Blocks zu tragen haben; darunter fallen laut TE insb. „Instandhaltung- und Instandsetzungskosten, Elektrizitäts-, Wasser-, Heizungs-, Müllabfuhr- und Entwässerungskosten”. Die hier zu entscheidende Renovierung des Treppenhauses Nr. 10 fällt unter die Instandhaltungskosten, betrifft mithin nur den Block der Häuser C.-Straße 8–12. Weiter sieht die TE vor, dass bei Abstimmungen in diesen Angelegenheiten nur die Sondereigentümer d...

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