Entscheidungsstichwort (Thema)

Landwirtschaftssache: Wiedereinsetzung in die Versäumung der Beschwerdefrist bei unrichtiger Rechtsmittelbelehrung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Wird im Verfahren betreffend die Ausübung des Vorkaufsrechtes nach dem RSG die Beschwerde durch den anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nach Erteilung einer unrichtigen Rechtsmittelbelehrung nicht innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 63 Abs. 2 Nr. 2 FamFG eingelegt, so kommt die Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Betracht.

2. Im Verfahren nach § 10 RSG vor den Landwirtschaftsgerichten ist die Frage, ob ein Vorkaufsrecht nach § 4 RSG wegen Vorliegens einer gemischten Schenkung nicht gegeben ist, nicht zu prüfen ist, sondern einer etwaigen Klärung im Zivilprozesswege vorbehalten.

 

Normenkette

LwVfG § 9; FamFG §§ 17-18, 39, 63 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

AG Michelstadt (Beschluss vom 30.09.2015; Aktenzeichen 1 Lw 1/14)

 

Tenor

Dem Beschwerdeführer wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist gewährt.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat die Gerichtskosten beider Instanzen zu tragen und der Beteiligten zu 3) etwa entstandene außergerichtliche Auslagen des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 2.000,-- EURO.

 

Gründe

I. Die Beteiligten streiten um die Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechtes betreffend das eingangs bezeichnete landwirtschaftliche Grundstück.

Der Verkäufer veräußerte dieses als Wiese genutzte Grundstück mit dem eingangs bezeichneten notariellen Kaufvertrag vom 27.2.2014 an den Beschwerdeführer zu einem Kaufpreis von 2.000,-- EURO, was einem Preis von ca. 0,33 EURO/qm entspricht. In dem Kaufvertrag ist ausgeführt:

"5. Kaufpreis

Das Vertragsobjekt ist eine Wiese, die sich über einen Hügel erstreckt, mit Felsen durchsetzt und durch die sich Gasleitungen ziehen, weshalb auch die Bepflanzung eingeschränkt ist. Der Kaufpreis beträgt mit Rücksicht auf diese Beschaffenheit des Grundstücks

EURO 2000,--"

Der Kaufvertrag wurde von der Notarin unter dem 14.3.2014 bei dem A-Kreis zur Genehmigung nach dem Grundstücksverkehrsgesetz (GrdStVG) eingereicht; die Prüfungsfrist wurde durch Zwischenbescheid vom 1.4.2014, der Notarin zugestellt am 3.4.2014, mit Hinweis auf die gebotene Vorlage zur Entscheidung über die Ausübung des Vorkaufsrechtes nach dem RSG auf insgesamt drei Monate verlängert.

Im Rahmen des Anhörungsverfahrens gab der Beschwerdeführer an, er betreibe noch keine Landwirtschaft, die Familie sei jedoch Besitzer von Pferden und im Begriff, selbst eine betriebliche Landwirtschaft zu gründen, was ohne Land nicht möglich sei, deshalb werde die Wiese gerade jetzt in der Aufbauphase benötigt. Der Verkäufer habe ihnen das Grundstück zum Kauf angeboten, nachdem der derzeitige Pächter den geforderten Preis nicht habe zahlen wollen.

Als Erwerbsinteressent meldete sich der Landwirt B aus X und gab an, das schon bisher von ihm gepachtete Wiesengrundstück für seinen Betrieb zu benötigen, der eine Fläche von 18,3 ha, davon 1,12 ha Eigentumsfläche aufweise. Der Betrieb halte 15 Mutterschafe, drei Mutterkühe, 20 Hühner und 5 Mastschweine und erzeuge die Futtergrundlage zu 100 % selbst.

Das Siedlungsunternehmen erklärte mit Schreiben vom 28.4.2014 die Ausübung des Vorkaufsrechtes zu dem Kaufvertrag, da sich kaufinteressierte Landwirte beworben hätten, die das Grundstück zur Erhöhung des Eigenlandanteils benötigten.

Die untere Genehmigungsbehörde teilte mit Bescheid vom 5.5.2014 mit, dass das Siedlungsunternehmen das Vorkaufsrecht ausgeübt habe und der landwirtschaftsrechtlichen Genehmigung des Vertrages Bedenken aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdStVG entgegenstünden. Entscheidend hierfür sei, dass eine Konkurrenz zwischen dem Erwerber als Nichtlandwirt mit mehreren leistungsfähigen Landwirten bestehe.

Hiergegen stellte der Beschwerdeführer rechtzeitig Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit dem er im Wesentlichen geltend machte, bei dem Vertrag handele es sich um eine gemischte Schenkung, da der Kaufpreis mit Rücksicht auf eine langjährige Freundschaft so niedrig angesetzt worden sei. Er selbst halte auf dem Nachbargrundstück auch bereits zwei Pferde und ein Pony. Von einem dringenden Aufstockungsbedarf des Kaufbewerbers B könne nicht ausgegangen werden, da dieser zuvor das Angebot des Verkäufers zum Erwerb des Grundstückes zum Preis von 1,-- EURO/qm ausgeschlagen habe. Gegen dessen Aufstockungsbedürfnis spreche auch, dass er nur in geringfügigem Umfang Landwirtschaft betreibe und das Grundstück früher einmal unbefugt unterverpachtet habe. Die Ehefrau des Beschwerdeführers sei derzeit (Stand 01.06.2015) selbst Landwirtin, da sie drei Kühe/Rinder, 23 Hühner, 8 Schafe und 2 Pferde halte und ab dem 1.10.2015 einen Vollerwerbslandwirtschaftsbetrieb plane mit Pferdepension und Galloway-Zucht, wofür auch bereits die erforderlichen Gerätschaften vorhanden seien. Im Übrigen habe er mit Kaufvertrag vom 2.4.2015 mittlerweile in X von ein...

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