Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine inzidente Prüfung der Vaterschaft im Erbscheinserteilungsverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Die gesetzliche Erbfolge richtet dich allein nach der rechtlichen Verwandtschaft im Sinne des § 1589 BGB. Eine inzidente Prüfung der Vaterschaft kommt im Erbscheinserteilungsverfahren wegen der Sperrwirkung des § 1599 Abs. 1 BGB bzw. § 1593 BGB a.F. grundsätzlich nicht in Betracht. Im Falle eines von Abkömmlingen des behaupteten biologischen Vaters des Erblassers geltend gemachten gesetzlichen Erbrechts gibt es jedenfalls ohne das Hinzutreten besonderer Umstände keinen Anlass für eine Abweichung von diesem Grundsatz.

 

Normenkette

BGB §§ 1589, 1592, 599 Abs. 1, §§ 1924, 1593

 

Verfahrensgang

AG Rüdesheim (Beschluss vom 15.07.2013; Aktenzeichen 8 VI 128/11)

 

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beteiligte zu 4) hat den Beteiligten zu 1) und 2) zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens etwa entstandene notwendige Aufwendungen zu erstatten.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis 470.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Der am ... 1929 geborene und am ... 2011 verstorbene Erblasser war unverheiratet und hatte keine Kinder. Er war das einzige Kind der am ... 1992 vorverstorbenen Vorname1 Nachname1, geb. Nachname2, welche mit dem am ... 1975 vorverstorbenen Vorname2 Nachname1 verheiratet war. Die Ehe war am ... 1923 geschlossen worden. Aus der Ehe sind keine weiteren Kinder hervorgegangen.

Die Großeltern väterlicherseits des Erblassers waren Vorname3 und Vorname4 Nachname1. Diese hatten neben dem Vater des Erblassers ein weiteres Kind, die am ... 1888 geborene und ... 1969 verstorbene Vorname5 Nachname3, geb. Nachname1.

Die Großeltern mütterlicherseits des Erblassers, die am ... 1856 geborene Vorname6 Nachname2, geb. Nachname4, und deren Ehemann, der am ... 1857 geborene Vorname7 Nachname2, sind vorverstorben. Ebenso vorverstorben sind deren sämtliche Kinder und Enkel. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die drei einzigen lebenden Urenkel der Vorname6 und des Vorname7 Nachname2. Wegen der Einzelheiten zu den Abkömmlingen der Vorname6 und des Vorname7 Nachname2 wird auch auf den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2) und 3) vom 20.07.2012 (Bl. 143 ff. d.A.) nebst Anlagen Bezug genommen.

Letztwillige Verfügungen des Erblassers sind nicht bekannt geworden.

Die Beteiligten zu 4) bis 6) sind Kinder des am ... 1962 verstorbenen Vorname8 Nachname5. Der Beteiligte zu 4) trägt vor, sein Vater Vorname8 Nachname5 sei entgegen der urkundlichen Feststellungen auch der biologische Vater des Erblassers, so dass die Beteiligten zu 4) bis 6) und der Erblasser Halbgeschwister seien.

Mit notariell beurkundetem Erbscheinsantrag vom 27.01.2012 (Bl. 96 ff. d.A.), auf welchen wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Beteiligte zu 4) die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins beantragt, der ihn und seine beiden Schwestern, die Beteiligten zu 5) und 6), zu jeweils 1/3 als Miterben nach dem Erblasser ausweisen soll. Er hat sein Erbrecht auf gesetzliche Erbfolge gestützt. Er hat die Ansicht vertreten, dass seine Schwestern und er, da sie mit Vorname8 Nachname5 denselben Vater wie der Erblasser hätten, auch dessen gesetzliche Erben zweiter Ordnung nach § 1925 Abs. 3 BGB seien. Bei den Verwandten des Erblassers mütterlicherseits handele es sich um Erben entfernterer Ordnungen, die nach § 1930 BGB demnach von der Erbfolge ausgeschlossen seien.

Der Beteiligte zu 4) hat in seinem Antrag im Einzelnen Ausführungen dazu gemacht, dass die beiden Kinder einer Schwester des Vorname8 Nachname5 über ihre Mutter viele Jahre hinweg Kenntnis von dem Verwandtschaftsverhältnis gehabt hätten und darüber Zeugnis ablegen könnten. Zudem werde die Durchführung eines DNA-Tests als Beweismittel angeboten.

Der Beteiligte zu 2) hat sich mit Schreiben vom 22.05.2012 (Bl. 127 d.A.) gegen den Antrag des Beteiligten zu 4) gewandt. Er hat u.a. vorgebracht, dass eine Anerkennung der Vaterschaft des Vorname8 Nachname5 gegenüber dem Erblasser nicht vorgelegen hätte. §§ 1924 ff. BGB regelten die gesetzliche Erbfolge. Die Abstammung eines Kindes werde nach § 1589 BGB durch bestehende Ehe mit der Mutter des Kindes oder durch Anerkennung der Vaterschaft begründet. Demnach gelte kraft Gesetzes die eheliche Abstammung, so dass sich eine Prüfung der Verwandtschaft des Erblassers mit den möglichen Halbgeschwistern erübrige.

Auch der Beteiligte zu 3) ist dem Antrag mit Schriftsatz vom 22.05.2012 (Bl. 124 ff. d.A.), auf den gleichfalls Bezug genommen wird, entgegen getreten. Er hat u.a. ausgeführt, dass in den Personenstandsurkunden Vorname2 Nachname1 als Vater des Erblassers eingetragen sei. Es gelte demnach die gesetzliche Vermutung der §§ 1591, 1592 BGB, wonach dieser auch der leibliche Vater des Erblassers sei. Demnach seien die Beteiligten zu 1) bis 3) als einzige lebende Verwandte des Erblassers auch dessen Erben. Er hat weiter darauf verwiesen, dass der Beteiligte zu 4) und dessen Schwestern bei der Verteilung des Erbes ihres Vaters,...

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