Leitsatz (amtlich)

Treffen die im TV-Werbespot verglichenen Minutenpreise der konkurrierenden Telefondiensteanbieter als solche zu und erkennt man klar und deutlich, dass die Tarife für ein Zeitfenster und eine bestimmte Destination (ein Ferngespräch zwischen Köln und München) verglichen werden, so ist die Werbung nicht irreführend. Der Durchschnittsverbraucher nimmt ohne Anhalt nicht an, dass Zeitfenster und Destination nur "zufällig" erwähnt worden wären und sich auf andere Tarifbereiche übertragen ließen. Die Annahme, der Verbraucher verstünde trotz der speziell genannten Fakten den Vergleich "immer" generalisierend, widerspricht der Lebenserfahrung.

 

Normenkette

UWG § 5

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 26.04.2005; Aktenzeichen 407 O 257/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 26.4.2005 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin, das größte deutsche Telekommunikations-Unternehmen, betreibt ein bundesweites Telefonnetz und stellt den Verbrauchern auch die Telefonanschlüsse zur Verfügung. Die Beklagte vermittelt ebenfalls Telefongespräche im Festnetz und steht mit der Klägerin im Wettbewerb.

Die Beklagte warb für ihre Telefondienstleistung mit einem TV-Werbespot "B K 6" von 20 Sekunden Dauer (vgl. die Aufzeichnung auf der CD.-ROM: Anlage B K 6; vgl. auch das Story-Board v. 17.5.2004: Anlage K 4), den die Klägerin als wettbewerbswidrig beanstandet.

Mit der vorliegenden Klage nimmt die Klägerin deswegen die Beklagte auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten und deren Zinspflichtigkeit bezüglich der verauslagten Gerichtskosten in Anspruch.

Seit der Liberalisierung des Marktes für Telefondienstleistungen im Festnetz ab 1998 bietet eine Vielzahl von Unternehmen solche Leistungen an. Die Telefonkunden haben, um statt der Verbindung über die Klägerin die Dienstleistungen der neuen Anbieter zu wählen, grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Zum einen können sich die Kunden bei einer sog. dauerhaften Voreinstellung ("Pre-Selection") dafür entscheiden, dass automatisch alle mit einer Ortskennzahl (mit der Ziff. "0") beginnenden Gespräche durch einen bestimmten Wettbewerber vermittelt werden. Zum anderen können die Fernsprechteilnehmer den Wettbewerber der Klägerin, der ein einzelnes Gespräch vermitteln soll, durch die jeweilige Angabe der speziellen, dem Mitbewerber zugeteilten Verbindungsnetzbetreiber-Kennzahl auswählen ("Call-by-Call").

In ihren Tarifen differenzieren die Anbieter von Telefondienstleistungen zwischen unterschiedlichen räumlichen Tarifbereichen zu verschiedenen Wochentagen und Zeiten.

Die Beklagte bietet die Vermittlung von Telefongesprächen im Festnetz sowohl über "Pre-Selection" als auch "Call-by-Call" an.

Der beanstandete TV-Spot "B K 6" (vgl. diesen auf der CD.-ROM Anlage B K 6; vgl. auch das Story-Board gem. Anlage K 4 und Anlage B K 1) zeigt folgendes:

Man sieht eine im Haus an einem Treppengeländer stehende Frau in Freizeitkleidung. Die Einstellung wechselt und die Frau unterstreicht ihre Worte mit Handbewegungen, während sie spricht:

"Ich hab' mal eine Frage an die Telekom, wegen 'nem Ferngespräch von Köln nach München Montag bis Freitag abends zwischen 7 und 9. Warum kostet das mit Euroem T-Net-Standardtarif 6 Cent die Minute? Mit TELE 2 sind's nur 1 Cent 48 die Minute. Eine Minute ist eine Minute oder?"

Bei diesen Worten wird das Szenenbild mit der Frau am Treppengeländer von einem roten Kasten mit "TELE 2" überdeckt, das sich zu dem Emblem von TELE 2 nacheinander aufbaut. Während dessen hört man aus dem Hintergrund:

"TELE 2. Einfach O 10 13 vorwählen und billig telefonieren".

Dabei erscheinen nacheinander auf dem Emblem die beiden abgebildeten Füße mit nur drei Zehen - mit der Anspielung auf die Zahl "13" - und die Netzbetreiber-Kennzahl der Beklagten und ihre Bezeichnung TELE 2.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Spots "B K 6" wird auf die CD.-ROM Anlage B K 6 Bezug genommen (vgl. noch Anlage B K 1 sowie Bl. 44 ff.).

Der Tarif der Beklagten (von TELE 2) betrug zur Zeit der Ausstrahlung des beanstandeten Werbespots - und zwar sowohl bei Call-by-Call als auch bei Pre-Selection - für Inlandsferngespräche ins Festnetz ("Deutschland-National-Fern") von Montag bis Freitag von 19 Uhr bis 7 Uhr 1,48 ct/min und von 7 Uhr bis 19 Uhr 4,6 ct/min, am Samstag, Sonntag und bundesweiten Feiertagen von 0 Uhr bis 24 Uhr 1,7 ct/min (Anlagen K 3 und B. K 2-3).

Der im Spot genannte "T-Net-Standard-Tarif" der Klägerin wies bei einem monatlichen Grundpreis von 15,56 EUR (für den T-Net-Anschluss) für Inlandsferngespräche (die sog. "Deutschlandv...

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