Leitsatz (amtlich)

1. Die Schriftformheilungsklausel in einem Formularmietvertrag ist nach § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam, wenn sie ihrem Wortlaut nach auch den Grundstückserwerber verpflichtet, an der Nachholung der Schriftform mitzuwirken. Eine geltungserhaltene Reduktion ist bei einer nicht zwischen den ursprünglichen Mietparteien und dem Erwerber differenzierenden Klausel ausgeschlossen (im Anschluss an OLG Düsseldorf, Urteil vom 29.11.2012 - I-10 U 34/12). Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners des Verwenders liegt ferner vor, wenn ihm die Berufung auf das vorzeitige Kündigungsrecht selbst für den Fall verwehrt wird, dass der Versuch der Behebung des Formmangels scheitert, weil die Parteien sich nicht auf eine formwirksame Regelung einigen können oder der andere Teil bei der Gelegenheit weitere Vertragsänderungen durchzusetzen versucht.

2. Wenn die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses nicht vorliegen, kann die fristlose Kündigung in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden, sofern nach dem Willen des Kündigenden das Vertragsverhältnis zweifelsfrei zum nächstmöglichen Termin beendet werden soll und sich dies eindeutig aus der Kündigungserklärung selbst oder aus Umständen ergibt, die dem Kündigungsgegner bei deren Zugang bekannt sind.

 

Verfahrensgang

LG Kleve (Urteil vom 27.07.2016; Aktenzeichen 1 O 45/16)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 11.04.2018; Aktenzeichen XII ZR 43/17)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 27.07.2016 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des LG Kleve abgeändert und insgesamt wie folgt neugefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage wird der Kläger verurteilt, an den Beklagten zu 1) 18.848,50 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2016 zu zahlen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um Mietzinszahlungen.

Die Beklagten sind Rechtsanwälte. Der Kläger vermietete den Beklagten mit Gewerberaummietvertrag vom 04.07.2006 Räumlichkeiten auf der V-Str. 19 in Xanten auf bestimmte Zeit bis zum 31.12.2017 zur ausschließlichen Nutzung als Büroräume. Der Formularmietvertrag sah in § 9 A Nr. 4 "Leistungsvorbehalt" folgendes vor:

"a. Die Grundmiete gem. obigem § 9 A Nr. 1 auf dieser Seite dieses Mietvertrages gilt ab Vertragsbeginn, sie ist stets die Mindestmiete.

Jede Partei kann eine Neufestsetzung der letztmalig geschuldeten Grundmiete verlangen, wenn sich der Verbraucherpreisindex für Deutschland, Basisjahr 2000 = 100, um mehr als 4 Prozent nach den Feststellungen des statistischen Bundesamtes gegenüber

aa. dem Zeitpunkt des Mietabschlusses oder

bb. der letzten Mietänderung erhöht oder erniedrigt.

...

Ein Verlangen nach Mietanpassung unterhalb der vorgenannten Mindestmiete ist ausgeschlossen.

b. Einigen sich die Parteien nicht innerhalb von 6 Wochen ab Eintritt der genannten Indexsteigerung, so erfolgt eine Festsetzung durch einen von der Industrie- und Handelskammer zu benennenden vereidigten Sachverständigen."

§ 45 des Formularmietvertrages lautet:

"Sollte dieser Vertrag oder seine Nebenabreden ganz oder teilweise nicht der Schriftform des § 550 BGB genügen,

a. so kann keine Partei das vorzeitige Kündigungsrecht des § 550 S. 2 BGB geltend machen. Beide Parteien verpflichten sich in diesem Fall, alles Notwendige zu tun, um die Schriftform herbeizuführen.

b. Das gleiche gilt für Ergänzungen und Nachträge."

Der Mietvertrag sah ferner vor, dass der Mieter ohne Erlaubnis des Vermieters nicht zur Untervermietung berechtigt sein sollte. Dies wurde in der Anlage zum Mietvertrag jedoch dahingehend modifiziert, dass es der Zustimmung des Vermieters zur Untervermietung nicht bedurfte, wenn diese nicht in Widerspruch zu dem mit dem Vertrag vereinbarten Büronutzungszweck stand. Ausdrücklich ausgeschlossen war jedoch die Untervermietung an Berufsgruppen aus dem Bereich Gewerbe, Handel und Verkauf sowie des Bausektors, insbesondere an Bauingenieure und Architekten.

Der Kläger bat die Beklagten mit Schreiben vom 27.12.2012, ab dem 01.04.2013 die Mietzinszahlungen auf 2.273,60 EUR monatlich zzgl. Betriebskosten i.H.v. 375,00 EUR (GA 62) zu erhöhen. Die Beklagten zahlten die erhöhte Miete ab dem 01.04.2013.

Im Jahre 2013 zogen die Beklagten aus den Mieträumen aus und bezogen eine eigene Immobilie. Im Vorfeld des Umzugs in ihre neuen Büroräume hatten sie dem Kläger eine vorzeitige Beendigung des Mietverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe einer Jahresmiete angeboten, welches der Kläger jedoch abgelehnt hat. Nach ihrem Auszug vermieteten die Beklagten die Räumlichkeiten ab dem 15.07.2013 an die T. KG Pflegedienst und Gesundheit zum Zwecke des Betriebs eines häuslichen ...

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