Leitsatz (amtlich)

1. Ist der Kaufpreis einer Eigentumswohnung knapp doppelt so hoch wie der Verkehrswert, kann die finanzierende Bank (bzw. die Bausparkasse) eine Aufklärungspflicht ggü. dem Käufer (bzw. Darlehensnehmer) treffen (BGH v. 18.11.2003 - XI ZR 322/01, BGHReport 2004, 459 = WM 2004, 172; BGH v. 23.3.2004 - XI ZR 194/02, MDR 2004, 1129 = BGHReport 2004, 1168 = NJW 2004, 2378, 2380).

2. Sind der Erwerb der Immobilie und der Abschluss des Darlehensvertrages für den Kunden mit einer langfristigen Mietpoolbindung verbunden, liegt es nahe, die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Bindung bei der Ermittlung des Verkehrswertes zu berücksichtigen; denn die Frage, ob der Kaufpreis sittenwidrig überhöht war, kann im Hinblick auf die realen Bedingungen des Wohnungsmarkts möglicherweise nur so beantwortet werden.

3. Bestreitet die Bank im Rechtsstreit eine Kenntnis von den für eine sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung maßgeblichen Umständen, kommt eine sekundäre Darlegungslast der Bank zu den Einzelheiten ihrer Kenntnisse und ihrer Ermittlungen in Betracht.

4. Hat die Bank bei der Finanzierung einer Immobilie Aufklärungspflichten verletzt, ist sie im Rahmen des Schadensersatzes auch dann zur Rückabwicklung des Immobilienkaufs verpflichtet, wenn der Darlehensvertrag zeitlich erst nach dem notariellen Kaufvertrag abgeschlossen wurde. Das gilt jedenfalls dann, wenn auch die Verkäuferin der Immobilie entsprechende Aufklärungspflichten ggü. dem Kunden verletzt hat und der Kunde bei zureichender Aufklärung von dem gesamten Geschäft (finanzierter Immobilienkauf) Abstand genommen hätte. (Anschluss an BGH, Urt. v. 17.10.2006 - XI ZR 205/05.)

 

Verfahrensgang

LG Karlsruhe (Beschluss vom 20.03.2006; Aktenzeichen 10 O 829/05)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Karlsruhe vom 20.3.2006 - 10 O 829/05 - insoweit aufgehoben, als das LG dem Antragsteller Prozesskostenhilfe versagt hat für die im Schriftsatz vom 15.9.2006 angekündigten Anträge Ziff. 2, Ziff. 3, Ziff. 4, Ziff. 5 und Ziff. 6.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.

II. Das Verfahren wird an das LG Karlsruhe zur erneuten Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag der Antragstellerin zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin verlangt von der Antragsgegnerin Schadensersatz nach einem aus ihrer Sicht gescheiterten Erwerb einer Eigentumswohnung im Oktober/November 1998 in Al. bei A.. Die Antragstellerin hat die Wohnung zusammen mit ihrem Ehemann, M. Sch., gekauft. Die Antragsgegnerin war (durch Bausparverträge und einen Vorausdarlehensvertrag) mit der Finanzierung des Erwerbs befasst. Bei den Bausparverträgen handelte die Antragsgegnerin im eigenen Namen, während sie bei dem gleichzeitig abgeschlossenen Vorausdarlehensvertrag im Namen X-Bank, K. (im Folgenden abgekürzt: X-Bank) auftrat.

Die Antragstellerin und ihr Ehemann sind im Zusammenhang mit dem Erwerb der Eigentumswohnung einem sog. Mietpool beigetreten. Vor Abschluss der Verträge wurden den Käufern in einem "Besuchsbericht" bestimmte Mietpoolausschüttungen in Aussicht gestellt. Die Antragstellerin macht geltend, diese Ausschüttungen seien zu Täuschungszwecken zu hoch kalkuliert worden, um bei den Kunden falsche (überhöhte) Renditeerwartungen zu wecken. Im Darlehensvertrag zwischen der Antragstellerin und ihrem Ehemann einerseits und der Antragsgegnerin andererseits (Anlage K 11) wurde der Antragstellerin und ihrem Ehemann der "Beitritt in eine Mieteinnahmegemeinschaft, die nur mit unserer Zustimmung gekündigt werden darf" zur Bedingung für die Auszahlung von Vorfinanzierungsdarlehen und Bauspardarlehen gemacht.

Mit Beschluss vom 20.3.2006 hat das LG Karlsruhe den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete; die von der Antragstellerin geltend gemachten Ansprüche seien verjährt.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin. Sie ist weiterhin der Auffassung, die beabsichtigte Klage biete in vollem Umfang hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das LG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II.1. Die zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist überwiegend begründet. Entgegen der Auffassung des LG bietet die beabsichtigte Rechtsverfolgung im Wesentlichen hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Satz 1 ZPO). Die beabsichtigte Klage ist schlüssig. Es erscheint hinreichend wahrscheinlich, dass der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin im Umfang der angekündigten Anträge ein Schadensersatzanspruch aus culpa in contrahendo (Verschulden bei Vertragsschluss) zusteht. Die Antragstellerin kann hierbei den Schaden - soweit er nicht ihr sondern ihrem Ehemann entstanden ist - aus übergegangenem Recht geltend machen. Nach dem schlüssigen Vorbringen der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin Aufklärungspflichten verletzt. Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergeben sich Schadensersatzansprüche gegen die Antragsgeg...

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