Entscheidungsstichwort (Thema)

Widerruf des Beitritts zu einem Immobilienfonds nach HTWG

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Beitritt zu einer Gesellschaft ist ein Geschäft i.S.d. § 1 Abs. 1 HTWG, wenn er in einer Verhandlungssituation des § 1 HTWG erfolgt. Dies gilt auch für den Beitritt zu Anlagegesellschaften wie Immobilienfonds.

2. Im Falle eines Beitritts zu einem geschlossenen Immobilienfonds erschöpfen sich die Leistungspflichten nicht in der Zahlung der Einlage und dem Beitritt.

3. Der Widerruf führt zur Anwendung der Regeln über den fehlerhaften Beitritt mit der Folge einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung; dem Kläger steht das Auseinandersetzungsguthaben zu (Fortführung des Urteils v. 20.11.2002: OLG Hamm, Urt. v. 20.11.2002 - 8 U 68/02, OLGReport Hamm 2003, 100).

 

Verfahrensgang

LG Arnsberg (Urteil vom 12.12.2003; Aktenzeichen 2 O 365/03)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 27.06.2006; Aktenzeichen II ZR 218/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 2. Zivilkammer des LG Arnsberg vom 12.12.2003 unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner auf den Tag des Ausscheidens des Klägers als Kommanditist der Beklagten zu 1), nämlich auf den 17.4.2003, eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen.

Hinsichtlich der Hilfsanträge des Klägers zu Ziff. 2) und 3) wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der Kosten des vorliegenden Berufungsverfahrens, an das LG zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung von 110 % des nach diesem Urteil vollstreckbaren Kostenbetrages und - hinsichtlich der Vollstreckung in der Hauptsache - durch Sicherheitsleistung i.H.v. 3.000 Euro abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweiliger Höhe leistet.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung von 110 % des nach diesem Urteil vollstreckbaren Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger erstrebt die Rückabwicklung seiner Beteiligung an der Beklagten zu 1) als Kommanditist mit einer Einlage von 50.000 DM zzgl. 5 % Agio (insgesamt 52.500 DM [= 26.842,82 Euro]), die er am 24.9.1999 erklärte und am 17.4.2003 widerrief.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Das LG hat mit dem angefochtenen Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, durch die Zahlung der Einlage und die Abtretung der Gesellschaftsanteile im Jahre 1999 seien die Leistungen beiderseits vollständig erbracht und deshalb das Widerrufsrecht nach § 2 Abs. 1 S. 4 HaustürWG in der bis zum 30.9.2000 geltenden Fassung erloschen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, der sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt. Er begründet seine Berufung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats vom 20.11.2002 (OLG Hamm, Urt. v. 20.11.2002 - 8 U 68/02, OLGReport Hamm 2003, 100; Revision: BGH II ZR 352/02) wie folgt:

Das Widerrufsrecht sei nicht ausgeschlossen, weil die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß und deshalb das Widerrufsrecht nicht befristet sei.

Zudem lägen die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 S. 4 HaustürWG nicht vor, da keine beiderseits vollständige Erbringung der Leistungen gegeben sei. Dieses Erfordernis sei nicht nur auf Hauptleistungspflichten beschränkt. Mit der Begründung von Gesellschafterstellungen seien weiter gehende kontinuierliche Leistungen verbunden. Ein lückenloser Leistungsaustausch habe danach allein mit der Zahlung der Einlage nicht stattgefunden. Im Übrigen seien die nationalen Rechtsvorschriften so weit wie möglich unter Berücksichtigung des Wortlauts und des Zwecks der einschlägigen EU-Richtlinien über das Widerrufsrecht auszulegen. Dies habe das LG verkannt. Die Auslegung habe so zu erfolgen, wie sie auch der Senat in dem oben genannten Vorprozess vorgenommen habe.

Rechtsfolge des Widerrufs sei, dass die geleistete Einlage zurückzuzahlen sei. Die Grundsätze der fehlerhaften Gesellschaft mit der Folge, dass ihm - dem Kläger - lediglich das Auseinandersetzungsguthaben zustehe, sei nicht anwendbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags des Klägers wird Bezug genommen auf den Inhalt seiner Berufungsbegründung.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten nach den erstinstanzlichen Schlussanträgen (Hauptanträge und Hilfsanträge) zu verurteilen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Widerrufsbelehrung in der Beitrittserklärung und in der getrennten Belehrung sei ausreichend gewesen.

Das LG habe zutreffend ausgeführt, das Widerrufsrecht des Klägers sei wegen beidersei...

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