Leitsatz (amtlich)

1. Beim Angebot von Fertigpackungen mit Aminosäurenprodukten in Kapselform besteht nach § 2 Abs. 1 S. 1, 2 PAngV die Pflicht zur Angabe des gewichtsbezogenen Grundpreises; die Angabe des Stückpreises je Kapsel genügt nicht (Anschluss an OLG Düsseldorf, BeckRS 2019, 25783).

2. Die Ausnahme des Art. 23 Abs. 3 in Verbindung mit Anhang IX Nr. 1c der VO 1169/2011 (Lebensmittelinformationsverordnung), wonach die Angabe der Nettofüllmenge nicht verpflichtend bei Lebensmitteln ist, die normalerweise nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht werden, sofern die Stückzahl von außen leicht zu sehen und einfach zu zählen ist oder anderenfalls in der Kennzeichnung angegeben ist, ist auf das Angebot von Aminosäurenprodukten in Kapselform nicht anwendbar.

3. Ein solcher Verstoß gegen die Pflicht zur Grundpreisangabe ist auch spürbar i.S. des § 3a UWG.

 

Normenkette

PAngV § 2 Abs. 1 Sätze 1-2; UWG §§ 3, 3a; EUVO 1169/2011 Art. 23 Abs. 3 i.V.m. Anhang IX Nr. 1c

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 416 HKO 81/19)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 27. August 2019 wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg, KfH 16, vom 8. August 2019 (Aktenzeichen 416 HKO 8119) abgeändert:

Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung - wird dem Antragsgegner bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000,00; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten,

im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in der an den Letztverbraucher gerichteten Werbung im Internet für den Absatz von Fertigpackungen mit Nahrungsergänzungsmitteln, nämlich Aminosäureprodukten in Kapselform, unter Angabe von Preisen zu werben, ohne in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis auch den Grundpreis - bezogen auf das Gewicht - anzugeben, wenn dies geschieht wie aus der nachfolgend eingeblendeten Anlage ASt 1 ersichtlich:

((Abbildung))

II. Die Kosten des Rechtsstreits fallen dem Antragsgegner zur Last.

III. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 6.400,00 festgesetzt. Für das Verfahren erster Instanz wird der Streitwert auf EUR 6.400,00 herabgesetzt.

 

Gründe

A. Der Antragsteller nimmt den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes aus Wettbewerbsrecht wegen unzureichender Grundpreisangabe auf Unterlassung in Anspruch. Beide Parteien vertreiben u.a. Aminosäureprodukte im Internet.

Das Landgericht hat den Verfügungsantrag vom 4. März 2019 mit Beschluss vom 8. August 2019 zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass das Vorgehen des Antragstellers rechtsmissbräuchlich i.S.v. § 8 Abs. 4 UWG sei.

Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze und Anlagen, einschließlich der Schutzschrift vom 19. Februar 2019, sowie auf die Ausführungen des Landgerichts in den vorliegenden Beschlüssen Bezug genommen.

B. Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet.

I. Der Verfügungsgrund liegt vor.

Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG ist nicht widerlegt, insbesondere nicht durch den Verlegungsantrag des Antragstellervertreters vom 1. April 2019, der ausdrücklich auf eine Vorverlegung der für den 15. Mai 2019 terminierten mündlichen Verhandlung gerichtet war. Der Umstand, dass der Antragstellervertreter zugleich vorsorglich mitgeteilt hat, dass er auch am 22. Mai 2019 zur Verfügung stünde, vermag nicht zu belegen, dass dem Antragsteller die Sache nicht eilig gewesen wäre.

II. Der Verfügungsantrag steht in Einklang mit dem Bestimmtheitsgebot nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Zwar trifft es zu, dass in dem gestellten Unterlassungsantrag nicht ausdrücklich darauf abgestellt wird, dass die Angabe des Grundpreises im Hinblick auf das Gewicht geltend gemacht wird. Der geltend gemachte Anspruch ergibt sich jedoch nicht allein aus dem Wortlaut des gestellten Antrags, sondern auch aus seiner Begründung. Vorliegend ergibt sich bereits aus der Verbindungsanlage ASt 1, die Teil des gestellten Unterlassungsantrags ist, dass die streitgegenständliche Werbung eine Grundpreisangabe im Hinblick die einzelne Kapsel aufweist ("0,15 EUR/1 St"). Daraus ergibt sich unmittelbar, dass vorliegend nicht das Fehlen jeglicher Grundpreisangabe im Streit steht. Darüber hinaus ergibt sich aus der Antragsbegründung unmissverständlich, dass der Antragsteller sich hier gegen das Fehlen der gewichtsbezogenen Grundpreisangabe bei Aminosäureprodukten, die in Kapselform angeboten werden, wendet.

Zweifel an der Bestimmtheit des Verfügungsantrags ergeben sich somit nicht. Der Streitgegenstand und die Handlungen, die untersagt werden sollen, sind dem gestellten Antrag ohne weiteres zu entnehmen. Der Senat hat diesen Aspekt jedoch - zur Klarstellung und damit kostenneutral - ausdrücklich in den Unterlassungsten...

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