Leitsatz (amtlich)

1. Der Beschluss einer kirchlichen Zusatzversorgungskasse, mit dem ein zuvor erlassener, in einer Gerichtsentscheidung als unbillig angesehener Beschluss geheilt werden soll, ist ermessensfehlerhaft, wenn der zuvor ergangene Beschluss nicht aufgehoben wird, sondern bei Erlass des Heilungsbeschlusses fortbesteht und weiterhin als wirksam angesehen wird.

2. Der Beschluss, auch im Rahmen des Heilungsbeschlusses ein Sanierungsgeld von 0,75 % zu erheben, ist unbillig, wenn nicht festgestellt werden kann, welche Deckungslücke maßgeblich ist und nicht ausgeschlossen werden kann, dass weiterhin satzungswidrige Parameter der Entscheidung zugrunde gelegt wurden.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 06.03.2012; Aktenzeichen 8 O 34/11)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 6.3.2012 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Essen wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. ebenfalls 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin ist eine rechtlich selbständige kirchliche Einrichtung in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, die Beklagte ist Beteiligte der Klägerin.

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Erhebung eines "Sanierungsgeldes" und eines "Beitragszuschusses Ost" durch die Klägerin für die Abrechnungsstellen der Beklagten.

Die Aufgabe der Klägerin besteht darin, Arbeitnehmern des kirchlichen und des kirchlich- caritativen Dienstes in den Diözesen der Bundesrepublik Deutschland eine zusätzliche Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung nach den für die Angestellten im öffentlichen Dienst geltenden Grundsätzen zu gewähren.

Das Beteiligungsverhältnis ist nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KZVKS ein privatrechtliches Versicherungsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und der Klägerin. Die Beklagte hat in ihrer Beteiligungsvereinbarung das jeweils geltende Satzungsrecht der Kasse als verbindlich anerkannt und ausdrücklich erklärt, ein Versorgungsrecht entsprechend der Kassensatzung anzuwenden.

Mit Tarifvertrag über die zusätzliche Altersvorsorge der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes - Altersvorsorge-TV-Kommunal - (ATV-K) vom 1.3.2002 vereinbarten die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände sowie die Gewerkschaften im Tarifvertrag einen Systemwechsel des bis dahin bestehenden Gesamtversorgungssystems auf ein sog. Punktemodell. Dabei regelt § 17 Abs. 1 Satz 1 ATV-K, dass die Zusatzversorgungskassen zur Deckung des infolge der Schließung des Gesamtversorgungssystems und des Wechsels zum Punktemodell zusätzlichen Finanzbedarfs, der über die am 1.11.2001 jeweils geltende Umlage hinausgeht, vom Arbeitgeber Sanierungsgelder erheben. Die Höhe des Sanierungsgeldes ist für die Klägerin tarifvertraglich nicht festgelegt. Anlage 5 des ATV-K enthält den Tarifvertrag Altersvorsorgeplan 2001 (AVP 2001). Nach dessen Ziff. 2.2. Abs. 3 Satz 2 werden von den Überschüssen der Kasse nach Abzug der Verwaltungskosten vorrangig die sozialen Komponenten und die Bonuspunkte finanziert.

Ziff. 4.1 AVP 2001 bestimmt:

"Jede Kasse regelt ihre Finanzierung selbst.

Zusätzlicher Finanzbedarf über die tatsächliche Umlage des Jahres 2001 hinaus (Stichtag 1.11.2001) - mindestens jedoch als Umlagesatz von 4 v.H. - wird durch steuerfreie, pauschale Sanierungsgelder gedeckt.

..."

Mit Neufassung ihrer Satzung vom 24.6.2002 (veröffentlicht im Amtsblatt des Erzbistums Köln 2002, S. 214 ff.) stellte die Klägerin ihr Zusatzversorgungssystem rückwirkend zum 31.12.2001 (Umstellungsstichtag) von dem bis dahin geltenden umlagefinanzierten Gesamtversorgungssystem auf ein kapitalgedecktes Punktemodell um. Anlässlich der Systemumstellung führte die Klägerin auch ein von den beteiligten Arbeitgebern zu zahlendes sog. "Sanierungsgeld" ein, dessen Erhebung und Berechnung in §§ 55 Abs. 3, 63f KZVKS geregelt ist.

In der KZVKS heißt es u.a.:

§ 53 Kassenvermögen

(1)... Innerhalb des Kassenvermögens werden drei getrennte Abrechnungsverbände geführt, und zwar

a) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31.12.2001 entrichteten Pflichtbeiträgen beruhen (Abrechnungsverband P),

b) für Anwartschaften und Ansprüche, die auf nach dem 31.12.2001 entrichteten freiwilligen Beiträgen beruhen (Abrechnungsverband F) und

c) für alle übrigen Anwartschaften und Ansprüche (Abrechnungsverband S).

...

(3) Für jedes Geschäftsjahr erstellt die Kasse nach den Grundsätzen des kaufmännischen Rechnungswesens einen Wirtschaftsplan ... sowie einen Rechnungsabschluss. Bestandteil des Rechnungsabschlusses ist eine gesonderte Bilanz, die vom Verantwortlichen Aktuar zu testieren ist.

§ 54 Deckungsrückstellung

In der gesonderten Bilanz ist eine Deckungsrückstellung in Höhe des versicherungsmathematischen Barwerts aller am Bilanzstichtag dem Grunde u...

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