Leitsatz (amtlich)

1. Ein Antrag, nach dem einem Wettbewerber verboten werden soll, sein Produkt "unterhalb des marktgerechten Preises" anzubieten, ist auch dann nicht hinreichend bestimmt i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn im Antrag zwar auf in bestimmter Weise berechnete und von der Klägerin für die Vergangenheit als marktgerecht angesehene Preise verwiesen wird, die der Berechnung des marktgerechten Preises zugrunde zu legenden Parameter aber zwischen den Parteien streitig sind und auch ständiger Veränderung unterliegen, so dass für die Zukunft nicht eindeutig festgestellt werden kann, wo die Grenze zwischen einem noch marktgerechten und einem nicht mehr marktgerechten Preis verläuft.

2. Ist es dem Kläger möglich, die aus seiner Sicht maßgeblichen Kriterien für die Bestimmung des marktgerechten Preises konkret zu benennen, in den Antrag aufzunehmen und bei veränderlichen Faktoren, soweit erforderlich, zusätzlich die für deren Bestimmung heranzuziehenden Parameter anzugeben, dann ist die mangelnde Bestimmtheit des Antrags auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gewährung effektiven Rechtsschutzes hinzunehmen.

3. § 16a Abs. 1 S. 3 RStV ist lediglich eine Marktzutrittsregelung, nicht jedoch eine marktverhaltensregelnde gesetzliche Vorschrift im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG 2008 und § 3a UWG 2015.

4. Bei einem aus zwei Wettbewerbern bestehenden Markt kann die Preisstruktur des klagenden Wettbewerbers zur Ermittlung des marktgerechten Preises nicht maßgeblich herangezogen werden. Ansonsten hätte es eine Seite in der Hand, der anderen Seite die eigene Preisstruktur aufzuzwingen.

5. Die Bestimmung des marktgerechten Preises für Radiowerbezeiten kann nicht auf Basis der Durchschnittskosten für den Betrieb privater Radiosender und einem daran anknüpfenden kostendeckenden Preis für einen wirtschaftlichen Betrieb der Sender erfolgen, wenn nicht erkennbar ist, wie sich die Kostenstruktur der privaten Radiosender im Einzelnen zusammensetzt und ob sie in jeder Hinsicht den Anforderungen an ein kosteneffizient arbeitendes Unternehmen entspricht. Für letzteres streitet auch keine Vermutung.

6. Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gebietet es öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht, durch ihre Preisgestaltung für Radiowerbezeiten "optimale" wirtschaftliche Rahmenbedingungen auch für private Rundfunkveranstalter zu schaffen (Anschluss: VG Köln, Urteil vom 13.11.2003, 6 K 3739/01).

 

Normenkette

ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2; UWG 2008 §§ 3, 4 Nr. 11; UWG 2015 §§ 3, 3a; RStV § 16a Abs. 1 S. 3; GG Art. 5 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 312 O 202/12)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, ZK 12, vom 16.7.2013 (Az. 312 O 202/12) wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass die Klage in der Fassung des in der Berufungsverhandlung vom 23.2.2017 gestellten Hauptantrages als unzulässig abgewiesen wird.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Parteien sind Wettbewerber. Sie vermitteln Hörfunkwerbezeiten für Hörfunksender, und zwar vorrangig an national tätige Werbekunden. Es gibt außer ihnen keine vergleichbaren Anbieter, die ein national flächendeckendes Angebot an Hörfunkwerbezeiten vermarkten.

Die Klägerin, deren Kommanditisten private Radioanstalten sind, vermarktet ausschließlich Werbezeiten privater Rundfunksender. Sie wird tätig als Kommissionsagentin, mithin im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Sender, wobei sie im Rahmen dieser Kommissionsagententätigkeit neben der Akquise auch die Abwicklung der Aufträge (Rechnungslegung, Inkasso etc.) übernimmt.

Die Beklagte ist eine 100%ige Tochter der ARD-Werbung S. GmbH; Gesellschafter ihrer Muttergesellschaft sind die Werbetochtergesellschaften der neun ARD-Landesrundfunkanstalten. Sie vertreibt ebenfalls Hörfunkwerbezeiten von Radiosendern in Deutschland an nationale Kunden, also an Kunden, die flächendeckend in mindestens 4 Bundesländern Werbung verbreiten. In erster Linie vermarktet die Beklagte hierbei die Hörfunkwerbezeiten der öffentlich-rechtlichen Sender, daneben auch die von privaten Hörfunksendern, wobei auch sie im Regelfall im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung tätig wird.

Beide Parteien bieten ihren Kunden zum einen Werbezeiten der jeweiligen Sender einzeln an (Einzelbelegung). Daneben fassen sie die Werbezeiten mehrerer Sender aber auch zu länderübergreifenden oder nationalen Kombinationen ("Kombis") zusammen, in deren Rahmen sie Werbezeiten mehrerer Sender zu einem Angebot bündeln. Für derartige Hörfunkwerbekombinationen wird ein sog. Kombirabatt (im Vergleich zur Summe der Preise der darin zusammengefassten Einzelpreise) gewährt.

Streitgegenständl...

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