Entscheidungsstichwort (Thema)

Lauf der Revisionseinlegungs- und -begründungsfrist bei mangelnder Zustellung des Berufungsurteils

 

Normenkette

StPO § 329 Abs. 2, § 341 Abs. 2 Hs. 2, § 346 Abs. 2, § 356a

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 22.11.2017; Aktenzeichen 242 Ds 290/16 - 707 Ns 60/17)

 

Tenor

Auf den Antrag des Angeklagten auf Entscheidung des Revisionsgerichts wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, Kleine Strafkammer 7, vom 22. November 2017 aufgehoben.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht Hamburg hat den Angeklagten am 5. April 2017 wegen "unerlaubten gewerbsmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln" zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu jeweils 10 Euro verurteilt.

Auf die am selben Tag gegen das amtsgerichtliche Urteil eingelegte Berufung des Angeklagten hat das Landgericht Hamburg, Kleine Strafkammer 7, Berufungshauptverhandlung für den 15. und 30. August 2017 sowie 7. und 18. September 2017 anberaumt. Zu diesen Terminen sind der Verteidiger und der Angeklagte, dieser unter der Anschrift des zur Entgegennahme von Ladungen von ihm gesondert bevollmächtigten Verteidigers, geladen worden. Mit am 14. August 2017 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Verteidiger unter Vorlage einer zum landgerichtlichen Aktenzeichen erteilten Vertretungsvollmacht des Angeklagten vom selben Tag ("Hiermit erteile ich, J. K., Herrn RA Dr , ..., in der Sache 707 Ns 60/17 Vertretungsvollmacht [§ 329 StPO])" mitgeteilt, dass der Angeklagte sich "im morgigen Hauptverhandlungstermin" von ihm vertreten lassen wolle und er ihn vertreten werde. Das Landgericht hat daraufhin noch am 15. August 2017 erneute Ladung des Angeklagten "unter Hinweis auf die Anordnung des persönlichen Erscheinens und die Folgen des Ausbleibens, § 329 IV StPO" verfügt, worauf der Angeklagte zum Hauptverhandlungstermin vom 30. August 2017 entsprechend geladen worden ist. Ausweislich des Hauptverhandlungsprotokolls ist zum Hauptverhandlungstermin am 15.August 2017 der Angeklagte nicht erschienen und hat das Landgericht "gem. § 329 Abs. 2 StPO in Abwesenheit des Angeklagten verhandelt", wobei der Verteidiger als Vertreter nach Belehrung für den Angeklagten Erklärungen abgegeben hat. Zum Hauptverhandlungstermin vom 30. August 2017 sind Angeklagter und Verteidiger erschienen. Am Ende dieses Termins hat das Landgericht die Prozessbeteiligten auf den Termin vom 7. September 2017 hingewiesen und erklärt, dass "die Anordnung des persönlichen Erscheinens gemäß § 329 IV StPO" "aufrechterhalten" wird. Zum Hauptverhandlungstermin vom 7. September 2017 sind erneut Angeklagter und Verteidiger erschienen. Am Ende dieses Termins hat das Landgericht ausweislich Hauptverhandlungsprotokolls angeordnet, dass der Fortsetzungstermin vom 18. September 2017 entfällt und weitere Termine auf den 27. September 2017, 08.00 Uhr bis 09.30 Uhr, sowie den 13. Oktober 2017, 09.00 Uhr bis 15.00 Uhr, anberaumt werden. Außerdem sind alle Beteiligten vor dem Protokoll zu diesen Terminen geladen und ist die Anordnung des persönlichen Erscheinens des Angeklagten "gem. § 329 IV StPO" für diese Termine aufrechterhalten sowie der Angeklagte "auf die Folgen des Ausbleibens hingewiesen" worden. Zum Hauptverhandlungstermin am 27. September 2017 ist der Angeklagte nicht erschienen, ohne dass Entschuldigungsgründe mitgeteilt worden wären. Der Verteidiger hat beantragt, mit ihm als Vertreter des Angeklagten zu verhandeln. Das Landgericht hat diesen Antrag zurückgewiesen und auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch in Anwesenheit des Verteidigers mündlich verkündetes Urteil die Berufung des Angeklagten verworfen sowie eine "Belehrung über zulässige Rechtsmittel" erteilt.

Ausweislich der Gründe des am 16. Oktober 2017 auf der Geschäftsstelle eingegangenen schriftlichen Urteils hat das Landgericht die Berufung wegen unentschuldigten Ausbleibens des ordnungsgemäß geladenen Angeklagten trotz Anwesenheit eines Verteidigers mit schriftlicher Vertretungsvollmacht verworfen, "weil das persönliche Erscheinen des Angeklagten gemäß § 329 Abs. 4 StPO angeordnet war". Eine Zustellung des schriftlichen Urteils ist bisher nicht erfolgt. Am 13. Oktober 2017 hat die Kammervorsitzende vermerkt: "Die Frist zur Einlegung der Revision ist abgelaufen. Sie betrug nur eine Woche ab Verkündung, weil der Angeklagte in der Hauptverhandlung durch einen Verteidiger mit schriftlicher Vertretungsvollmacht für den Fall seiner Abwesenheit vertreten war (§ 341 Abs. 2 StPO)", und formlose Übersendung des Urteils an Angeklagten und Verteidiger verfügt. Nach Beantragung und Gewährung von Akteneinsicht hat der Verteidiger mit am 11. November 2017 beim Landgericht Hamburg eingegangenem Schriftsatz gegen das Urteil vom 27. September 2017 Revision eingelegt, die er zugleich mit dem Antrag auf Aufhebung des Urteils sowie Einstellung des Verfahrens wegen nicht ordnungsgemäßen Eröffnungsbeschlusses und der allgemeinen Sachrüge begründet hat.

Mit Beschluss vom 22. November 2017 hat das Landgericht die Revision des Angeklagten "gegen...

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