Entscheidungsstichwort (Thema)

Arglistige Täuschung durch Unterlassen

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anfechtung einer Ausscheidens- und Abfindungsvereinbarung wegen arglistiger Täuschung durch Unterlassen kann nicht darauf gestützt werden, dass der Vertragspartner eine bereits bei Abschluss dieser Vereinbarung vorhandene Absicht verschwiegen hat, den anderen Vertragspartner demnächst in sittenwidriger Weise zu schädigen.

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Urteil vom 09.04.2003; Aktenzeichen 22 O 160/02)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.06.2005; Aktenzeichen II ZR 232/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 9.4.2003 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des LG Hagen wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

A. Der Beklagte, Herr S., Herr G. und Herr Q. waren Gesellschafter der 1990 gegründeten Klägerin, einer KG, sowie ihrer Komplementär-GmbH. Der Beklagte war zudem aufgrund eines Anstellungsvertrages Geschäftsführer der Klägerin mit einem Monatsgehalt von zuletzt 35.000 DM zzgl. der Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung. Bis zur Gründung der Klägerin waren die Mitgesellschafter des Beklagten als Handelsvertreter der jetzigen Hauptwettbewerberin der Klägerin, der F. GmbH & Co. KG (im Folgenden: Fa. F.), tätig gewesen, der Beklagte selbst als deren leitender Angestellter. Sie hatten sich von der Fa. F. im Streit getrennt. Herr S. war und ist Inhaber einer Reihe von Patenten für Verschlusselemente, die die Fa. F. während dessen Handelsvertretertätigkeit aufgrund eines mit ihm geschlossenen Lizenzvertrages nutzte. Mit seinem Ausscheiden als Handelsvertreter kündigte Herr S. den Patentlizenzvertrag mit der Fa. F. und räumte die Nutzungsrechte an den Patenten nunmehr der Klägerin ein. In der Folgezeit nahm Herr S. in etwa 20 Patentrechtsverletzungsprozessen die Fa. F. und/oder deren geschäftsführende Gesellschafter auf Schadensersatz in Anspruch. Zwischen Herrn S. und der Klägerin war vereinbart, dass Letzterer als Lizenznehmerin die erstrittenen Schadensersatzansprüche gebührten und die Prozesse wirtschaftlich auf deren Rechnung geführt würden. Diese Verfahren haben nach Behauptung der Klägerin zu klagezusprechenden Grundurteilen geführt und sind wegen der Höhe der Ansprüche des Herrn S. noch anhängig. In einem weiteren Verfahren 4 O 99/91 LG Düsseldorf verlangte Herr S. von der Fa. F. die Zahlung rückständiger Lizenzgebühren. Sowohl dort als auch in den Patentrechtsverletzungssachen war von Bedeutung, dass den Gerichten der zwischen Herrn S. und der Fa. F. geschlossene Patentlizenzvertrag nicht in einer gem. § 34 GWB a.F. formwirksamen Ausfertigung, nämlich der Vertragstext in fester Verbindung mit Patentlisten, vorgelegt wurde. Nach Darstellung des Herrn S. existierte ein solcher formwirksamer Vertrag zu keiner Zeit. Nach Darstellung der Fa. F. und ihres geschäftsführenden Gesellschafters verfügten sie nicht mehr über den Original-Vertragstext, seitdem zwischen September und November 1990 bei der Fa. F. sechs Einbruchsdiebstähle verübt und angeblich eine Vielzahl von Unterlagen entwendet worden seien.

Gegen Ende der 90er Jahre kam es zwischen Herrn S. und dem Beklagten zu immer größeren Spannungen und Auseinandersetzungen, die zu wiederholten Gesellschafterbeschlüssen über die Abberufung des Beklagten als Geschäftsführer sowie über seinen Ausschluss aus der KG sowie zu einem im September 1999 erteilten Hausverbot und zu einer Reihe von gerichtlichen Prozessen führten. Im Anschluss an einen Gerichtstermin im Juli 2000 traten die Parteien in außergerichtliche Vergleichsgespräche ein, die am 29.3.2001 zu einem notariell beurkundeten "Geschäftsanteils- und Gesellschaftsanteilskaufvertrag mit Auseinandersetzungsvereinbarung" führten. In diesem Vertrag veräußerte der Beklagte an Herrn S. seinen Geschäftsanteil an der Komplementär-GmbH für 10.000 DM und seinen Kommanditanten an der Klägerin zum Kaufpreis von 320.000 DM. Gleichzeitig mit der Niederlegung des Geschäftsführeramtes durch den Beklagten und der Beendigung seines Anstellungsverhältnisses verpflichtete sich die Klägerin zwecks Abgeltung sämtlicher Vergütungsansprüche aus der Geschäftsführertätigkeit des Beklagten, an diesen einen Betrag von 2.970.000 DM zu zahlen. Dieser Betrag sollte in Raten bis zum 15.9.2003 gezahlt werden. In § 9 des Vertrages unterwarf sich die Klägerin wegen der Zahlung der von ihr geschuldeten 2.970.000 DM der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Urkunde. Herr S. beglich die Kaufpreise für die Gesellschaftsbeteiligungen. Die Klägerin zahlte an den Beklagten einen Teil der Raten, nämlich i.H.v. insgesamt 751.599,07 Euro.

Am 16.9.2002 wurden Herrn S. die ersten fünf von nach Behauptung der Kl...

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