Leitsatz (amtlich)

1. Beschlüsse der Wohnungseigentümer im Hinblick auf bestehende Sondernutzungsrechte bleiben grundsätzlich statthaft, da sie Gegenstand des Gemeinschaftseigentums bleiben. Etwas anderes gilt nur dann, wenn damit in den Kernbereich eines Sondernutzungsrechts eingegriffen oder eine gesetzes- bzw. vereinbarungsändernde Wirkung statuiert wird.

2. Zur Einschränkung der Vermietbarkeit von Tiefgaragenstellplätzen durch Wohnungseigentümerbeschluss.

 

Normenkette

WEG § 15

 

Verfahrensgang

LG Kassel (Aktenzeichen 3 T 724/03)

 

Gründe

I. Die Beteiligten zu 1) bis 3) sind die Mitglieder der sich aus dem Rubrum ergebenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese besteht aus 56 Wohnungseigentums- und 6 Teileigentumseinheiten, einer Kellergarage mit 14 Einstellplätzen und einer Tiefgarage mit 9 Einstellplätzen.

Der Grundbesitz ist nach Maßgabe der Ziff. I der Teilungserklärung vom.... 1995, Urkundenrolle-Nr ..../1995 des Notars N1 in O1 (Bl. 11 ff. d.A.), mit beschränkten persönlichen Dienstbarkeiten des Inhalts, dass

"1. eine andere Nutzung des Grundstücks verboten ist als die Nutzung für betreutes Wohnen in einer Seniorenanlage und

2. die Berechtigte das Recht hat, die Besetzung der Wohnungen zu bestimmen",

zugunsten der A mH,..., belastet, der nunmehrigen Antragstellerin zu 2).

In Ziff. IV § 4 Abs. 4 der Teilungserklärung (Bl. 17 d.A.) sind an den im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden 14 Kellergarageneinstellplätzen und 9 Tiefgarageneinstellplätzen ständige, unbefristete und unentgeltliche Sondernutzungsrechte begründet worden.

Weiter heißt es hierzu in Ziff. IV § 4 der Teilungserklärung:

"Die Sondernutzungsrechte stehen zunächst den Eigentümern allein zu, auch dann, wenn sie nicht mehr Alleineigentümer dieses Grundstücks sind; sie dürfen die Ausübung der Nutzungsrechte künftigen Wohnungseigentümern überlassen; sie sind befugt, jedes Sondernutzungsrecht - ohne Zustimmung etwaiger anderer Miteigentümer - ganz oder teilweise einem künftigen Wohnungs- und Teileigentümer zu übertragen. Diese Übertragung erfolgt durch besondere Erklärung in den Kaufverträgen, in denen das Wohnungseigentum erstmalig veräußert wird. Die Übertragung eines Sondernutzungsrechts innerhalb der Miteigentümergemeinschaft ist ohne Zustimmung der anderen Miteigentümer zulässig."

In der Eigentümerversammlung vom 6.6.2003, zu der der Beteiligte zu 4) als Verwalter unter dem 27.5.2003 eingeladen hatte, fassten die Wohnungseigentümer unter TOP 6 - Tiefgarageneinstellplätze - mehrheitlich bei 5 Neinstimmen und 10 Enthaltungen folgenden Beschluss:

"Tiefgarageneinstellplätze dürfen nur an Bewohner der Häuser X. und... vermietet werden, soweit sie nicht von den Eigentümern selbst genutzt werden."

Auf das Protokoll vom 16.6.2003 (Bl. 9 ff. d.A.) wird insofern verwiesen.

Gegen diesen Beschluss haben sich die Antragsteller vor dem AG gewandt. Sie sind Sondernutzungsberechtigte von insgesamt neun Kellergaragen- bzw. Tiefgarageneinstellplätzen. Sie haben Stellplätze in der Tiefgarage zum Teil fremd vermietet und Dritten zur Nutzung überlassen. Sie haben die Auffassung vertreten, dass mit dem angefochtenen Wohnungseigentümerbeschluss in ihr Sondernutzungsrecht eingegriffen werde. Für einen derartigen Eingriff bedürfe es jedoch der Zustimmung aller Wohnungseigentümer, ein Mehrheitsbeschluss reiche insoweit nicht aus; denn durch die oben genannte Regelung in § 4 der Teilungserklärung habe keinesfalls eine Gebrauchsregelung des Inhalts getroffen werden sollen, dass eine Fremdvermietung ausgeschlossen sei.

Durch Beschluss vom 14.11.2003 (Bl. 103 ff. d.A.), auf den verwiesen wird, hat das AG den Antrag, den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 6.6.2003 zu TOP 6 - Tiefgarageneinstellplätze - für ungültig zu erklären, zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Inhalt des Sondernutzungsrechtes, wie es sich aus dem Gesamtkontext der Teilungserklärung ergebe, eine Fremdvermietung der Garageneinstellplätze ausschließe.

Gegen diesen Beschluss haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihr ursprüngliches Begehren weiter verfolgt haben. Zur Begründung haben sie ausgeführt, dass sich aus dem ihnen eingeräumten Sondernutzungsrecht grundsätzlich (auch) ein Vermietungsrecht ergebe. Eine das Vermietungsrecht einschränkende Bestimmung bedürfe einer ausdrücklichen - und hier nicht erfolgten - Regelung in der Teilungserklärung. Hinzu komme, dass die ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Stellplätze tatsächlich an solche Dritte vermietet worden seien, deren Tätigkeit einen Bezug zum betreuten Wohnen aufweise und damit dem Nutzungsziel dienlich sei.

Die Antragsgegner haben die amtsgerichtliche Entscheidung verteidigt und eine Fremdvermietung der Garageneinstellplätze aufgrund Ziff. IV § 4 der Teilungserklärung, der bestellten beschränkten persönlichen Dienstbarkeit und des Gesamtkontextes der Teilungserklärung für unzulässig gehalten.

Durch den angefochtenen Beschluss (Bl. 148 ff. d.A.), auf den ebenfalls Bezug genommen wird, hat ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt VerwalterPraxis Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge