Leitsatz (amtlich)

1. Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist PKH zur Durchführung des Rechtsmittels beantragt, ist nach Ablehnung des PKH-Gesuchs nur dann wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung zu gewähren, wenn sie davon ausgehen durfte, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von PKH genügend dargetan zu haben.

2. Eine ordnungsgemäße Darlegung erfordert bei Bezugnahme auf PKH-Unterlagen aus der Vorinstanz zusätzlich die unmissverständliche Erklärung, dass sich an den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen seither nichts verändert habe.

3. § 85 Abs. 2 findet auch im PKH-Verfahren Anwendung.

 

Normenkette

ZPO § 85 Abs. 2, § 117 Abs. 4, § 233

 

Verfahrensgang

LG Frankfurt am Main (Aktenzeichen 2/20 O 29/05)

 

Tenor

I. Der Antrag des Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug unter Beiordnung von Rechtsanwalt A wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

II. Der Antrag des Beklagten, ihm für die vollständige Erhebung seines Prozesskostenhilfeantrags Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einer Bürgschaft vom 20.8.1998 auf Zahlung i.H.v. 20.451,68 EUR in Anspruch. Mit Teilversäumnis- und Schlussurteil vom 21.3.2005 (Bl. 20 f. d.A.) hat das LG Frankfurt/M. den Beklagten zur Zahlung des vorstehend genannten Betrages nebst Zinsen verurteilt und mit weiterem Urt. v. 21.6.2005 das Teilversäumnisurteil aufrechterhalten. Gegen dieses seinem Bevollmächtigten am 29.6.2005 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 25.7.2005, eingegangen an diesem Tag, einen Antrag auf Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug nebst Berufungsentwurf, mit dem er die Abänderung des Urteils vom 21.6.2005 begehrt, eingereicht. Zugleich hat er auf die in der ersten Instanz vorgelegte Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse Bezug genommen. Darüber hinaus hat der Beklagte erklärt, er beabsichtige, nach der Entscheidung des Senats über die Prozesskosten einen Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlich der Versäumung der Berufungsfrist zu stellen.

Mit Verfügung vom 13.9.2005, auf deren Inhalt Bl. 83 f. d.A. wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Senat darauf hingewiesen, dass die beantragte Prozesskostenhilfe zu versagen sein dürfte, weil die beabsichtigte Rechtsverteidigung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Hiergegen wendet sich der Beklagte mit weiterem Schriftsatz vom 4.10.2005, in welchem er nunmehr ausdrücklich versichert, dass sich an seinen wirtschaftlichen Verhältnissen seit der ersten Instanz nichts geändert habe. Er beantragt nunmehr auch, ihm für die vollständige Erhebung seines Prozesskostenhilfeantrages Wiedereinsetzung zu gewähren. Zur Begründung seiner Anträge macht der Beklagte geltend, er habe die Vornahme einer fristwahrenden Handlung unverschuldet versäumt und sei deshalb berechtigt, den vollständigen Antrag auf Prozesskostenhilfe noch später, nämlich innerhalb der Frist des § 234 ZPO, zu stellen. Im Übrigen habe er davon ausgehen dürfen, dass die bloße Bezugnahme auf die erstinstanzlichen Prozesskostenunterlagen im Zusammenhang mit dem Hinweis auf seine nach wie vor bestehende Bedürftigkeit ausreiche.

Schließlich sei ihm ein etwaiges Verschulden seines Prozessbevollmächtigten nicht zurechenbar, da § 85 Abs. 2 ZPO auf das nicht kontradiktorische Prozesskostenhilfeverfahren keine Anwendung finde.

II.1. Der Antrag des Beklagten auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die zweite Instanz ist nicht begründet, weil die beabsichtigte Berufung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Wie der Senat in seinem Hinweis vom 13.9.2005 bereits mitgeteilt hat, ist die beabsichtigte Berufung wegen Versäumung der Berufungsfrist unzulässig. Denn dem Beklagten wird insoweit keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sein, weil er die Berufungsfrist nicht schuldlos versäumt hat. Einer Partei, die vor Ablauf der Rechtsmittelfrist Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittels beantragt, ist nach Ablehnung des Prozesskostenhilfegesuchs nur dann wegen der Versäumung der Rechtsmittelfrist Wiedereinsetzung nach § 233 ZPO zu gewähren, wenn sie vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste, sich also für arm halten und davon ausgehen durfte, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe genügend dargetan zu haben. Von einer ordnungsgemäßen Darlegung dieser Voraussetzungen darf eine anwaltlich vertretene Partei nicht ausgehen, die innerhalb der Rechtsmittelfrist weder den nach § 117 Abs. 4 ZPO erforderlichen, ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck vorgelegt noch ihre Bezugnahme auf Prozesskostenhilfe-Unterlagen aus der Vorinstanz mit der unmissverständlichen Erklärung verbunden hat, dass sich an den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen seit...

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