Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde wird der angefochtene Beschluss teilweise abgeändert.

Das Grundbuchamt wird angewiesen, der Beteiligten Einsicht in das Grundbuch von D Blatt ## zu gewähren, soweit es Eintragungen ab dem 01.12.1992 enthält. Das Grundbuchamt wird weiter angewiesen, der Beteiligten Einsicht in die Grundakte zum vorgenannten Grundbuch ab Blatt 61 der Akte zu gewähren, einschließlich der zur Grundakte Blatt #### genommenen Urkunde vom 09.03.2001.

Die Beteiligte wird darauf hingewiesen, dass ihr weitergehender Antrag hinsichtlich des Grundbuchs von D Blatt ## derzeit nicht zur Entscheidung reif ist. Sie erhält Gelegenheit, ihr Antragsvorbringen binnen sechs Wochen ab Zugang dieses Beschlusses im Sinne der nachfolgenden Gründe zu ergänzen.

 

Gründe

I.)

Die Antragstellerin ist Herausgeberin verschiedener Zeitungen. Sie hat bei dem Amtsgericht - Grundbuchamt - die Einsichtnahme in das Grundbuch und die Grundakten beantragt, welche für drei Grundstücke in X bestehen, nämlich die - postalisch bezeichneten - Grundstücke P-Straße a, b und c. Zur Begründung beruft sie sich darauf, dass ihr Hinweise vorlägen, wonach einem bekannten Politiker und seiner Familie beim Verkauf bzw. Verpachten der Grundstücke finanzielle Vergünstigungen gewährt worden seien. Es solle dabei zu Unregelmäßigkeiten beim Grundbucheintrag gekommen sein.

Das Grundstück P-Straße a war ursprünglich im Grundbuch von D Blatt xx gebucht. Hier war bis 1968 ein zwischenzeitlich verstorbener Verwandter des Politikers als Eigentümer eingetragen. 1983 wurde das Grundstück in das Grundbuch von D Blatt xxx umgeschrieben.

Die Grundstücke P-Straße b und c bildeten ursprünglich ein Grundstück im kataster- und grundbuchrechtlichen Sinne (Flurstück yyy). Als Eigentümer ist seit 1992 der betroffene Politiker eingetragen. Grundlage der Eintragung ist eine Auflassung im Rahmen eines familieninternen Übergabevertrages.

In der ersten Jahreshälfte 2001 wurde eine Realteilung des Grundstücks in die (neuen) Flurstücke * und ** durchgeführt und das Flurstück * veräußert. Im Zuge der Teilung und Veräußerung ist für das neue Flurstück * (=P-Straße b) das Grundbuch von D Blatt #### angelegt worden. Dieses Grundbuch enthält keine den Politiker betreffende Eintragung mehr. Allerdings ist gemäß § 24 GBV die Urkunde, die u.a. Grundlage der Umschreibung des Eigentums war, zu der Akte des Grundbuchs Blatt #### genommen worden.

Das Grundbuchamt hat durch Beschluss des Rechtspflegers vom 08.11.2011 den Antrag insgesamt zurückgewiesen. Hiergegen hat die Beteiligte durch ihren Bevollmächtigten Beschwerde erhoben. In einem weiteren Schreiben vom 14.12.2011 an das Amtsgericht hat sie sich zur Begründung ihres Antrages ergänzend auf die derzeitige politische und publizistische Diskussion über die Person des betreffenden Politikers berufen.

II.)

Das Rechtsmittel der Beteiligten ist als Beschwerde im Sinne des § 71 Abs. 1 GBO zu behandeln, über das der Senat nach § 119 Abs. 1 Nr. 1b GVG zu entscheiden hat. Insbesondere besteht hier keine vorgreifliche Entscheidungszuständigkeit des Richters des Grundbuchamtes nach § 12c Abs. 4 S. 1 GBO. Allerdings handelt es sich bei der angefochtenen Entscheidung im Sinne der genannten Vorschrift um eine solche, die der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle getroffen hat. Denn dieser ist nach § 12c Abs. 1 Nr. 1 GBO funktionell zuständig für die Entscheidung über die Gewährung von Grundbucheinsicht nach § 12 GBO. Nimmt - wie hier - der Rechtspfleger Aufgaben des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wahr, wird die Wirksamkeit des Geschäfts durch die Verletzung der funktionellen Zuständigkeit nicht berührt (§ 8 Abs. 5 RPflG). Gleichwohl wird der Rechtspfleger insoweit funktionell nur als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle tätig. Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle findet nach § 12c Abs. 4 S. 1 GBO die Erinnerung statt, über die nach dem Wortlaut der Vorschrift der "Grundbuchrichter" zu entscheiden hat. In der Rechtsprechung hat sich indessen die Auffassung durchgesetzt, die in diesem Fall entgegen dem Wortlaut des § 12c Abs. 4 GBO die funktionelle Zuständigkeit des Rechtspflegers begründet sieht (OLG München FGPrax 2011, 68; OLG Düsseldorf FGPrax 2011, 57; OLG Rostock FGPrax 2010, 128). Maßgebende Gründe für diese Beurteilung sind die Aufhebung des entsprechenden Richtervorbehalts in § 4 Abs. 2 Nr. 3 RPflG durch das JuModG vom 24.08.2004 (BGBl. I S. 2198) sowie die Vollübertragung der Grundbuchsachen an den Rechtspfleger in § 3 Nr. 1 lit. h RPflG. Der Senat, der über diese Frage bislang noch nicht zu entscheiden hatte, schließt sich dieser Auffassung auch mit dem Ziel der Vereinheitlichung der Rechtsprechung an. Wenn jedoch die Entscheidung über eine Erinnerung gegen das Geschäft des Urkundsbeamten ohnehin dem Rechtspfleger obliegt, sprechen die besseren Gründe für die unmittelbare Zulassung der Beschwerde; der Rechtspfleger hat dann im Rahmen der Abhilfe (§ 75) ohnehin seine Entscheidung zu überprüfen (KG Rpfleger 19...

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