Leitsatz (amtlich)

Die Pflicht zur Veröffentlichung eines im Enforcementverfahren festgestellten Fehlers bezieht sich nur auf diesen Fehler selbst und die wesentlichen Teile der Begründung der Fehlerfeststellung. Eine Ermächtigungsgrundlage für die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zur Anordnung der zusätzlichen Veröffentlichung von Art und Umfang der durchgeführten Prüfung, die zu der Feststellung des Fehlers geführt hat, ist nicht gegeben.

Das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung eines im Enforcementverfahren festgestellten Rechnungslegungsfehlers entfällt nur im Ausnahmefall, wenn es sich aus der Sicht der Kapitalmarktteilnehmer und deren Interesse an einer korrekten Information um einen offensichtlich unwesentlichen Verstoß gegen Rechnungslegungsvorschriften handelt. Das öffentliche Interesse an der Veröffentlichung eines festgestellten Fehlers der Risikoberichterstattung im Konzernlagebericht wird nicht bereits durch die Publizierung der folgenden Quartalsergebnisse oder des Folgeabschlusses beseitigt.

Die mögliche negative Beeinflussung des Aktienkurses ist eine typische und bewusst eingesetzte Folge der Fehlerveröffentlichung und reicht für ein Absehen von deren Anordnung nach § 37q Abs. 2 Satz 3 WpHG zum Schutz der berechtigten Interessen des Unternehmens vor Schaden nicht aus.

 

Normenkette

WpHG § 37q Abs. 2, § 37t Abs. 2, § 37u Abs. 2; WpÜG § 50 Abs. 3 Nr. 2, § 50 Nr. 3

 

Tenor

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruches der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 5.2.2007 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Antragstellerin zu tragen.

Geschäftswert: 20.000 EUR.

 

Gründe

I. Nachdem die Antragstellerin auf entsprechende Ankündigung ihre Bereitschaft zur freiwilligen Mitwirkung erklärt hatte, unterzog die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (im Folgenden: DPR) im Zeitraum von November 2005 bis Anfang Oktober 2006 deren Konzernabschluss und den Konzernlagebericht zum 31.12.2004 einer Anlassprüfung gem. § 342b Abs. 2 S. 3 Nr. 1 HGB.

Mit Schreiben vom 5.10.2006 teilte die DPR der Antragstellerin folgende Fehlerfeststellung mit:

"Die Berichterstattung im Konzernlagebericht zur künftigen Entwicklung zusammen mit den Ausführungen zur Lage der Gesellschaft und dem Geschäftsverlauf lässt auf der Basis des Geschäftsjahres 2004 für 2005 und die Folgejahre ein weiteres bedeutendes Wachstum bei Umsatz und EBIT erwarten. Diese Erwartung wird durch die Ausführungen im Geschäftsbericht noch verstärkt. Die Berichterstattung zu den am Bilanzstichtag 31.12.2004 und dem Zeitpunkt der Aufstellung des Konzernabschlusses 2004 (....3.2005) objektiv bestehenden und auch erkennbaren wesentlichen Risiken (so u.a. das Auslaufen des Steuerprivilegs für kapitalbildende Lebens- und Rentenversicherungen mit Kapitalwahlreht Ende 2004 mit entsprechenden Vorzieheffekten sowie erkennbaren Risiken zu der voraussichtlichen Entwicklung der Ertragslage in 2005) einer solchermaßen dargestellten künftigen Entwicklung mit einer erfolgten umfassenden Berichterstattung zu Chancen entspricht hinsichtlich der Vollständigkeit und der Richtigkeit der Berichterstattung nicht den Anforderungen des § 315 Abs. 1 zweiter Halbsatz HGB sowie dem Deutschen Rechnungslegungsstandard Nr. 5 (DRS 5) zur Risikoberichterstattung."

Mit dieser Fehlerfeststellung erklärte die Antragstellerin sich mit Schreiben vom 8.12.2006 einverstanden.

Die Antragsgegnerin teilte der Antragstellerin am 21.12.2006 per Fax mit, dass sie eine Veröffentlichung des seitens der DPR festgestellten Fehlers für erforderlich halte. Hiergegen machte die Antragstellerin mit Schreiben vom 4.1.2007 geltend, ein öffentliches Interesse an der Fehlerbekanntmachung sei nicht gegeben und beantragte hilfsweise, von einer Bekanntmachungsanordnung abzusehen, da die Veröffentlichung ihren berechtigten Interessen schaden würde.

Die Antragsgegnerin lehnte mit Bescheid vom 5.2.2007 den Antrag auf Nichtveröffentlichung ab und ordnete die unverzügliche Bekanntmachung des von der DPR festgestellten Fehlers samt den wesentlichen Teilen der Begründung der Feststellung an. Außerdem lehnte sie mit weiterem Bescheid vom selben Tage die von der Antragstellerin begehrte Aussetzung der Vollziehung der Veröffentlichungsanordnung ab. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Bescheide Bezug genommen.

Gegen die Veröffentlichungsanordnung legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 28.2.2007 Widerspruch ein, über den die Antragsgegnerin bisher nicht entschieden hat.

Mit am 1.3.2007 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz beantragt die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieses Widerspruches. Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, die Veröffentlichungsanordnung sei rechtswidrig, da es sich bei dem bloßen Prognoseirrtum im Konzernlagebericht um einen Bagatellfall handele und ein öffentliches Interesse an der Veröffentlichung jedenfalls deshalb nicht mehr bestehe, weil sie die Kapitalm...

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