Leitsatz (amtlich)

1. Der Handelsmakler unterscheidet sich vom Handelsvertreter durch das Fehlen einer ständigen Betrauung durch den Unternehmer. Der wesentliche Unterschied liegt in der mit seiner Pflicht zum Tätigwerden verbundenen Bemühenspflicht des Handelsvertreters um die Vermittlung oder den Geschäftsabschluss. Bei der Abgrenzung sind alle Umstände des Einzelfalles heranzuziehen; es ist auf das Gesamtbild der Verhältnisse abzustellen und dabei sowohl die vertragliche Gestaltung, als auch deren tatsächliche Handhabung zu berücksichtigen. (Festhalten an Senat, Urteil vom 22.12.2011, I-16 U 133/10).

2. Die aus § 87a Abs. 3 HGB folgende Pflicht des Unternehmers gegenüber einem Versicherungsvertreter zur Nachbearbeitung von stornierungsgefährdeten Verträgen gilt gegenüber dem Versicherungsmakler nicht, auch nicht in analoger Anwendung der Vorschrift (Ablehnung von OLG Hamm, Urteil vom 21.01.1999, 18 U 109/98).

3. Eine Auslegung des Vertrages, bei der im Rahmen der Interessen der Parteien gemäß § 242 BGB auch zu berücksichtigen ist, wie stark das Vertragsverhältnis in seiner Ausgestaltung an das eines Versicherungsvertreters angenähert ist, kann jedoch eine aus dem Vertrag folgende Pflicht zur Nachbearbeitung ergeben (Anschluss an BGH, Urteil vom 01.12.2010, VIII ZR 310/09).

4. Die vertragliche Ausgestaltung der Vergütungsregelung des Versicherungsmaklers nach den für Versicherungsvertreter üblichen Regelungen spricht zusammen mit Vertragsklauseln, die die Art und Weise einer Nachbearbeitung von stornierungsgefährdeten Verträgen regeln, grundsätzlich für die Annahme einer vertraglich vereinbarten Nachbearbeitungspflicht des Unternehmers. Die tatsächliche Erteilung von Stornogefahrmitteilungen während der Vertragsdurchführung ist ein Indiz dafür, dass die Parteien von einer vertraglich vereinbarten Nachbearbeitungspflicht ausgegangen sind.

 

Verfahrensgang

LG Düsseldorf (Urteil vom 16.09.2014; Aktenzeichen 6 O 13/14)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das am 16.09.2014 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des LG Düsseldorf - Az.: 6 O 13/14 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Dieses und das erstinstanzliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Provisionen, die der Beklagte im Rahmen einer Vertriebsvereinbarung von der Klägerin erhalten hat.

Die Klägerin versteht sich als Maklerpool, über die Versicherungsvermittler die von ihnen vermittelten Verträge bei den Versicherungsunternehmen einreichen können, um so in den Genuss höherer Provisionen zu gelangen, als ihnen dies bei einer unmittelbaren Tätigkeit für das Versicherungsunternehmen möglich wäre.

Aufgrund einer schriftlichen Vertriebsvereinbarung vom 25.06.2012 war der Beklagte als selbständiger Versicherungsmakler (Ziff. 3.6 Abs. 1) gegen Vergütung (Ziff. 2.4 und Ziff. 6) tätig, wobei er im eigenen Namen die Produkte und Dienstleistungen der Produktpartner vermittelte (Ziff. 2.2), ohne jedoch gegenüber der Klägerin hierzu verpflichtet zu sein (Ziff. 3.6 Abs. 2). Der Vertrag sieht ferner unter anderem folgende Regelungen vor: Der Beklagte ist frei darin, die von ihm vermittelten Verträge in beliebigem Umfang direkt bei den Versicherungen oder über andere Maklerpools einzureichen (Ziff. 4), insbesondere, wenn ihm die von der Klägerin für das vermittelte Geschäft vorgesehene Provision zu gering erscheint (Ziff. 6.3 Abs. 3). Die Klägerin kann Anträge nach eigenem Ermessen zurückweisen, insbesondere dann, wenn die Abschlussvoraussetzungen zwischen Kunde und Produktpartner nicht vorliegen, der Antrag unvollständig ist oder das vermittelte Geschäft erhöht störanfällig ist (Ziff. 5 Sätze 2 und 3). Die Vergütung besteht in einer von der Klägerin für jedes "eingereichte Geschäft" geschuldeten Provision (Ziff. 6.1) entsprechend den jeweils gültigen Provisionstabellen (Ziff. 6.2). Eine solche entfällt nach dem Vertrag, wenn der Kunde nicht leistet (Ziff. 7.4 Satz 1), vom Vertrag zurücktritt oder seine entsprechende Willenserklärung widerruft (Ziff. 7.5 Abs. 1 Satz 1). Bereits empfangene Beträge sind zurückzugewähren (Ziff. 7.4 Satz 2, 7.5 Abs. 1 Satz 2). Auch im Übrigen teilt die Provision das Schicksal der Beitragszahlung (Ziff. 8.1 Satz 1). Die Klägerin hat einen Anspruch auf Rückzahlung der (vorschüssig bezahlten) Provision, sofern die Stornierung in den zwischen der Klägerin und dem Produktpartner vereinbarten Stornohaftungszeitraum fällt (Ziff. 8.1 Abs. 1 Satz 2). Die zwischen der Klägerin und dem Produktpartner geltenden Stornobedingungen, insbesondere Stornohaftungszeiten, geltend entsprechend auch im Verhältnis der Parteien (Ziff. 8....

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